Gemäß Artikel 49 EU-Vertrag kann "Jeder Europäische Staat, der die in Artikel 65 Absatz 1 genannten Grundsätze achtet [...] beantragen, Mitglied der Union zu werden". [1] Diesen Schritt haben mittlerweile 13 Länder gemacht und sind auf dem Weg, demnächst als neue Mitglieder der Gemeinschaft begrüßt werden zu dürfen. [2]
Die Osterweiterung der Europäischen Union ist ein entscheidender Einschnitt in die Struktur der Gemeinschaft. Nachdem der Europäische Rat [4] von Kopenhagen im Jahre 1993 beschlossen hatte, daß zehn Länder den Aufnahmestatus erlangen sollten (Bulgarien, Rumänien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn und Slowenien; alle diese Länder sind bereits innerhalb der Europa-Abkommen assoziiert) gibt es kaum ein Thema, das momentan so viele Kontroversen hervorruft. Im Laufe der letzten Jahre wurde dieser Bewerberkreis auf die Türkei, Zypern und Malta ausgedehnt; somit stehen jetzt insgesamt 13 Länder an der Schwelle zur EU-Mitgliedschaft, wenn auch die Türkei nach wie vor eine Sonderstellung im Kreis der Bewerberländer einnimmt.
Erwartungen der EU
Frieden und Stabilität
Voraussetzung für eine blühende Wirtschaft
Wachstumspotential
Größter Binnenmarkt der Welt
Größeres Gewicht
Mehr Einfluss in NATO, WTO, UNO
Beitrittskriterien
Politik
Demokratische und rechtsstaatliche Ordnung
Beachtung der Menschenrechte
Wahrung und Schutz der Minderheiten
Wirtschaft
Funktionstüchtige Markwirtschaft
Beitrittskriterien
Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes
Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts - und Währungsunion zu eigen machen
Beitrittsländer
Beitrittsländer
Polen
Ungarn
Tschechien
Slowakei
Slowenien
Estland
Beitrittsländer
Lettland
Litauen
Zypern
Malta
Polen
Ungarn
Bulgarien
Rumänien
Türkei
Vorteile für Österreich
Arbeitsplätze
Neuer großer Markt
Kosten abgedeckt
Steigendes Wirtschaftswachstum
Bessere Kriminalitätsbekämpfung
Sicherung des Friedens
Nachteile für Österreich
Billige Arbeitskräfte
Niedrige Löhne
Erhöhte Beitragszahlung
Verlust von Förderungen
Steigende Kriminalität
Krisen
Blau steht für die Berge und den Himmel, Rot für das vergossene
Blut und Weiß für die friedliche Zukunft
Lage
Zentraleuropa, im Westen Deutschland, im Süden Österreich, im Norden Polen und im Osten die Slowakische Republik
Fläche
gesamt: 78 866 qkm
Land
77 276 qkm
Wasser
1 590 qkm
Landesgrenzen
gesamt: 1 881 km
Grenzstaaten
Österreich 362 km, Deutschland 646 km, Polen 658 km, Slowakische Republik 215 km
Küste
Kein Zugang zum Meer
Daten des Statistischen Bundesamtes
Bevölkerung
10,3
Mill.
2001
Fläche
78860
qkm
2001
Bevölkerungsdichte
131
Einw. je qkm
2001
Arbeitslosenquote
8,8
%
2000
Bruttoinlandsprodukt (BIP)
50766
Mill.US-$
2000
Jährliches BIP-Wachstum (real)
2,9
%
2000
BIP je Einwohner (real)
5312
US-$
2000
Inflationsrate
4,7
%
2001
Importe
32241
Mill.US-$
2000
Exporte
29057
Mill.US-$
2000
Saldo der Im- und Exporte
-3184
Mill.US-$
2000
PKW-Dichte
362
je 1000 Einw.
2000
Personal-Computer
122
je 1000 Einw.
2000
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Einwohner
10 272 000
Hauptstadt
Praha (Prag)
Klima
Gemäßigt, zwischen ozeanischem und kontinentalem Klima
Premierminister
Vladimír Spidla
Präsident
Václav Klaus
Schnellinfo Tschechische Republik
Amtssprache: Tschechisch
In Prag und anderen Touristengebieten ist eine Verständigung zum Teil auch in englischer und deutscher Sprache in der Regel möglich.
