Die während des 3. Jahrhunderts herrschende Staatskrise
Nachdem schon im 2.Jahrhundert die germanische Grenze durchbrochen worden ist, fallen um die Mitte des 3.Jahrhunderts Alemannen, Franken und Goten in das römische Reich ein. Die Franken stoßen bis nach Spanien vor, die Goten besetzen Dakien, plündern Griechenland, die kleinasiatische Küste und erreichen mit ihren Schiffen sogar Zypern. Die Alemannen besetzen das Gebiet zwischen Rhein und Donau. Zu dieser äußeren Krise kommt noch die innere Krise. Da es keine feste Nachfolgeregelung gibt, entscheiden meistens die Grenztruppen über die Einsetzung des Kaisers, indem sie einen ihrer Offiziere zum Kaiser ausrufen, diesen dann aber auch beseitigen, wenn er ihnen zuwider handelt. So gibt es extrem kurze Regierungszeiten, viele Gegenkaiser und dem zufolge fehlte jede Kontinuität in der Herrschaft und die Truppen sind so sehr durch die internen Machtkämpfe gebunden, dass sie mit der Verteidigung der Grenzen überfordert sind.
Der verkannte Kaiser
Wenn man nach den Namen römischer Kaiser fragt, dann stehen Augustus und Konstantin an der Spitze der benannten Personen. Die historische Bedeutung dieser beiden steht zwar außer Frage, aber ein paar Namen reichen natürlich nicht aus, um die Höhepunkte des Imperiums ausreichend zu charakterisieren. Einen besonderen Wendepunkt stellt zweifellos die lange Regierungszeit des C. Aurelius Valerius Diocletianus dar, der als Diokletian in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Während der Jahre zwischen 284 und 305 vollzog sich unter seiner Führung eine Umstrukturierung des Römischen Reichs, wie sie zuvor nur unter Augustus, dem Begründer der Monarchie, vorgekommen war. Diokletian musste sich Ende des 3.Jahrhunderts der Notwendigkeit stellen, das aus den Fugen geratene Reich für die weitere Zukunft in seinem Bestand wieder zu festigen.
Gaius Aurelius Valerius Diocletianus (Felix Invictus Augustus)
Gaius Aurelius Valerius Diocletianus wurde um 243 n. Chr. als Sohn eines Freigelassenen in Dioklea (Dalmatien) geboren und durchlief den Militärdienst. Nach der Ermordung des Kaisers Marcus Aurelius Numerianus 284 wurde er von seinem Heer in Chalcedon zum Kaiser ausgerufen und gelangt 285, nach dem Tod Carianus, dem Bruder Numerianus, zur Alleinherrschaft. Er erwies sich in der Folge als ein Mann, der seine Aufgaben kannte und energisch an ihre Bewältigung ging. Als seine herausragende Eigenschaft gilt die Tatkraft, gepaart mit fast uneingeschränkter Durchsetzungskraft. Mit Hilfe dieser Eigenschaften setzte er während seiner Regierungszeit etliche Reformmaßnahmen durch. So ordnete er das Römische Reich politisch und verwaltungsmäßig durch die Einführung der Tetrarchie neu (293) und sicherte damit die bedrohten Reichsgrenzen, bekämpfte lokale Unruhen und beugte Gegenkaisern vor.
Die Tetrarchie (Viererherrschaft)
Die Tetrarchie sah 2 Augusti und diesen zugeordnet je 2 Caesares an der Spitze des Imperiums vor. Durch diese administrative und territoriale Gewaltenteilung wurde eine bessere Kontrolle des Gesamtreichs möglich. Zunächst ernannte Diokletian, der fortan die Ostprovinzen verwaltete, seinen Kampfgefährten Maximianus 285 zum Caesar und erhob ihn dann 286 zum Augustus, der Italien und Afrika regierte. Caesares wurden Galerius, der sich im Heer bis in hohe Dienststellung emporgedient hatte und nun den Donau- und Balkanraum regierte, und Constantinus Chlorus, ein bewährter Feldherr, gewesener Prätorianerpräfekt und Schwiegersohn Maximians, der von nun an Spanien, Gallien und Britannien regierte. Die beiden Selbstbezeichnungen Iovius(Jupiter) für Diokletian und Herculius(Herkules)für Maximian sollten das quasi göttliche Charisma der Kaiser betonen und brachten die
Hierarchie zum Ausdruck. Dadurch, dass die Augusti ihre Caesaren adoptierten, wurden die Tetrachen zu einer Art Dynastie. Nach jeweils 20 Jahren dankten die Augusti ab, die Caesaren rückten zu Augusti auf und ernannten zwei neue Stellvertreter, die sie dann auch adoptieren. Um die Jahrhundertwende waren dann die drängensten außenpolitischen Probleme gelöst, vor allem die Grenzen an Rhein und Donau sowie am Euphrat stabilisierten sich und die Sicherung des Reichs im Inneren wurde durch die Dezentralisation der Staatsverwaltung gewährleistet.
