. Anzumerken ist, daß die Gottesbilder der Menschen zwar oft stark von Wünschen geprägt sind, der Gott der Bibel aber kein Automat zur Wunscherfüllung ist. Vielmehr stellt er auch einen "fremden" und strafenden Gott dar, der zum Beispiel im Sündenfall die Verbannung aus dem Paradies befiehlt (Gen. 3) oder Kain nach dem Brudermord zu Unstetigkeit und Flüchtigkeit verdammt (Gen. 4). Diese Art von strafendem Gott entspricht keineswegs dem Bild des Wunschdenkens.
. Außerdem entsteht durch die Projektion der menschlichen Wünsche auf das himmlische Wesen ein Idealmensch, aber nicht Gott.
. Wünsche wie Glück, Vollkommenheit oder Unsterblichkeit sind teilweise gar nicht erfüllbar.
Feuerbach legte es deshalb so aus, daß nicht der Einzelne gemeint sei, sondern die "Gattung" Mensch, die als Ganzes in der Lage wäre, Vollkommenheit oder Unsterblichkeit zu erlangen.
. Feuerbachs atheistische Philosophie ist von dem damaligen grenzenlosen Optimismus geprägt, die Industrialisierung begeisterte die Menschen von ihren Fähigkeiten. Die Ernüchterung über das optimistische Menschenbild begann mit dem Ersten Weltkrieg, in dem hunderttausende von Menschen einer gnadenlosen Materialschlacht zum Opfer fielen. Die Judenverfolgung und Massenvernichtung im Zweiten Weltkrieg, ja sogar der aktuelle Krieg im Kosovo, sorgen im Weiteren dafür, daß der Glaube an die Vollkommenheit und die wunderbaren Fähigkeiten des Menschen am Ende des 20. Jahrhundert praktisch zerstört ist.
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