Ein Grundbegriff der Axiomatik ist die Isomorphie. Gegeben seien zwei Axiomensysteme 1 und 2. In 1 herrschen nun die Relationen R1, R2, usw. Die Beziehungen zwischen den Objekten in 2 werden nun, obwohl sie sich im Sinn unterscheiden, mit den selben Namen versehen, wodurch sie einander zugeordnet werden. Findet sich zu jedem Begriff des einen Systems ein Gegenstück im anderen, so sind die beiden Systeme isomorph. Man spricht von einer isomorphen Abbildung von 1 auf 2.
Isomorphe Gebiete müssen einander in irgendeiner Form ähneln. Alles, was in einem System gilt, muß notwendigerweise in allen isomorphen Gebieten gelten. Das ist ein immenser Vorteil für die Wissenschaft. Ein Axiomensystem kann aufgrund der Isomorphie mit beliebig vielen Interpretationen versehen werden.
Ein auffallendes Beispiel ist die Isomorphie zwischen der euklidischen Geometrie und der linearen Algebra. Offensichtlich entspricht einem Punkt in der Geometrie ein n-Tupel in der Algebra. Ein weiterer Bezug läßt sich zur Physik herstellen. Für ein Stromnetz mit n Drähten, die sich in einem Knotenpunkt verzweigen, gelten die gleichen Beziehungen, wie in einem euklidischen Raum mit n Dimensionen. Wenn man zum Beispiel die in die Drähte eingeführten Spannungen kennt, und daraus die Stromverteilung ermitteln soll, dann ist dieses Problem äquivalent zur Projektion eines Punktes auf eine Ebene.
Was man sich nicht von der Isomorphie erwarten darf, ist, daß man durch sie zu neuen Erkenntnissen gelangt. Da die zugrundeliegenden Axiome immer die selben bleiben, ist das ausgeschlossen. Allerhöchstens eröffnen sich dem Mathematiker in einem isomorphen Gebiet neue Denkansätze, die er in einem anderen übersehen hat.
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