die Statuen- Gruppe " die Bürger von Calais" wurden von Auguste Rodin,
aus Marmor, erstellt.
Diese Statue stellt eine Situation aus dem 100- jährigen Krieg dar. Es ist die Geschichte von der Belagerung Calais, vom englischen König Eduart [B1] . Er begnadigte die Stadt nicht und ließ sie verhungern, bis sich die Bürger ergaben und der König einwilligte von ihnen abzulassen unter der Bedingung, dass sechs ihrer vornehmsten Bürger sich in seine Hände geben, damit er machen kann was er will mit ihnen. Sie sollten nur mit einem Hemd bekleidet, einem Strick um den Hals und die Schlüssel von Stadt und Kastell in der Hand zu ihm kommen. Sechs "Helden" meldeten sich freiwillig und vier von ihnen wurden vom Bürgermeister , Messire Jean de Viennne, beim Namen genannt, zwei vergaß er. Er sagte von dem einen, dass er der reichste Bürger der Stadt war, von dem zweiten, dass er Ansehen und Vermögen besaß und "zwei schöne Fräulein zu Töchtern hatte", von dem dritten wusste er nur, dass er reich an besitz und Erbschaft war, und von dem vierten, dass er des dritten Bruder gewesen ist. Er teilte ihnen mit, dass sie sich bis auf das Hemd entkleiden müssen, dass sie Stricke um ihren Hals binden und dass sie mit dem Schlüssel von Stadt und Kastell losziehen müssten. Diese sechs Männer nahmen die Last auf sich und opferten sich für die Stadt. Keiner glich dem anderen, außer dass zwei Brüder darunter waren die vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit hatten. Jeder einzelne hatte auf seine Art den Entschluss gefasst und lebte diese letzte Stunde auf seine Weise, feierte sie mit seiner Seele und litt sie an seinem Leibe, der am Leben hing. Zum Schluss hin wurden sie Dank der Königin nicht geköpft, sondern frei gelassen.
Rodin bildete ihre Körper überlebensgroß und naturgemäß, mit allen Mimiken, Trauer und Angst.
Er schuf den alten Mann mit den hängenden Armen, dem schweren, schleppenden Schritt, mit einem Ausdruck von Müdigkeit, die über das Gesicht fließt bis in den Bart.
Er schuf den Mann, welcher den Schlüssel hält. Er erträgt es kaum und presst die Lippen zusammen, seine Hände beißen sich in den Schlüssel.
Er schuf den Mann, der den gesenkten Kopf mit beiden Händen hält, um noch einen Augenblick allein zu sein.
Er schuf die beiden Brüder, von denen der eine noch zurückschaut, während der andere mit einer Bewegung der Entschlossenheit und Ergebung das Haupt neigt, als hielte er es schon dem Henker hin.
Und er schuf einen Körper jenes Mannes, welcher schon geht, sich aber nochmals umdreht. Er wendet sich zurück zu sich selbst. Sein rechter Arm hebt sich, biegt sich, schwankt; seine Hand tut sich auf in der Luft und lässt etwas los, etwas so wie man einem Vogel die Freiheit gibt. Es ist ein Abschied von allem Ungewissen, von einem Glück, das noch nicht war, von einem Leid(, das nun umsonst warten wird).
Und so hat Rodin den Männern ein Leben gegeben, das Leben der letzten Stunde. Die einzelnen Figuren wirken erhaben in ihrer einfachen Größe.
Er hat ihnen die gemeinsame Tracht gegeben, das Hemd und den Strick, und hat sie nebeneinandergestellt in zwei reihen; die drei, welche schon im Schreiten begriffen sind, in die erste reihe, die anderen, mit einer Wendung nach rechts, dahinter, als ob sie sich anschlössen. Sie sollten auf dem Markt von Calais stehen, von einer niedrigen Stufe nur wenig emporgehoben über den Alltag, so als stünde der bange Aufbruch immer bevor, mitten in jeder Zeit. (Man weigerte sich aber in Calais, einen niedrigen Sockel zu nehmen, weil es der Gewohnheit widersprach. ) Die Gruppe bestand aus sechs Einzelfiguren, welche doch fest zusammenhielten, als wäre sie nur ein einziges Ding. Und dabei berührten die einzelnen gestalten einander nicht, sie standen nebeneinander wie die letzten Bäume eines gefällten Waldes, sie wurden nur von der Luft vereint, die an ihnen in einer besonderen Art teilnahm. Es ist alles klar und bestimmt. Für Zufall ist dort kein raum. Es ist ein Ganzes , eine eigene Welt, die in sich selbst verschlossen ist. An der stelle der Berührungen waren hier die Überschneidungen getreten, die ja auch eine Art von Berührung waren, unendlich abgeschwächt durch das Medium der Luft. Berührungen aus der Ferne waren entstanden, Begegnungen, ein Übereinander- Hinziehen der Formen, wie man es manchmal bei Wolkenmassen sieht oder bei Bergen, wo auch die dazwischen gelagerte Luft kein Abgrund ist, der trennt, vielmehr eine Leitung, ein leise abgestufter Übergang.
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