"Es ist naiv zu glauben, daß Umwelthaftungsrecht hätte präventive Wirkung. Unsere Anlagen erfüllten schon immer die gesetzlichen Vorschriften aus dem BImSchG und wir werden diese auch weiterhin einhalten. Uns geht es da aber primär um den Schutz der Arbeitnehmer bzw. der angrenzenden Firmen, das sind diejenigen, die geschädigt werden könnten und nicht irgendwelche dritte. Als das Gesetz eingeführt wurde waren wir nicht besonders schockiert oder nervös, denn letztlich hat sich bei uns nicht viel geändert. Unsere Betriebe haben wir angewiesen, die Daten der Meßgeräte besser zu dokumentieren und dann länger als bisher zu verwahren." erläutert Herr Dr. Vollbracht, seineszeichens Jurist bei der BASF in Leverkusen. In Bezug auf die Frage, ob durch das UmweltHG die Industrie in Zukunft vermehrt bei der Regulierung von Schäden des Ökosystems zur Kasse gebeten wird antwortete er: "Was ist schon ökologischer Schaden? Das kann man kaum nachweisen, wenn man zum Beispiel in einem Biotop zuerst bestimmte Tiere hat und dann nicht mehr, ist das Schaden? -Die sind halt einfach weg."
Differenzierter nähert sich Herr Braun der Materie: "Die durch den Kupolofen getroffene Entscheidung die Beweislast umzukehren, kommt einer Gefährdungshaftung schon sehr nahe. Besonders zu betonen ist in diesem Gesetz der §6 UmweltHG, er ist ein Novum im deutschen Recht, denn er greift erstens bei Verdacht auf Beeinträchtigung durch langfristige Emissionen auch noch Jahre später und zweitens bei Spätschäden verursacht durch Unfälle." An dieser Stelle führte er ein Beispiel der Firma Hoechst in Frankfurt an, das Anfang der neunziger Schlagzeilen machte: Durch einen Defekt konnte der Stoff Onitrosanisol entweichen und lagerte sich als farbiger Niederschlag in der Umgebung des Firmengeländes ab. Es gab keine Personenschäden und der kontaminierte Boden wurde abgetragen. Herr Braun stellte des weiteren fest: "Diese Chemikalie ist leicht kanzerogen, das bedeutet daß in Zukunft, und nicht nur in diesem Fall, noch immense Forderungen an die Unternehmen gestellt werden. Gerade der sechste Paragraph macht uns zu Schaffen, hier muß man nämlich zum einen Nachweisen, daß "Ein bestimmungsgemäßer Betrieb vorliegt", was relativ einfach ist, aber zum anderen "auch keine Störung des Betriebs" erfolgte. An dieser Stelle wird bekanntermaßen Neuland beschritten, es gibt noch keine Definition darüber, was eine Störung des Betriebes ist. Es steht lediglich fest, daß eine Störung des Betriebs etwas anderes ist als ein Störfall, der ist im BImSchG nämlich genau geregelt. Niemand weiß im Moment was man nun wirklich beweisen muß bzw. kann. Wissen Sie, ich sag' immer, man kann dem Finanzamt sehr leicht nachweisen wieviel Geld man verdient hat, aber kaum wieviel nicht. Allgemein und abschließend möchte ich sagen, daß die Industrie noch auf eine eindeutigere Rechtsprechung wartet. Rechtsstreitigkeiten und Urteile werden in der nächsten Zeit Klarheit verschaffen, denn Recht ist nicht statisch, sondern lebt durch Interpretation."
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