Man unterscheidet zwei verschiedene Formen der Hämophilie, den Typ A mit Mangel an Gerinnungsfaktor VIII und den Typ B, bei dem der Faktor IX fehlt. Die Folge ist eine mehr oder weniger deutlich verzögerte Blutgerinnung mit starken Nachblutungen bei Verletzungen kleinerer oder größerer Art. Es werden Familien mit einer leichten Form der Bluterkrankheit von solchen mit schwerem Verlauf unterschieden. Bei den zuletzt genannten kommt es bereits im frühen Kindesalter zu Gelenkblutungen oder lebensbedrohlichen Blutverlusten nach z.T. geringen Verletzungen. Versteifungen der Gelenke, die Notwendigkeit von Transfusionen bzw. die häufige Anwendung von Gerinnungsfaktoren stellen belastende Maßnahmen dar. Sie vermögen zwar die unmittelbare vitale Bedrohung durch eine unstillbare Blutung zu verringern, bergen aber derzeit noch die Gefahr der Infektion mit Hepatitis oder AIDS in sich. Leichte Krankheitsformen werden häufig erst im Erwachsenenalter, z.B. bei einer Zahnextraktion erkannt, sie führen nur selten zu schweren Komplikationen. Für die verschiedenen Krankheits-Schweregrade werden verschiedene Gene bzw. möglicherweise auch verschiedene Mutationen innerhalb des Gens angenommen. Es wird gewöhnlich in den Familien jeweils die gleiche Form der Hämophilie beobachtet.
Die Erkrankung wird X-chromosomal rezessiv vererbt. Es erkranken in der Regel männliche Personen, deren Mütter meist gesunde Überträgerinnen sind. Bluterkranke Frauen haben einen Bluter zum Vater und eine Konduktorin zur Mutter. Gelegentlich wird auch bei Konduktorinnen eine Blutungsneigung beobachtet, - sog. \"blutende Konduktorin\" - , in diesem Falle muß im Rahmen der X-Inaktivierung vor allem das \"gesunde\" X-Chromosom inaktiviert worden sein, so daß eine Verminderung des Faktors VIII bzw. IX durch Überwiegen der Aktivität des X-Chromosoms zustande kommt, das die pathologische Anlage trägt.
Mit Hilfe molekulargenetischer Verfahren lassen sich heute Mutationen im Gen für Hämophilie nachweisen, und auf diese Weise kann herausgefunden werden, ob bei einer ersten betroffenen Person in einer Familie eine Neumutation vorliegt oder ob für Geschwister mit einem erhöhten Wiederholungsrisiko zu rechnen ist. Vorgeburtliche Untersuchungen stehen zur Verfügung, werden aber nur bei den wirklich schweren Verlaufsformen Anwendung finden.
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