Artikel: Die Kirche im Nationalsozialismus I. Die Kirche (allgemein) Die evangelische Kirsche stand der Weimarer Republik immer reserviert gegenüber. Sie folgte lieber ihrer Tradition von einer engen Verbindung von Thron und Altar wie im Bismark-Reich. So setzte sie auf die Politik, die die Vergangenheit idealisierte. Die Nähe zur DNVP war unverkennbar. Da die katholisch Kirche bereits im Kaiserreich die Opposition bildete, weil sie religiöse Rechte wahren wollte, schloss sie sich nach dem Krieg mit sozialistischen Parteien, wie dem ZENTRUM oder der DVP zusammen.
Erst durch die Aussichscht auf das Konkordat zwischen Hitler und dem Vatikan, aber auch aus Angst wegen des Radikalismus und der NSDVP stimmten die katholisch gesinnten Parteien dem Ermächtigungsgesetzt zu. Das Konkordat sollte die Rechte der katholischen Kirche in Deutschland festlegen und garantieren. Für viele katholische Christen war das Umdenken der Kirche sehr verwirrend. Erst hatte die Kirche mit allen mitteln gegen den Staat zum Protest aufgerufen und nun forderte sie zur "Treue gegenüber der rechtmäßigen Obrigkeit", dem Staat, auf. Trotzdem gab es zunächst nur Randgruppen und Einzelpersonen, die aus theologischen religiösen Gründen Wiederstand leisteten. Auf katholischer Seite waren es u.
a. die "Rhein-Mainische-Volkskzeitung" und die Arbeiterbewegung mit engagierten wie Friedrich Dessauer, Walter Dirks und Jakob Kaiser. Dazu kamen Theologen wie Max Josef Metzger und Clemens August Graf von Galen. Auf evangelischer Seite waren es u.a. Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer, Martin Niemöller und Julius von Jan.
II. Die Deutschen Christen Vor 1933 bestand die evangelische Kirche in Deutschland aus 28 selbstständigen Landeskirchen. Durch ihre inneren Streitigkeiten war es dem Nationalsozialismus ein Leichtes, gegen sie vorzugehen. Die meisten evangelischen Pastoren setzten christlich-evangelisch mit konservativ-nationalen Denken gleich (= Pastorennationalismus). Diese Trauerten um die Verbindung von Thron und Altar im Kaiserreich. Außerdem fürchteten sie den Marxsismus und lehnten die Republik ab.
1932 gründeten nationalsozialistische Pfarrer die Glaubensbewegung "Deutsche Christen" (DC). Ihrer Mitglieder versuchten völkisch-rassische Ideen in die Kirche einzuringen. Sie forderten den Zusammenschluss der Landeskirchen, den Kampf gegen den Marxismus und dem Judentum. Sie bekannten sich zu einen "artgerächten Christus-Glauben, wie er deutschem Luthergeist und heldischer Frömmigkeit entspricht." Nach Hitlers Machtergreifung hatte die Organisation ein großes Mitgliedswachstum. Nach dieser kirchlichen "Machtergreifung" wurde Müller, ein Vertrauter Hitlers, mit Hilfe der NSDAP zum Bischof gewählt.
Am 13. November1933 stellte die "Glaubensbewegung Deutsche Christen" verschiedene Regeln und Vorsätze für sich auf. Unter anderem: 1. Alle Pfarrer, die sich der Vollendung der deutschen Reformierung im Geist des Nationalsozialismus in den Weg stellen oder sich nicht persönlich dafür engagieren, werden versetzt oder ihres Amtes enthoben. 2. Die Einhaltung der Arierparagraphen .
... Zusammenfassung aller "Fremdblütigen" Christen in einen judenchristlichen Kirchengemeiden. 3. Alles undeutsche aus dem Gottesdienst und dem Bekenntnis entfernen.
Besonders vom Alten Testament und seiner jüdischen Lohnmoral. 4. "Wir fordern, dass eine deutsche Volkskirche Ernst nach mit der Verkündung der von aller orientalischen Entstehung gereinigten schlichten Frohbotschaft und einer heldischen Jesusgestalt als Grundlage eines artgerechten Christentums, in dem an die Stelle der zerbrechlichen Knechtseele der stolze Mensch tritt, der sich als Gotteskind dem Göttlichen in sich und in seinem Volk verpflichtet fühlt". D.h. sie wollten einen neuen Jesus in Heldengestalt einführen.
III. Zeugen Jehovas Den stärksten christlichen Wiederstand leisteten die Zeugen Jehovas. Als die Sekte 1933 in Deutschland verboten wurde hatten sie ca. 25000 Mitglieder. Etwa die Hälfte setze trotzdem ihren "Verkündigungsdienst fort. Außerdem verweigerten sie den Hail-Hitler-Gruß und den Wehrdienst.