Die weiteren Reformen des Diokletian
Das neu gegliederte Imperium, das nur noch nominell seine Hauptstadt in Rom hatte, tatsächlich aber von den vier Kaiserresidenzen (Präfekturen) Mediolanum (Mailand) in Italien, dem Hauptsitz Maximians, Nicomedia (Izmit) im nordwestlichen Kleinasien, der Hauptstadt Diokletians, Augusta Treviorum (Trier) in Germanien, wo Constantin residierte und Sirmium (Sremska Mitrovica im heutigen Serbien) in Pannonien, dem Verwaltungssitz Galerius aus regiert wurde, bestand fortan aus etwa 100 Provinzen, die zu 12 Diözesen (Verwaltungsbezirken) zusammengefasst waren. Diese Vierteilung, die eine gleichberechtigte und gleichmäßige Herrschaft in allen Teilen des Reiches ermöglichte, beendete die Vormachtstellung Roms und erleichterte die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung. Die Trennung von ziviler und militärischer Gewalt wurde vollzogen. Jede Provinzarmee unterstand nun einem militärischen Befehlshaber, dem sogenannten dux. Dies ermöglichte ein höheres Maß an militärischer Flexibilität und verhinderte zugleich die Anhäufung von Macht in den Händen eines einzelnen Stadthalters. Die verstärkte Armee, der umfangreiche Beamtenapparat und die überaus teuren Bauvorhaben ,wie z.B. die gigantische Thermenanlage in Rom, die mit einer Grundfläche von 380x370m die größte öffentliche Badeanstalt des antiken Rom war und in der angeblich 3000 Menschen gleichzeitig baden konnten und der heute noch in beträchtlichem Maße vorhandene Diokletianspalast in Split belasteten die Staatskasse. Zur Deckung dieses wachsenden Finanzbedarfs führte Diokletian eine Währungsreform durch die Neuprägung wertbeständiger Goldmünzen durch. Mit der Festlegung von Höchstpreisen für Waren und Dienstleistungen (301) versuchte er der fortschreitenden Teuerung entgegenzuwirken, doch dies war nicht durchführbar und wurde bald widerrufen. Um die Agrarprodukte wieder in Gang zu bringen band er die Bauern und Landpächter an ihren Grund und Boden. Zudem ordnete er das Steuersystem neu. Die Steuern mussten nach einer im voraus festgelegten Veranlagung gezahlt werden und die Haftung für die Steuerzahlung lag bei den Innungen und Stadträten. Damit war erstmals in der Geschichte eine längerfristige Planung von Staatseinnahmen und -ausgaben, also ein Staatshaushalt, möglich.
Die Christenverfolgung unter Diokletian und Galerius
Durch die Wiederbelebung des alten römischen Götterglaubens und der alten Traditionen und deren Übertragung auf das ganze Imperium versuchte er eine geistig-religiöse Einheit herzustellen. Bereits 297 erließ er deshalb ein Edikt gegen die aus Persien stammenden Manichäer, wodurch diese auf grausamste Weise verfolgt wurden. Im Jahre 299 begann er dann mit einer Säuberungsaktion, die zahlreichen Christen aus Hof, Heer und Staatsverwaltung entfernen sollten, obwohl er dem Christentum zunächst eher positiv gegenüber gestanden hatte, zumal seine Frau Alexandra und seine Tochter Valeria, die beide 314 den Märtyrertod erlitten haben sollen, Christinnen waren. Er erlaubte den Christen z.B. den Bau einer großen Kirche in Nikomedia direkt neben seinem Palast. Diokletian knüpfte mit dieser Verfolgung, deren eigentlicher Uhrheber wohl Galerius war, an die Absichten Valerians, die kirchlichen Organisationen zu zerschlagen, an und ging sogar noch ein Stück weiter, indem er die Christen vernichten wollte. Um 303 ließ er dann die Kirche in Nikomedia zerstören und erließ in den Jahren 303 und 304 vier reichsweit gültige Edikte, welche folgende Annordnungen enthielten:
1. Edikt:
- Zerstörung aller Kirchengebäude
- Ablieferung und Vernichtung der heiligen Schriften und liturgischen Bücher
- Christen aus höheren Schichten durften keine Prozesse führen und keine Testamente erlassen, büßten also ihre Rechtsfähigkeit ein. Außerdem verloren sie ihre Ämter und Privilegien
- Die große Zahl der freigelassenen Christen sollten in den Sklavenstand zurückversetzt werden
2. Edikt:
- Inhaftierung aller Kleriker und bald darauf wurde von ihnen das Götteropfer gefordert. Zu dieser Zeit war die Zahl der Märtyrer groß. (Es sollen insgesamt etwa 40000 gewesen sein)
3. Edikt:
- Forderung eines allgemeinen Götteropfers von Christen. Integration oder Ausrottung war die Alternative
Parallel zur Gewaltanwendung startete der Kaiser eine Propagandaaktion, indem er Schriften verfassen ließ, welche die Minderwertigkeit der christlichen Religion nachweisen sollten.