Internationales Kennzeichen: CZ
Fläche: 78.864 qkm
Geographische Lage: 12º O - 19º O / 48º N - 51º N
Hauptstadt: Prag
Geographische Lage der Hauptstadt: 14º 27\' O 50º 05\' N
Zeitverschiebung gegenüber MEZ: 0 Stunden
Höchste Erhebung: Schneekoppe im Riesengebirge 1603 m
Einwohner: 10.266.546
Bevölkerungswachstum: -0,2 %
Lebenserwartung: Frauen 75 - Männer 69
Analphabeten: unter 1 %
Durchschnittliches Jahreseinkommen je Einwohner: 3.150 $ (US)
Währung: 1 Tschechische Krone (Kc) = 100 Haleru (Heller)
Wichtigste Importgüter: Maschinen, Fahrzeuge, Fertigprodukte, Brennstoffe
Wichtigste Exportgüter: Fertigprodukte, Maschinen, Fahrzeuge, chemische Produkte
Die Tschechische Republik verfügt über ein gut ausgebautes Straßen- und Autobahnnetz
mit einer übersichtlichen und klaren Kennzeichnung.
Es gibt keine gravierenden Unterschiede zwischen den tschechischen Verkehrsvorschriften
und denen der übrigen europäischen Länder.
Doch zu bemerken ist die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 50, 70, 90 und
130 Km/Std. - siehe Beschilderung.
Die Versorgung mit bleifreiem Benzin landesweit ist gewährleistet.
Es werden folgende Kraftstoffe angeboten: Spezial, Super, Natural und Diesel.
Benutzer von Autobahnen und vierspurigen Schnellstraßen müssen eine gültige
Autobahn-Mautvignette an der Frontscheibe führen. Das Ordnungsgeld für Nichtbeachtung liegt bei
5000,-Kc (ca. 280 DM), im Wiederholungsfalle weit darüber.
Bei Benutzung eines Pkws in der Tschechischen Republik ist die Mitführung einer
grünen Versicherungskarte erforderlich.
Das allgemeine Preisniveau liegt in der Regel leicht unter deutschen Vergleichswerten.
Mittlere Temperaturen:
Januar
Juli
Prag
-1.5ºC
20ºC
Ethnische Gruppen:
Slowaken
4,0%
Sonstige
2,0%
Tschechen
94,0%
Religionen:
Christen
40,0%
Konfessionslose
57,0%
Sonstige
3,0%
Sektoren der Wirtschaft:
Landwirtschaft
Industrie
Dienstleistung
11%
60%
29%
Das Einkaufsparadies am Rande der Stadt
(RP 11-11-2001) Autor: Daniel Satra
Zur Jahreswende 1996/97 gab es in der Tschechischen Republik zwei, ein Jahr später waren es 82, heute sind es schon 105. Hypermärkte, gro_flächige Einkaufsriesen am Stadtrand, liegen beim tschechischen Verbraucher im Trend. Allein im Jahr 2000 wurden 31 Hypermärkte errichtet. Alles über 2500 Quadratmeter Einkaufsfläche ist hyper, doch auch die kleineren Discount- und Supermärkte spannen ein undurchlässiges Netz des Konsums über die gesamte Republik. Den tschechischen Markt beherrschen heute wenige gro_e, internationale Handelsketten. Mehr zum Thema von Daniel Satra. Der tschechische Handel hat in den zehn Jahren seit Beginn der Transformation sichtbare Veränderungen durchlaufen. Das für den Beginn der 90er Jahre typische, sehr partikulare Einzelhandelsnetz verwandelte sich in wenigen Jahren zu einem Wirtschaftssektor westeuropäischen Typs. Vom Tante-Emma-Laden am Stadtteil-Eck zum Super-, Discount- und Hyper-Einkaufspark am Stadtrand, ein schon lange in Frankreich und mittlerweile auch in Deutschland bekanntes Phänomen moderner Einkaufskultur. Treibende Kraft dieser Entwicklung sind Handelsketten mit internationalem Hintergrund, so genannte global multi-channel food provider, wie die Metro AG, die Royal Ahold-Gruppe oder die Handelsgruppe Rewe. Allein die deutsche Kette Rewe betrieb in Tschechien im vergangenen Jahr 65 Supermärkte der Marke Billa. Diese sind im klein