Sie wurden unerbittlich verfolgt. Ca. 10.000 ZJ wurden verhaftet und etwa 1200 von ihnen starben im Wiederstand. Mit der Flugblattaktion "36/37" versuchten sie, die Bevölkerung über den verbrecherischen Charakter des NS-Staates aufzuklären und kämpften so weiter über ihre eigenen Interessen hinaus gegen den Staat. IV.
Mit brennender Sorge Im März 1937 wurde das Päpstliche Rundschreiben "Mit brennender Sorge" verfasst. In ihm werden die Zustände innerhalb Deutschlands kritisiert. Das alltägliche Kirchenleben wird behindert und ein Kampf gegen die Ordensgemeinschaften geführt. Die Ordensgeistlichen werden wegen angeblicher Vergehen wie z.B. Devisenschieberei und Sittlichkeitsvergehen angeklagt.
In dem Schreiben heißt es, dass es nur geringe Aussichten darauf gäbe, dass das Konkordat wieder eingehalten würde. Außerdem werde das Neuheidentum verworfen. Es eine Leugnung von Gottes Weisheit und Kraft, die von einem Ende der Welt bis zum anderen walte. Wer an die altgermanisch-vorchristlichen Vorstellungen Glaubte habe keinen Anspruch zu den Gottgläubigen gezählt zu werden. Wer eine Rasse, ein Volk oder einen Staat oder eine Person daraus aus ihrer irdischen Ordnung herauslöse und sie wie einen Gott vergöttere, sei weit vom Gottesglauben entfernt und verfälsche die gottbefohlene Ordnung. Nur oberflächliche Menschen können dem Irrglauben verfallen, eine Nation könne die Religion nur auf eine einzige Rasse und einen einigen Staat einkerkern.
Die Bischöfe sollten darauf achten, dass solche Irrtümer in den Gemeinden keinen Fuß fassen können Trotzdem ging kaum einer der Bischöfe in der zeit danach auf Konfrontationskurs mit der Regierung. Man ging immer wieder auf Kompromisse ein und versuchte, so wenig wie möglich mit dem Regime zusammenzustoßen. Außer einiger Ausnahmen wie von Galen, Preysing und Metzger. V. Der Gnadentod Am 1. Sep.
1939 gibt Hitler den Auftrag zum Gnadentod. In einem Telegramm beauftragt er Bouhler und Brandt zur Aktion Gnadentod. Zitat: "Reichleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmter Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichen Ermessen unheilbar Kranken bei kritischer Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewehrt werden kann." Das war der Beginn der staatlichen Maßnahmen zur Tötung kranker und behinderter Menschen.
Obwohl die geplante und dann tausendfach stattgefundene Ermordung kranker und Behinderter Menschen, deren Leben aus der Sicht der Nationalsozialisten keinen Wert mehr hatte, auf der einen Seite einer strengen Geheimhaltung unterlag, starteten die Nationalsozialisten auf der anderen Seite eine öffentliche Kampagne gegen sogenanntes "unwertes Leben". Teil dieser Kampagne war folgendes Schaubild: (Kopie Heft Bethel S.32) Friedrich von Bodelschwingh (der jüngere) (1877 bis 1946), der im Jahre 1911 nach dem Tode seines Vaters die Behindertenanstalt Bethel übernommen hatte und seinem Mitarbeiter Dr. Braune verweigerte z.B. das ausfüllen der Meldebogen für ihre Behindertenanstalten in Bethel und weitern Anstalten, die seit 1921 zum Bund der "Bodelschwinghschen Anstalten" zusammengefasst waren.
Allein in Bethel waren im Jahre 1939 ca. 6500 Menschen von der Hitler-Aktion "Ausmerzung unwerten Lebens" bedroht. Bodelschingh wurde im Mai 1933 zum Reichsbischof der EKD gewählt, musste aber bereits im Juni 1933 unter staatlichem Druck zurücktreten. Er nahm an der Reichbekenntnissynode der Bekennen Kirche in Barmen und Dahlen teil. Am 3.8.
1941 hielt Kardinal Clemens August Graf von Galen, Bischof von Münster, in der Lambertikirche eine Predigt zur Ermordung Behinderter. VI. die Bekennende Kirche 1933 kamen einige Vertreter der Evangelischen Kirche in Konflikt mit dem NS-Staat. Sie wollten die 28 selbstständigen Landeskirchen erhalten. Sie standen den vielen Christen, die den Deutschen Christen "DC" angehörten, gegenüber. Zuerst wollten sie nur ihre Unabhängigkeit bewahren, doch bald entstand daraus ein Kampf um Tradition, religiöser und bald auch politische Opposition gegen den Staat.
