Ursprünge des Expressionismus
Die Gedächtnisausstellungen Seurats (1900), van Goghs (1901), Gauguins (1903) und die von 1900 an einsetzende Entdeckung Cezannes waren für die jungen Maler zu Beginn unseres Jahrhunderts von entscheidender Bedeutung.
Der Expressionismus
Fauvismus
Eine um Henri Matisse (1896-1954: franz. Maler, Hauptmeister des Fauvismus) gescharte Gruppe erschreckte das noch kaum an den Impressionismus gewöhnte Publikum durch ihre subjektive Farb- und Formgebung so sehr, daß man sie les fauves nannte.
Wie bei den Impressionisten umfaßt auch das Repertoire der Fauvisten Landschaft, Stilleben und Figurales, doch fühlten sie sich weniger dem äußeren Erscheinungsbild verpflichtet und verfuhren bei der Farbgebung oft weitgehend subjektiv.
Ansatzpunkt für Matisse (und seine Kollegen) waren der flächige Farbauftrag Gauguins, die reinen, ungebrochenen Farben Seurats und Signacs und die expressive Spontaneität van Goghs. Nur dienen sie ihm nicht zur Naturreproduktion, sondern repräsentieren das Ergebnis einer ästhetischen Rechenoperation, die der Künstler an der Wirklichkeit vorgenommen hat. Matisse hat bis zu seinem Tode (1954) das fauvistische Prinzip, "wohltuend Auffälliges" mit Hilfe von Linien, Mustern und Farbe zu produzieren ("einen Lehnstuhl für die Augen", wie er es ausdrückte), beibehalten, ohne das Gegenständliche auszuscheiden. Die Plakatkunst verdankt dem Meister, der selbst Plakate geschaffen hat, entscheidende Anregungen.
Expressionismus
Als Expressionismus wurden 1911 erstmals ziemlich wahllos alle nichtimpressionistischen und nichtnaturalistischen Kunstströmungen bezeichnet. Heute verstehen wird darunter eine Kunstrichtung, die innere Spannungen, starke Affekte und Gefühle sichtbar machen will. Die expressionistische Komponente ist schon im Werk van Goghs und Gauguins unverkennbar, von großer Bedeutung für den deutschen Expressionismus war jedoch der Einfluß des norwegischen Malers und Graphikers Edvard Munch (1863-1944: norwegischer Maler und Graphiker. Ausgehend von van Gogh und Gauguin fand der Künstler zu einer symbolisch-expressionistischen Gestaltungsweise, die auch Elemente des Jugendstils enthält.). Als Munch zum erstenmal in Berlin ausstellte, kam es zum Skandal, aber seine Werke begeisterten die jungen Maler, die sie vom Akademismus und Naturalismus der Künstlervereinigungen in der Sezessionsbewegung befreiten.
Munchs Bilder behandeln die Themen Tod, Einsamkeit, Melancholie und Liebe als lebensbedrohende, Leiden schaffende Mächte. Geballte Formen, Verzicht auf ablenkende Details und eine kontrastreiche, düster-glühende Farbgebung verleihen seinen Bildern einen unheimlichen, bedrückenden Ausdruck. Stärker als seine Gemälde beeindrucken uns heute seine Radierungen, Lithographien und Holzschnitte.
Die Dresdner "Brücke"
Was man im engeren Sinn unter Expressionismus versteht, setzt in Deutschland mit der Künstlervereinigung die "Brücke" ein (1905). Ihr gehörten bis zu ihrer Auflösung (1913) die bedeutendsten Maler des deutschen Expressionismus an. Die Brücke gründeten 1905 Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Erich Heckel (geb. 1883) und Karl Schmidt-Rottluff (geb. 1884). Bald stieß Max Pechstein (1881-1955) hinzu, zuletzt Otto Mueller (1874-1930). Emil Nolde gehörte ihr von 1906-1907 an.
Expressionismus
Das Programm des deutschen Expressionismus läßt sich nicht so klar umschreiben wie das des Fauvismus. Er bezog seine Anregungen zunächst von van Gogh und von Munch, von 1908 an von den Fauvisten, ließ sich aber auch von der Kunst der Naturvölker beeindrucken. Durch Formvereinfachung und reine Farben suchte er starke Empfindungen auszudrücken. Dabei mußte die wie bei den Fauvisten subjektiv entwickelte Bildordnung beunruhigende Spannungsmomente aufweisen, die sowohl im formalen Bereich (Hart brechende Linienzüge, Kontraste, Schockfarben) als auch durch eine emotionell ansprechende Thematik erzeugt wurden.
In Österreich verfolgten Oskar Kokoschka
(geb. 1886): österreichischer Maler, Graphiker und Dichter. Der Künstler ist nur bedingt dem Expressionismus zurechenbar, dem er sich 1908 zuwandte. Neben seinem berühmten Stilleben mit dem toten Hammel malte er auch interessante Porträts, die mit einer dramatisierten impressionistischen Technik das Psychische hinter dem menschlichen Antlitz sichtbar machen. Auf seinen zahlreichen Reisen entstanden impressionistische-expressionistische Landschafts- und Städteporträts von starker Wirkung. Nach dem 2. Weltkrieg widmete er sich großformatigen allegorischen Kompositionen.
und Egon Schiele (1890-1918: österreichischer Graphiker und Maler. Seine in nervösen kalligraphischem Strich ohne Korrektur hingesetzten Zeichnungen gehören zu den bedeutendsten Leistungen der Zeichenkunst.) ähnliche Ziele wie der deutsche Expressionismus.
Weitere Künstler:
Herbert Boeckl (1894-1966): Der aus Klagenfurt stammende österreichische Künstler studierte an der Wiener Technischen Hochschule Architektur und bildete sich selbst zum Maler aus. Seine Malerei ist starkfarbig und großformig, dem Expressionismus ebenso wie der Farbkultur Cézannes verpflichtet. Nach dem 2. Weltkrieg setzten sich in seinem Werk einige aus den moderneren Kunstrichtungen stammende Akzente fest, ohne es im Grunde wandeln zu können. Diese Entwicklung machte einige seiner späteren Werke (Seckauer Fresken) umstritten. Von 1935 bis zu seinem Tode war Boeckl Professor an der Wiener Akademie.
Alfred Kubin (1877-1959): Der in Böhmen geborene Künstler unternahm in seiner Jugend zahlreiche Reisen und geriet (1911) auch in Kontakt mit dem Blauen Reiter. In seinen reifen Jahren schuf der Künstler nur mehr (bisweilen kolorierte) Federzeichnungen. Kubin war auch ein hervorragender Illustrator.
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