Die Suche im Weltraum
Doch auch abseits der Lehrstühle und Laboratorien forscht man an der Entstehung des Lebens, auch wenn man sich dort keine sofortigen Durchbrüche erwartet.
Einige Leute greifen zum Beispiel nach den Sternen, ganz ohne an interstellare Siliziumchips zu denken. Die NASA will in nächster Zeit den Mars verstärkt unter die Lupe zu nehmen. Zwar konnte dort kein Leben nachgewiesen werden, doch möglicherweise finden sich dort noch fossile Spuren früheren Lebens. Der Mars scheint seit Milliarden von Jahren im Gegensatz zur Erde keine wesentliche Veränderung durchgemacht zu haben, so daß man eventuell auch noch früheste Spuren finden könnte - natürlich immer unter der Voraussetzung, daß es sich dort tatsächlich einmal entwickelt hat. Dies würde dann hoffentlich einen Aufschluß darüber ermöglichen, wie das Leben auf der Erde entstanden ist. Doch selbst wenn das Leben dort einen ganz anderen Ursprung und Entwicklungsweg als auf der Erde gehabt hat, oder wenn man (was vermutlich wahrscheinlicher ist) gar keine Spuren von extraterrestrischem Leben findet - lohnende Erkenntnisse lassen sich auf jeden Fall gewinnen.
Die Suche im Computer
Auch auf der Erde kann man nach Leben suchen, daß sich hier nie entwickelt hat. So versuchen Forschergruppen fieberhaft, künstliches Leben am Computer zu erzeugen. Sie gehen jedoch dabei nicht wie die herkömmlich Artificial-Life-Forschung vor, indem sie das natürliche Leben kopieren, sondern sie wollen tatsächlich etwas über die Entstehung des natürlichen Lebens herausfinden. Zu diesem Zweck haben sie sämtliche Verbindungen und Polymere, die man auf der Urerde zu finden erwartet, in einen Computer eingegeben und lassen ihn nun die weitere Entwicklung simulieren. Der Computer berechnet dabei die Auswirkungen von der Katalysierung verschiedener Prozesse und auch neuer Polymere. Die Ergebnisse sind beeindruckend: ab einer gewissen Vielfalt und Anzahl von Polymeren entstehen ganze Kaskaden von katalytischen Reaktionen, und neue Polymere von immer größerer Komplexität und verbesserten katalytischen Fähigkeiten werden spontan erzeugt. Dies läßt vermuten, daß auch das erste für das Leben wichtige Molekül nicht durch puren Zufall entstand, sondern durch spontane Prozesse wie diesen. Unglücklicherweise konnte diese Hypothese noch nicht mit chemischen Versuchen weiter belegt werden.
Die Suche im Labor
Schließlich gibt es noch den klassischen Versuch, möglichst alles im Labor zu simulieren. Die Vorgehensweise erinnert dabei an den Miller-Versuch. Allerdings schwebt den Forschern diesmal etwas viel komplexeres, schwierigeres und sicher auch zeitaufwendigeres vor.
Waren es bei Miller lediglich einige Röhren, Glaskolben und Behälter, die innerhalb einer Woche organische Substanzen hervorbrachten, so planen N. Lahav und einige seiner Kollegen den Bau eines sogenannten WEES ("Whole Environment Evolution Synthesizer"). Er besteht hauptsächlich aus einem riesigen Glaskasten, darin befinden sich sämtliche Gase aus dem Miller-Versuch, dazu jedoch auch noch ein "Meer" und schließlich auch noch ein Stück "Festland" mit einer Gezeitenzone. Auf diese Weise bilden sich viele Tümpel, einige werden oft überschwemmt, andere weniger oft. Die Gezeiten werden künstlich simuliert, ebenso wie die Energiezufuhr durch elektrische Entladungen, UV-Licht und sichtbares Licht, Wärmezufuhr im Meer und in der Atmosphäre. Man könnte nun eine Reihe WEES bauen und jeden mit einer anderen Intensität und Dauer der Energiezufuhren behandeln, die Gezeitenzone größer oder kleiner gestalten und die Tümpelbildung mehr oder weniger begünstigen. Selbstverständlich kann man auch die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre, des Meeres und des Festlandes unterschiedlich wählen, um möglichst viele Szenarien der Lebensentstehung abzudecken.
Natürlich erwartet niemand, innerhalb weniger Monate ein Urlebewesen im WEES zu finden, aber dieser wesentlich komplexere Versuch könnte ähnlich überraschende Resultate wie der ursprüngliche Miller-Versuch hervorbringen. Noch nie wurde versucht, tatsächlich alle Umwelten, Verbindungen und Energiezufuhren in einem zusammenhängenden System zu vereinen.
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