Der Pillentest
Es kursieren viele Gerüchte in der Techno-Szene über angeblich in Ecstasy-Pillen enthaltene Verunreinnigungs-oder Zusatzstoffe. Hierbei reicht die Palette der vermuteten Stoffe von anderen MDMA-Derivaten wie MDEA oder MDA über Speed, Koffein bis hin zu Strichnin oder gar Heroin. Inwieweit dies zutrifft oder nicht, soll hier beispielhaft an der Arbeit des Büros von August de Loor, dem "Stichting Adviesburo Drugs\" in Amsterdam beschrieben werden.
(In diesem Kapitel stütze ich mich bei der Beschreibung der Arbeit des Labors auf die Ausführungen von Schroers, A., 1996, S.72 und 73).
Leider ist es in Deutschland ziemlich schwierig, Angaben oder verläßliche Informationen über die Zusammensetzung der auf dem Markt gehandelten Pillen zu bekommen, da es kein zusammenhängendes Analyse-System gibt. In den meisten Fällen beschränken sich die Informationen auf Erfahrungsberichte der Raver, die dann untereinander ausgetauscht werden. Eine verläßliche und objektive Beurteilung der Qualität einer Pille wird so natürlich unmöglich, da die Empfindung eines Ecstasy-Rausches von zu vielen verschiedenen subjektiven Faktoren beeinflußt wird, als daß man von seinem Erlebnis auf das zukünftige eines anderen Ravers schließen könnte.
Möchte man sich die Entwicklungstendenzen oder die aktuelle Lage auf dem Schwarzmarkt genauer betrachten, so geschieht dies in der BRD vor dem Hintergrund einer sehr geringen Datenmenge. Lediglich in den Niederlanden findet man eine ausreichende Datenmenge, da hier schon seit einigen Jahren Pillen getestet werden. Diese Tests werden im Rahmen des DIMS-Projekts (Drug informatie en monitoring systeem, Drogeninformations - und Überwachungssystem) durchgeführt. Dieses Projekt erforscht kontinuierlich die Situation auf dem illegalen Ecstasymarkt. Kernstück des Projekts ist die Pillenanalyse, die entweder vor Ort, d.h. auf Techno-Parties oder im Labor durchgeführt wird. Das Drogentesten auf großen Techno-Veranstaltungen wird im Rahmen der "Safe-House-Campaign\" durchgeführt. Bei diesem Schnelltest handelt es sich um den gleichen, wie er auch im Drogeninformationsbus der DROBS Hannover durchgeführt wird.
Um genaue Informationen über eine Pille zu bekommen, muß diese in einem Labor untersucht werden. Das Labor führt für jeden die Tests durch, es macht keinen Unterschied, ob man Konsument, Dealer oder Hersteller ist. In jedem Fall kann man auf Wunsch anonym bleiben.
Um seine Pillen analysieren zu lassen, müssen sie bis zum Dienstag einer Woche abgegeben werden. Die Pille wird mit einem Kenncode versehen, außerdem wird zusätzlich ein Codename abgesprochen, so daß nur der Kunde, der die Pille abgegeben hat, das Ergebnis erfahren kann.
Als Kunde muß man lediglich angeben, wo man sie gekauft hat, wie sie heißt und welchen Wirkstoff in welcher Dosis sie nach Angabe des Verkäufers enthalten soll. Bis zum Beginn des Wochenendes, bis freitags also, erhält man das Ergebnis, welcher Wirkstoff tatsächlich enthalten ist und ob der Pille kritische und / oder gefährliche Beimischungen zugesetzt sind.
So kann auf breiter Ebene eine Aussage darüber getroffen werden, welche subjektiven Wirkungen welcher Substanz zugeordnet werden können. Drogenlegenden und -mythen wird so die Grundlage entzogen und durch gesicherte Daten ersetzt.
Leider ist die chemische Analyse sehr teuer, für die Untersuchung einer Pille werden 100-200 Gulden benötigt. Um die Leute, die wissen wollen, was in ihren Pillen drin ist, durch diese Kosten nicht abzuschrecken, zahlt der Kunde lediglich einen Teil, nämlich 25 Gulden. Den Rest übernimmt das Gesundheitsministerium, pro Jahr übernimmt es Kosten in Höhe von 100.000 Gulden.
Wenn sich bei den Untersuchungen herausstellt, daß eine Pille überdosiert ist, oder sie gefährliche Beimischungen enthält, so wird ein Informationsnetz aus Flugblättern (Auflage bis zu 100.000 Stück) und Radio- oder Pressemitteilungen gestartet, um die Konsumenten vor diesen Pillen zu warnen und zu schützen. Diese System hat sich in den Niederlanden sehr gut bewährt, Pillen, vor denen gewarnt wurde, lassen sich kaum noch verkaufen.
Der Pillentest ist ein sehr wichtiger Teil des Konsumentenschutzes und sollte auch in Deutschland großflächig angeboten werden. Zumindest aus rechtlicher Sicht wäre dies möglich. Ansonsten besteht für den Konsumenten lediglich die Möglichkeit, seine Pille(n) in einer Apotheke testen zu lassen, denn auch Apotheker stehen unter Schweigepflicht. Dies ist allerdings für den Kleinkonsumenten mit 70,- DM für einen Test mit hohen Kosten verbunden, und es ist sehr fraglich, ob viele User dieses Angebot in Anspruch nehmen.
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