im Vergleich zu Hypermärkten, wie sie zum Beispiel die Kette Tesco in Tschechien, einige sogar rund um die Uhr, betreibt. Hinter hyper verbirgt sich neben Fläche auch Masse: von Allem nicht nur ein bisschen, sondern jede Menge. Von Salami, zu Autoradios. Von Weihnachtsbaumschmuck, zu Katzenfutter. Von Jim Beam, über Adidas, zu Hähnchenbrustfilet - in Folie hygienegerecht eingeschwei_t, ein mundgerechter Happen für den gro_en und hungrigen Einkaufswagen. Das Sortiment ist international, denn die Geschmäcker verschieden. Das wei_ auch Igor Hampl, Marketingchef der Gesellschaft für Konsumforschung in Prag, kurz GfK: \"Früher konnten die Menschen nicht reisen, heute können sie vergleichen. Und wenn sie heute ins Ausland nach Italien oder nach Spanien fahren, lernen sie neue Geschmäcker und neue Produkte kennen, zum Beispiel Meersfrüchte: Die gab es hier früher gar nicht und heute findet man sie in jedem Super- und Hypermarkt. Und das Wichtigste: Diese Dinge werden auch gekauft.\" Doch nicht das Angebot allein bestimmt die Nachfrage. Dass der Gro_einkauf am Rande der Stadt eine für Tschechen attraktive Lösung darstellt, erst Einkaufswagen, dann Kofferraum und schlie_lich Kühlschrank und Speisekammer zu Hause zu füllen, lässt sich nur durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher vor allem auch gesellschaftlicher Faktoren beschreiben, so Jana Myskova von der GfK: \"Das geht alles Hand in Hand. Auf der einen Seite die Art des heutigen Angestelltendaseins: Es ist nicht mehr so, dass man seine acht Stunden abarbeitet. Die Arbeit ist meist an Aufgaben orientiert, man macht also das, was man machen muss, auch wenn das zwei drei Stunden länger dauert. Diese neue Auffassung von Arbeit hängt wiederum damit zusammen, dass in Tschechien ein neues Phänomen aufgetaucht ist, und dieses hei_t Arbeitslosigkeit\". Arbeit als soziale Ressource ist seit der Wende von 1989 knapper geworden, sie gehört heute zu den Risikokategorien des Lebens - man kann sie verlieren. Wenn jemand einen Beruf oder auch nur Job hat, der ihm gefällt, dann wird er ihn auch halten wollen, erklärt Myskova. Doch wie passt das Thema Arbeit in die Nahrungskette tschechischer Einkaufsgewohnheiten? \"Der Lebensstil hat sich deutlich geändert, gleichzeitig hat sich auch das Angebot auf dem Markt deutlich geändert, damit haben sich dann auch deutlich die Einkaufsgewohnheiten geändert. Denn aus zeitlichen Gründen ist es viel bequemer nur einmal pro Woche anstatt täglich einkaufen zu gehen, Kleinigkeiten werden unter der Woche nur hier und da mal nachgekauft\". Gemeint ist nicht nur der Angestellten-Typus \"Workaholic\", sondern betroffen sind nahezu alle Berufstätigen, denn auch die Mobilität ist gestiegen, erklärt Myskova. \"Wenn Berufstätige heute eine Stunde zum Arbeitsplatz sowie eine Stunde Rückweg in Kauf nehmen, bevorzugen sie den einmaligen Gro_einkauf in der Woche\", erklärt die Konsumexpertin. So verwundert es nicht, dass vorwiegend Verbraucher im Alter zwischen 25 und 50 Jahren ihre Einkaufswagen durch die Konsumkorridore der Hypermärkte schieben. Berufstätig, kaufkräftig und mobil. Tiefkühlkost, nächste Abzweigung links, nur 200 Meter. \"Wenn ich einen gro_en Einkauf mache, dann fahre ich ins Einkaufszentrum. Dort kaufe ich dann gro_e und schwere Dinge, wie Mehl, Öl, Mineralwasser und Limonaden, die ich dann mit dem Einkaufswagen