Fischer attestiert einen "Griff nach der Weltmacht" bzw. nach der Hegemonie über Europa; die Geschichte Deutschlands vor und nach 1914/ 1918 bestätigt ihn in ihrer Kontinuität - dem fortwährenden Streben nach Großmachtstatus - in seiner Auffassung; systematisch habe Deutschland den Präventivkrieg geplant, die Julikrise bzw. der Balkankonflikt habe den willkommenen Anlaß geboten, die Ausweitung dieses Konfliktes sei in Kauf genommen, wenn nicht forciert worden.
Als Belege für diese These - das Großmachtstreben - nimmt Fischer die dt. Rüstungs- und Außenpolitik vor 1914, außerdem den sog. "Blankoscheck" (6.7.1914), den Schliefenplan und das September-Programm Bethmann-Hollwegs.
Kritiker wie Ritter bestreiten Fischers Ansichten vehement: Fischer widerspricht der These des "Griffes nach der Weltmacht", der systematisch und unter Druck bestimmter Gruppen vorbereitet worden sei. Der dt. Imperialismus (und Sozialdarwinismus) erscheint ihm nicht aggressiver als der der anderen Länder. Die Eskalation in der Julikrise sei nicht auf bewußte deutsche Steuerung zurückzuführen, sondern vielmehr auf diplomatische Verwicklungen. Daher wird der "Schliefenplan" als "Beweismittel" abgelehnt, das Septemberprogramm erklärt sich für Ritter aus dem Gefühlsüberschwang im vermeintlichen Nahen des dt. Sieges.
Seine Kritik an Fischer läuft darauf hinaus, daß er dessen Darstellung als äußerst einseitig bezeichnet. Ritter erweist sich daher als Anhänger der These des britischen Außenministers, Deutschland sei wie die anderen Mächte in den Krieg "hineingeschlittert".
Ritter ist in seiner Kritik an Fischer insofern rechtzugeben, als daß man dessen Darstellungsweise als sehr zugespitzt bezeichnen muß. Jedoch ist dies als Reaktion auf die jahrzehntelange Tabuisierung bzw. Negierung der alleinigen dt. Kriegsschuld zu sehen. Dieses strikte Verneinen mag für die dt. Nachkriegsgesellschaft, die im Krieg gelitten hatte, angesichts der Versailler-Verträge verständlich sein. In ihrer Einseitigkeit und Konsequenz - auf die Fischer ja reagiert - erwies sich diese Behauptung jedoch als äußerst gefährlich. Nationalistische bzw. nationalsozialistische Strömungen wurden dadurch gestärkt. In letzter Konsequenz konnte so jegliche Kriegsschuld abgestritten werden, die deutsche Vorkriegspolitik als reine Verteidigungspolitik gegen die "Einkreisung" Deutschlands legitimiert werden.
Vor allem in Bezug auf die oftmals proklamierte "Einkreisung" durch die tripple-entente-Mächte ist jedoch eine Mitschuld Deutschlands festzustellen. Denn die Bildung der Entente geschah primär in Reaktion auf die Großmachtsgebahren Deutschland vor dem Krieg. Die Natur dieses Bündnisses war daher zumindest mehr passiv als aktiv. Ihre Betrachtung durch dt. Politik als Bedrohung war insofern falsch bzw. selbstverschuldet. Natürlich verfolgten auch die anderen Mächte eine Interessenspolitik, Deutschland jedoch forcierte eine solche zu einem Zeitpunkt, zu dem die Welt praktisch schon "aufgeteilt" war. Die Mittelmachtstellung hätte sich vermutlich besser sichern lassen, wenn die Bismarck'sche Politik der Saturiertheit fortgesetzt worden wäre.
Ein lokalisierter Konflikt auf dem Balkan wurde letztendlich von Deutschland billigend in Kauf genommen, um Österreich-Ungarn und damit auch sich selbst zu stärken. Man kann von einer Politik des "kalkulierbaren" Risikos sprechen, in dem der große Krieg als Risiko nicht Finalziel war. Als fatal für die weitere Entwicklung erwiesen sich dann der Einfluß der Militärs und die Eingleisigkeit ihrer Pläne (Schliefen). Dies kritisiert selbst Ritter.
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