Ende der sechziger Jahre entdeckten Jugendliche aus New York einen neuen Zeitvertreib. Mit Filzstiften schrieben sie ihre Spitznamen an Hauseingänge, Wände, U-Bahnzüge und Lieferwägen. Die ersten New Yorker, die sich auf diese Weise einen Namen verschafften nannten sich TAKI 183 und JULIO 204. Sie erregten damit soviel Aufsehen, dass im Juli 1971 sogar ein Bericht über TAKI in der New York Times erschien mit der Folge, dass hunderte New Yorker Jugendliche seinem Vorbild folgten. Bald waren Namen an den verschiedensten und verrücktesten Stellen überall in New York zu sehen. Das so genannte \"Taggen\" oder \"Bomben\" war geboren. Je mehr Writer es gab, desto größer wurde natürlich auch die Konkurrenz. Die Möglichkeiten sich mit Filzstiften zu verewigen waren schnell ausgereizt.
Neue Dimensionen verschafften Srühdosen und Fat Caps, wodurch 1972 das erste Piece von einem Writer der sich SUPER KOOL nannte entstand. Man begann mit den Sprühdosen zu experimentieren: Größe, Farbe und das graphische Design, auch \"Style\" genannt, wurden zu den Kriterien eines Writers. Zu den Stylepionieren gehörte PHASE II, der die sog. \"Bubble Letters\", weiche, schwingende Buchstabenumrisse, einführte oder PRIEST 167 und PISTOL I, die als erste die 3-D-Effekte benutzten. Den Buchstaben-Variationen waren keine Grenzen gesetzt, so dass sich verschiedene Stilrichtungen innerhalb New Yorks entwickelten: Der Bronx-, Manhattan- und der Brooklinstyle und natürlich zahlreiche persönliche Styles. Mittlerweile hatte sich die U-Bahn als wohl attraktivstes Medium durchgesetzt. Auf den Zügen fand der Wettkampf, die so gennanten Style Wars, der Writer statt. Die Pieces wurden immer größer, breiteten sich anfangs über einen Waggon, später über die ganze Länge eines Zuges aus.
Die Schriftzüge blieben immer das Zentrum des Graffitis, wobei sie jedoch immer häufiger durch Hintergründe und Charakters in Szene gesetzt wurden.
Woher stammten die Sprayer? Hauptsächlich waren es die jungen schwarzen und hispanischen Writer die sich in der Szene etablierten. Viele von ihnen stammten aus New York, aus den Ghettos in Harlem, der Bronx und Brooklyn; der Stadt die schon früh als das Zentrum des Hip-Hops galt.
Durch das freie Arbeiten der Writer an sämtlichen Zügen und Wänden kam es oft zu Konflikten durch die Territorialansprüchen der dort \"herrschenden\" Gangs. Dadurch gründeten Writer anfangs der siebziger Jahre eigene Gangs. Zwar stand für sie das Sprühen im Vordergrund, doch sie ließen sich teilweise auch in gewalttätige Auseinendersetzungen verwickeln. Andere Crews widmeten sich dahingegen ausschließlich dem \"organisierten Trainbombing\" die durch Teamwork effektiver arbeiten und aufeinander aufpassen konnten.
Doch es gab natürlich auch heftige Auseinandersetzungen mit der Bahnpolizei. Hunderte Beamte wurden für Kontrollgänge auf dem Bahngelände eingesetzt, ein Graffiti-Gesetz wurde in New York verabschiedet und Graffiti-Sondereinsatzkommandos der Polizei wurden gebildet. 1972 wurden insgesamt 1562 Graffitiwriter verhaftet wobei die meisten schnell wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Trotz den immer schärfer werdenden Einsätzen der Polizei waren die Sprüher nicht zu stoppen.
Erst zu Beginn der achtziger Jahre wandte sich das Blatt, als sich Graffiti, Rap bzw. Hip-Hop und Breakdance als Trendsetter etablierten. Dann schwabte die Graffitiwelle in die Großstädte von Europa über. Bis heute haben sich auch viele Gangs gebildet und die Städte sind schon größten Teils vollgesprüht und bemalt.
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