zum Auto schieben kann\". Meist fährt Jana Rumlova am Wochenende zum Gro_einkauf. Wenn die 36-Jährige unter der Woche einkauft, dann dort, wo sie auch wohnt, im Prager Stadtteil Vinohrady. \"Und Fleisch kaufe ich auch lieber hier im Laden\", betont die Mutter zweier Söhne. Das Kilo frisch vom Tresen ist auch 30 Kronen billiger als Eingeschwei_tes am Stadtrand wei_ Miroslav Sonka, der sein Fleischerei und Wurstwarengeschäft seit elf Jahren in Vinohrady betreibt. Zwar sind seine Einnahmen im vergangenen Jahr um ein Drittel zurückgegangen, aber an den Hypermärkten liege das nicht, meint der 48-Jährige. Wegen der Einbu_en sein Geschäft zu schlie_en, daran denkt er schon gar nicht: \"Auch weil die Leute uns hier im Stadtteil brauchen, denn der Kontakt zwischen Verkäufer und Kunden ist wichtig. Zwar kann sich der Kunde auch im Hypermarkt aussuchen, was er wünscht, aber wenn er eine Information braucht gibt sie ihm dort keiner, denn dort sind vor allem nichtqualifizierte Angestellte, wie ich festgestellt habe\". Sonkas Angestellte Irena hinterm Tresen hat ihre eigene Erklärung für den Boom der Hypermärkte: \"Gerade an Wochenenden, wenn die Leute raus auf die Hütte fahren, dann halten sie bei den Hypermärkten. Denn wo man auch rausfährt aus der Stadt, ob Richtung Mlada Boleslav oder nach Hradec Kralove, überall Hypermärkte\", meint sie. Und die Hütte, die so genannte Chata - grö_er als ein Schrebergartenhäuschen und kleiner als ein Ferienhaus - gehört zum Tschechen, wie zum Franzosen das Baguette. Die Stadtflucht zur Chata am Wochenende gilt heute als Überhang aus kommunistischen Zeiten, als Stadt noch urbaner Realsozialismus war und Chata die Idylle weit weg im Grünen bedeutete - jenseits von Politik und Plattenbau. Doch da ist noch mehr, wei_ Irena die Verkäuferin, der Hypermarkt liegt nicht nur auf dem Weg, er ist oft auch das Ziel: \"Na ja, ich rede ja auch aus eigener Erfahrung. Zum Beispiel Nudeln und solche Dinge: warum soll ich hier im Lebensmittelgeschäft 15 Kronen pro Packung bezahlen, wenn ich sie im Hypermarkt auch für 8 Kronen kaufen kann? Dann kaufe ich dort zehn Packungen und habe für den Monat Ruhe\". Ältere Tschechen haben den Stadtrand noch kaum entdeckt. Dafür jüngere Familien. Meist sind Hypermärkte Bestandteil von Einkaufszentren. Das tschechische Handels- und Industrieministerium schreibt in einem Bericht zum Familieneinkauf ohne Oma und Opa: \"Für die moderne tschechische Familie entwickelt sich der Besuch dieser Zentren zu einer Form der Freizeitgestaltung\". Das Phänomen Fun-Shopping habe auch den tschechischen Käufer erfasst, denn neben Lebensmittel-, Drogerie- und Fachmärkten gehören häufig Restaurants, Fast-Food-Ketten, Kinos und andere Vergnügungseinrichtungen zum Interieur der Konsumtempel. Vater-, mutter- und kinderfreundlich. Soziale und ökonomische Veränderungen haben in Tschechien Raum für ein neues Konsumverhalten geschaffen, doch nicht nur das Angebot auch das Unbewusste bestimmt die Nachfrage, sagt GfK-Marketingmann Hampl: \"Das Stichwort hier ist Marketing und Reklame, ein Riesenanteil geht dieses Jahr in die Medien, geschätzt sind das 15 Milliarden Kronen, das ist ein Zuwachs von 10 bis 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr\". Unter den 10 grö_ten Handelsgesellschaften, deren Marktanteil in Tschechien 30 Prozent beträgt, findet sich kein Unternehmen