Aus dieser Opposition organisierte sich dann die "Bekennende Kirche", die im Mai 1934 in Wuppertal-Bahmen auf einer Synode ihre einwände gegen das Regime in der sogenannten "Barmer Theologischen Erklärung" formulierten. Darin hieß es, dass Gott die Gesetzte für den Staat macht und es Aufgabe der Kirche ist, die Regierenden und die Regierten daran zu erinnern. Man war zusammengekommen, um "die Zerstörung des Bekenntnisses und damit der evangelischen Kirche in Deutschland im Glauben und in der Einmütigkeit zu Wiederstehen. Dem Versuch, durch falsche Lehre, durch Anwendung von Gewalt, Unlauterkeit des Vorgehens die Einheit der deutschen evangelischen Kirche herzustellen, setzt die Bekenntnissynode entgegen: die Einigkeit der evangelischen Kirche in Deutschland kann nur werden aus dem Wort Gottes im Glauben durch den Heiligen Geist." Zuerst ging es den Protestanten hauptsächlich gegen die NS-Kirchenpolitik. Die Eingliederung in das System konnte so verhindert werden obwohl die Bekennende Kirche keine politische Opposition darstellte, gab es doch viele Mitglieder, die in Grundsätzlicher Opposition zum Staat waren.
Sie kämpften gegen die Nationalsozialistische Ideologie, das Vermischen von christlichen Glauben mit Antisemitismus und neuheidischen Irrlehren, nach denen es einen heldischen Jesus und einen Artgemäßen Glauben auf Rasse, Volkstum und Nation beruhend gibt. Die Bekennende Kirche formulierte: Entscheidend für die Zugehörigkeit zur Gemeinde sind nicht die Rasse oder Volkszugehörigkeit, sondern allein das Bekenntnis zu Jesus Christus. Julius von Jan Nach der Reichskristallnacht am 9.11.38, in der viele Juden umgebracht oder ruiniert worden waren, hielt Pfarrer von Jan am Bußtag, eine Woche später, eine sehr kritische, eindrucksvolle und deutliche Predigt. Er kritisierte öffentlich den Staat, besonders die Ungerechtigkeit gegenüber den Juden.
Er sprach Fürbitten für Pfarrer, die Redeverbot und Landesverweis erhalten hatten, und er bat Gott, dass er: "dem Führer und aller Obrigkeit den Geist der Buße schenken möge." "Die Leidenschaften sind entfesselt, die Gebote Gottes missachtet, Gotteshäuser; die anderen heilig waren, sind ungestraft niedergebrannt worden, das Eigentum der Fremden geraubt oder zerstört. Männer, die unserem deutschen Volk treu gedient haben und ihre Pflicht gewissenhaft erfüllt haben, wurden ins KZ geworfen, bloß weil sie einer anderen Rasse angehörten!" Ein paar Tage später wurde er schwer misshandelt und in Haft genommen. Dann wurde er versetzt, und 1939 zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt. 1943 wurde er zum Frontdienst eingezogen und kehrte erst im September 1945 zurück. Dietrich Bonhoeffer Er wurde 1906 in Breslau geboren, studierte Theologie in Berlin, promovierte 1927 und habilitierte sich 1929.
Nach mehreren Auslandsaufenthalten in Barcelona, New York und London, wo er als Auslandspfarrer Ökumenische Kontakte schuf, erhielt er einen Lehrauftrag für Systematische Theologie an der Berliner Universität. 1935 wurde er Leiter des Predigerseminars der Bekennenden Kirche in Finkenwalde. 1936 entzog ihm das NS-Regime die Lehrbefähigung an der Universität Berlin. Es folgten Schreibverbot und Vorleseverbot und schließlich die Ausweisung. Vor Kriegsbeginn kehrte er aus New York nach Deutschland zurück und schloß sich der politischen Widerstandsbewegung an. Am 5.
4.1943 wurde er verhaftet und trotz ergebnisloser Untersuchungen in Berliner Gefängnissen festgehalten. Am 9.4.1945 wurde er im KZ Flossenbürg hingerichtet. Quellen: Informationen zur politischen Bildung Nr.
243 "Deutscher Widerstand 1933-1945" Zentrale Öffentlichkeitsarbeit Bethel: Friedrich von Bodelschwing (der Jüngere) Anpassung oder Wagnis, Diesterweg Verlag Das neue Kursbuch Religion 9/10 , Calwer / Diesterweg Verlag
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