Die sichere Herstellung von Glycerintrinitrat ist sehr aufwendig. Daher suchte man schon im letzten Jahrhundert nach Alternativen. Ammoniumnitrat war als Oxidationsmittel, das bei hohen Anregungstemperaturen detonationsfähig ist, schon länger bekannt.
Ammoniumnitrat (NH4NO3) besteht aus durchsichtigen, farblosen, gewöhnlich rhombischen Kristallen. Es ist ein starkes Oxidationsmittel, das sich in folgender Weise zersetzt:
2 NH4NO3 2 N2 + O2 + 4 H2O
Bei höheren Temperaturen kann sogar eine Detonation stattfinden. Ammoniumnitrat wurde bis zum 2. Weltkrieg als Sprengstoff verwendet. Weiters findet es Anwendung in Raketen- treibstoffen, als sauerstoffliefernde Substanz. Heute werden circa 90 Prozent der Ammoniumnitratproduktion für Dünger verwendet. Außerdem wird ein geringer Teil für die Produktion von Lachgas verwendet.
Eine Mischung aus verbrennbaren Substanzen wie Dieselöl läßt sich leichter als Ammonium -
nitrat alleine zur Reaktion bringen. Dieser Sprengstoff heißt ANFO (ammonium nitrate plus fuel oil) und wird beim Bergbau verwendet. Zunächst wurden die beiden Stoffe 1:1 gemischt. Der Sprengstoff konnte jedoch nur in großen Bohrlöchern (von 200 und mehr Millimetern Durchmesser) und mit sensiblen Sprengstoffen gezündet werden. Im Laufe der Zeit verbesserte man die Zündfähigkeit, so daß ANFO der billigste Massensprengstoff wurde und heute etwa 80 Prozent des Sprengstoffmarktes ausmacht, obwohl er nicht an die Explosionskraft glycerintrinitrathältiger Produkte heranreicht.
Das Prinzip wurde aber noch verfeinert. Man gibt der Mischung zum Beispiel molekulare Explosivstoffe wie Trinitrotoluol (TNT) oder Hexogen zu. Außerdem werden auch oxidierbare Bestandteile wie Zucker, Mineralöle, Kohlenstaub oder Aluminiumpulver zugesetzt. Aluminiumpulver ist ein ganz besonders wichtiger Bestandteil, da dessen hohe Verbrennungswärme die bei der Detonation entstehenden Gase weiter aufheizt und so für einen hohen Gasdruck sorgt. Damit sich die Komponenten aber nicht entmischen, setzt man Quellmittel wie Agar-Agar, Stärke oder andere Stoffe ein, deren Makromoleküle die flüssigen Bestandteile einbetten.
Je nach Zusammensetzung entstehen entweder schlammartige, fließfähige Sprengstoffe, die so genannten Slurries, oder feste in Patronen abfüllbare, die Water Gels genannt werden. Wasser reagiert weder mit den Brennstoff noch mit den Oxidationsmittel. Das heißt, Wasser verhält sich gegenüber diesen beiden Stoffen inert und stabilisiert sogar Slurries gegen Schlag und Reibung. Probleme gab es nur mit dem Aluminiumpulver. War es nicht gegen Korrosion vorbehandelt, wird es durch die Salzlösungen, die ebenfalls im Sprengstoff vorhanden sind, angegriffen. Diese Zersetzung kann sich sogar bis zu einer Detonation aufschaukeln.
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