mit tschechischem Kapital. In den Regalen der globalen Ketten ist weltweit eine zunehmende Übereinstimmung der Sortimente zu beobachten. Dennoch, so eine Studie der GfK, werden die rund 320 Millionen Verbraucher in der EU auf mittlere Sicht wohl weiter an ihren kulturell eigenständigen Gewohnheiten festhalten. Das bedeutet für die international tätigen Hersteller, dass sie bei Marken und Produkten sowie bei Sortimentgestaltung, Verpackung, Promotion und Käuferbindung weiterhin die nationale Karte werden spielen müssen. Doch was sind die tschechischen Befindlichkeiten, welche Produkte werden trotz schleichender Vereinheitlichung des europäischen Binnenmarktes selbst auf lange Sicht nicht aus Regalen in Tschechien verschwinden? \"Gerade Knödel, die bleiben immer, auch wenn sie nicht mehr selbst zu Hause zubereitet werden, so werden sie doch immer gekauft werden\", so Myskova. Ihr Kollege nickt heftig mit dem Kopf: \"Ja\", sagt er, \"Knödel und Bier werden aus tschechischen Einkaufsmärkten nie verschwinden\".
Europas Einzelhandelskonzerne buhlen um Tschechiens Kunden
(RP, 24.09.2003] Autor: Sybille Korte
Wer in Prag einkaufen will, hat die Qual der Wahl. Nagelneue Einkaufspassagen mit Dutzenden von Boutiquen und gro_en Hypermärkten locken die Kunden in der Innenstadt. Auch an allen Ausfallstra_en haben sich in den vergangenen Jahren Einkaufsparks angesiedelt. In anderen Städten des Landes sieht es ähnlich aus. Der tschechische Kunde wird vom Einzelhandel umworben. Seit diesem Sommer mischt dabei auch die deutsche Discount-Kette Lidl mit. Im heutigen Wirtschaftsmagazin wirft Sybille Korte einen Blick auf die aktuelle Situation des Einzelhandels in Tschechien. Lidl je levny - Lidl ist billig. Mit diesem schlichten, aber einprägsamen Slogan wirbt seit dem Sommer die deutsche Discount-Kette Lidl in Tschechien. Seit Juni hat Lidl hier mehr als 30 Geschäfte eröffnet. Da schrillen bei den Konkurrenten im tschechischen Einzelhandel die Alarmglocken. Denn Lidl gilt als äu_erst aggressiv bei der Eroberung neuer Märkte. Und der Einzelhandelsmarkt in Tschechien ist schon jetzt so hart umkämpft wie kaum ein anderer in Europa. Tomas Drtina beobachtet die Entwicklung des Einzelhandels in Tschechien für das Prager Marktforschungsinstitut Incoma Reserach: \"Im Moment sind rund 15 gro_e internationale Ketten in der tschechischen Republik sehr aktiv. Und bei einem Blick auf die Rangliste der ersten zehn können wir sehen, dass sie alle zu internationalen Gruppen gehören. 1994/95 gab es noch ein tschechisches Unternehmen unter den Leadern. Aber die tschechischen Unternehmen hatten Probleme. Ihnen fehlte besonders das Geld und teils auch das Know How zur Führung einer gro_en Gesellschaft. So verloren sie an Boden und zur selben Zeit griffen Ausländer sehr stark an. Sie sahen einen neuen Markt, der sich entwickelte. So sind deutsche, niederländische und britische Gesellschaften massiv ins Land gekommen und haben viel Geld investiert.