Die vier Kaiser gingen in ihren Gebieten unterschiedlich gegen die Christen vor. Im Westen wurden die Christen insbesondere unter Constantinus Chlorus nicht so schwer verfolgt, so dass überwiegend die Christen in Kleinasien, Syrien, Palästina und Ägypten betroffen waren. Ihren Höhepunkt fand diese Verfolgung, nachdem die beiden Augusti Diokletian und Maximian abgedankt hatten und Galerius ,mit Maximinus Daja als Caesar an seiner Seite, Kaiser wurde. Während im Westen die Christenverfolgung nach 305 weitgehend einschlief, verfolgten Galerius und Maximian die Christen in ihrem Reich unbarmherzig. Es erwies sich aber, dass die kirchliche Organisation nicht völlig zerschlagen und die Christen nicht ausgerottet werden konnten. Deshalb änderte der Staat sein bisherige Christenpolitik grundlegend. Der Todkranke Galerius verkündete 311 im Namen aller vier Kaiser ein Edikt, welches das Christentum staatlich anerkannte. Der alte Grundsatz, dass die Religionsausübung für das Heil des Staates entscheidend wäre, wurde auf die Christen ausgedehnt. Das Ziel dieses Edikts war es, die Kirche für die Bestandssicherung des Reiches in die Pflicht zu nehmen.
Bericht des Bischofs Eusebius von Caesaria (Palästina) über die Christenverfolgung des Diokletian
"Es war das 19. Jahr der Regierung des Kaisers Diokletian, als überall ein Erlass des Kaisers angeschlagen wurde, wonach die Kirchen niederzureißen, die heiligen Bücher dem Feuer zu übergeben seien. Ferner sollten die kaiserlichen Beamten, wenn sie in dem Bekenntnis der Christen verharrten, ihre Ehrenstellung verlieren, ihre Unterbeamten aber der Freiheit verlustig gehen. Nicht lange danach erschien noch ein zweiter Erlass, nach welchem die Vorsteher der Gemeinden aller Orten zuerst in Fesseln gelegt, sodann aber auf jegliche Weise zum Opfer gezwungen werden sollten. Der Uhrheber jene schrecklichen Verfolgung soll Galerius gewesen sein. Denn schon lange vorher, ehe sich die übrigen Kaiser regten , suchte er die im Heer dienenden Christen und alle, die an seinem Hof lebten, mit Gewalt vom Glauben abwendig zu machen. Die einen entsetzte er ihrer militärischen Würde, andere bedrohte er sogar mit dem Tod.[...] Durch irgendeinen unbekannten Zufall war ferner in dem kaiserlichen Palast in Nikomedia eine Feuersbrunst ausgebrochen. Da verbreitete sich das Gerücht, die unseren hätten sie veranlasst. Infolgedessen wurden auf Befehl des Kaisers die Christen haufenweise mit dem Schwert hingerichtet oder verbrannt.[...] Zuletzt endlich bestimmte Galerius seine Mitkaiser zu der allgemeinen Verfolgung. Diese wurde durch einen dritten Erlass eröffnet, der das Opfer auch von den Laien verlangte und Todesstrafe auf die Verweigerung setzte. Nur Constantinus Chlorus, der Cäsar Maximians, der die Westhälfte regierte beteiligte sich nicht am Krieg gegen uns. Er bewahrte die Christen vor jeder Kränkung und zerstörte auch nicht die Kirchen."
Der Zusammenbruch der Tetrarchie
Die umfassenden Reformen Diokletians führten zu einer neuen wirtschaftlichen Sicherheit, begründeten aber auch einen Zwangsstaat, das Dominat, in dem die Bürger endgültig zu Untertanen wurden. Die Ursache für die Einführung dieses absolutistischen Systems ist in der existenziellen Krise des 3.Jahrhunderts zu sehen, die wohl anders nicht zu lösen gewesen wäre. Doch das System der Tetrarchie hatte keinen Bestand. Im Jahre 305 dankten Diokletian und Maximian wie vorgesehen als Augusti ab und die beiden Caesaren Galerius und Constantinus Chlorus stiegen zu Augusti auf. Doch schon bald kam es zu Machtkämpfen und Diokletian musste von seinem Alterssitz in Salonae (Split) das Auseinanderbrechen der Tetrarchie, den Aufstieg des Flavius Valerius Constantinus (später Konstantin I., der Große) dem Sohn des Constantinus Chlorus, die öffentliche Anerkennung des Christentums durch das sogenannte Mailänder Toleranzedikt (312) und damit das Scheitern seiner Politik erleben. Diokletian starb dann 313 in Salonae.
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