Der zuständige General Groves hatte als Testgelände für die Zündung der ersten Atombombe eine Felswüste bei Alamogordo in Neumexiko ausgewählt. Dort begann am 16. Juli 1945 um 5.30 Uhr das Atomzeitalter mit einem Blitz, der noch in 400 km Entfernung den Himmel erleuchtete und der in Bodennähe heller als viele Sonnen war. Ein riesiger Feuerball wuchs auf 1.5 Kilometer Durchmesser an. Die Erde bebte. Eine heiße Druckwelle
verbreitete sich nach allen Seiten. Der 30m hohe Turm, auf dem die Atombombe gelegen hatte, wurde in Nichts aufgelöst. Bei den 16 km entfernten Beobachtungsständen traf der Donner der Explosion erst viele Sekunden später ein. Inzwischen schoss eine weiße Rauchsäule kerzengerade empor, nahm Pilzform an und stieg 12 000 Meter hoch. Die Detonation war im gesamten Südwesten der Vereinigten Staaten zu hören, und alle, die zu solch früher Stunde schon auf den Beinen waren, beobachteten ein sonderbares Phänomen: Die Sonne schien aufzugehen und gleich darauf wieder zu versinken.
Vor den Toren Tokios lag, in einem Rettichfeld verborgen, ein Bunker, der 181 starke Funkempfänger barg. Japanische Marinefunker nahmen hier Tag und Nacht alles auf, was von amerikanischen Sendern kam. Am Morgen des 6. Augustes 1945 empfingen Männer der Nachtschicht ein Rufzeichen, das sie zum erstenmal drei Wochen zuvor gehört hatten. Es stammte, wie sie auf Grund von Peilungen wussten, von der Marianeninsel Tinian, und ende Juli war es jeden Tag zu hören gewesen. In Tokio hatte man die Funksprüche zwar nicht entschlüsseln können, aber die erfahrenen Abhörmänner erkannten den Tinian-Sender immer sofort an der "Handschrift" des amerikanischen Funkers. Jetzt war Tinian wieder da, und
die Japaner konnten nicht mehr tun, als diese Beobachtung notieren und weitermelden. Keiner von ihnen ahnte, dass sie hier Funksprüche der amerikanischen 509. Bombergruppe empfingen, die unter strengster Geheimhaltung einen kriegsentscheidenden Einsatz vorbereitete: den ersten Abwurf einer Atombombe.
Vier Stunden später, um 8.16 Uhr merkte man bei der japanischen Rundfunkgesellschaft in Tokio, dass die Telefonverbindungen mit Hiroschima unterbrochen war; kein einziger Anruf kam mehr durch. Zwanzig Minuten später stellten Eisenbahner in Tokio fest, dass auch der Bahntelegraf nach Hiroschima nicht mehr arbeitete; die Leitung schien unmittelbar nördlich der Stadt unterbrochen zu sein. Dann meldeten Bahnhöfe in der Nähe von Hiroschima, in der Stadt sei eine große Explosion erfolgt. Gegen 10 Uhr erfuhr die Redaktion der Tokioter Zeitung Asahi, Hiroschima sei durch einen Bombenangriff fast völlig zerstört worden.
Am 6. August um 2.45 Uhr rollte die schwerbeladene Enola Gay, der nach der Mutter des Einsatzleiters des Fluges benannte Atombomber, die Startbahn von Tinian, einer Insel im Pazifik, hinunter. Jeder der Bordinsassen hatte eine Spezialbrille bekommen, deren Gläser nur die Farbe Purpurrot durchließen.
Der Pilot flog Hiroschima in 10 500m Höhe an. Im Bombenzielfenster bewegte sich der Visierpunkt - die Mitte einer Brücke - auf das Fadenkreuz zu. 45 Sekunden darauf begann der Signalton, das Zeichen dafür, dass die Bombe in 15 Sekunden ausgeklinkt wurde. 43
Sekunden später flammte ein Blitz auf, und vor dem Beobachter Caron wurde die Welt purpurrot. Unwillkürlich schloss er die Augen hinter der Schutzbrille. Noch kurz vorher hatte er direkt in die Sonne gesehen und durch die Spezialgläser nur einen schwachen Schimmer wahrgenommen. Aus dem Explosionsblitz wurde im Bruchteil einer Sekunde ein Feuerball von 550 Metern Durchmesser, in dessen Mitte eine Temperatur von 50 Millionen Grad herrschte. Hiroschima war zerstört.
Um 8.15 sahen einige Menschen in Hiroschima einen kleinen Verband anfliegen, von dem sich drei Fallschirme lösten, sie trugen Instrumente, die ihre Messergebnisse automatisch über Funk weitergaben. Der klare Himmel zeigte in den nächsten 45 Sekunden nichts als die 3 Fallschirme. Dann plötzlich war der Himmel über der Stadt lautlos verschwunden.
Überlebende erzählten später, im ersten Augenblick nach der Explosion sei alles nur Licht gewesen - blendendes Licht von ungeheurer Stärke, aber auch von atemberaubender Schönheit und Vielfalt. Die meisten verglichen die Explosion mit einem gewaltigen Fotoblitz. Sie erinnerten sich nur an diesen optischen Eindruck; gehört hatten sie angeblich nichts.
Viele Tausende aber hatten nicht einmal etwas gesehen. Sie waren in der ungeheuren Hitze sofort zu Asche verbrannt. Und viele tausend andere, die noch ein paar Sekunden gelebt hatten, wurden von dem Scherben- und Schuttregen zerfetzt, den die Druckwelle vor sich herfegte.
Die Verwüstungen waren wesentlich stärker, als die Atomwissenschaftler berechnet hatten. Das lag einmal daran, dass die Bombe erstaunlich exakt abgeworfen wurde, zum anderen, waren zum Zeitpunkt der Explosion die zahllosen Holzkohleöfen, auf denen die Hausfrauen Frühstück zubereiteten, voller Glut. In der Annahme, dass die meisten Bewohner der Stadt in Luftschutzräumen wären, hatte Oppenheimer die Zahl der Opfer auf 20 000 geschätzt. Da aber solche kleinen Verbände die Stadt häufig überflogen, ohne Bomben zu werfen, hatten die Bewohner die drei Flugzeuge gar nicht beachtet und waren größtenteils auf dem Weg zur Arbeit gewesen. So kam es, dass die Bombe mehr als 80 000 Menschen tötete.
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