\" Zwei Drittel des tschechischen Einzelhandels, so schätzt Drtina, werden bereits von grö_eren Ketten kontrolliert. Die kleinen Tante-Emma-Läden verlieren Kunden. Viele Tschechen kaufen statt dessen jetzt lieber in Hypermärkten, Supermärkten oder Discountern ein. Die Hypermärkte bieten auf sehr gro_er Fläche alles unter einem Dach an, was man so zum Leben braucht: von Nahrungsmitteln über Kleidung bis hin zu Möbeln. Zu den Betreibern solcher Märkte in Tschechien gehören die grö_ten europäischen Einzelhandelskonzerne: Carrefour aus Frankreich, Metro und Rewe aus Deutschland, Tesco aus Gro_britannien und die Ahold-Gruppe aus den Niederlanden. Ein Kampf der Giganten sozusagen um die Gunst des tschechischen Kunden. Den höchsten Umsatz erzielt laut jüngstem Jahresüberblick von Incoma Research das Unternehmen Macro, das zur deutschen Metrogruppe gehört. Macro ist allerdings kein Einzelhändler im strengen Sinn, da nur Firmen oder Personen mit Gewerbeschein dort einkaufen können. Auf Macro folgt die niederländische Gruppe Royal Ahold. Sie betreibt in Tschechien die \"Hypernova\"- und \"Albert\"-Märkte. Die Deutschen sind im tschechischen Einzelhandel mit einer besonders breiten Palette vertreten, betont Drtina. \"Die Deutschen sind sehr stark, denn sie haben viele Gesellschaften in verschiedenen Marktsegmenten. Besonders stark sind sie in zwei Einzelhandelsbereichen: Erstens bei den Discountern. Es gibt zwei extrem starke Dicount-Ketten: das sind die Penny Märkte, die zur Rewe-Gruppe gehören, und die Plus Discounter von der Tengelmann-Gruppe. Und ich muss Kaufland erwähnen. Die Kaufland-Märkte sind im Moment in der Tschechischen Republik die beliebtesten Geschäfte. 17 Prozent der tschechischen Haushalte geben an, hauptsächlich dort für den täglichen Bedarf einzukaufen. Kaufland gehört zur Lidl-Schwarz-Gruppe. Wenn man die Unternehmen einzeln betrachtet, ist Kaufland im Moment wirklich der gro_e Gewinner.\" Die Lidl-Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm, die jetzt die Lidl-Discounter eröffnet, hat in Tschechien in den vergangenen sechs Jahren bereits 50 Kaufland-Hypermärkte aufgebaut. Das sind Geschäfte mit meist deutlich mehr als 2500 Quadratmetern Verkaufsfläche. Kauflands Konzept für Tschechien lautet: ein Gro_flächendiscounter mit billigsten Preisen und guten Dienstleistungen. Wenn jetzt Lidl mit kleineren Discountern folgt, wird der Konzern sich kaum selber Konkurrenz machen wollen. Lidl hat ein völlig anderes Konzept als Kaufland, glaubt Drtina: \"Kaufland ist eine Kombination aus Hypermarkt und Discounter. Diese Märkte bieten dem Kunden sehr vorteilhafte Preise, aber die Produktpalette ist viel breiter als bei Lidl. Lidl-Geschäfte sind viel kleiner. Lidl ist in Deutschland sehr erfolgreich und es scheint, dass es hier auch so sein könnte.\" Hypermärkte und Discounter werden bei den tschechischen Kunden immer beliebter. Das geht aus einer Studie hervor, die Incoma Research und die Prager Gesellschaft für Konsumforschung GfK diesen Sommer veröffentlichten. 40 Prozent der tschechischen Haushalte gaben in der Befragung den Hypermarkt als bevorzugte Einkaufsmöglichkeit an, bei 19 Prozent der Haushalte steht der Discounter an erster Stelle. Hypermärkte und Discounter haben gegenüber dem Vorjahr in der Kundengunst deutlich zugelegt. Traditionelle Geschäfte und Lebensmittelsupermärkte hingegen verlieren Kunden. Das traditionelle Geschäft nennen noch 22 Prozent der Haushalte an erster Stelle, den Lebensmittel-Supermarkt 19 Prozent. Dazu Tomas Drtina: \"Unsere Studien zeigen ziemlich gut, dass die Discounter es schaffen, jedes Jahr rund ein Prozent an Marktanteil zu gewinnen. Sie wachsen also langsam, aber jedes Jahr, vor allem durch Penny und Plus. Jetzt, mit der Expansion von Lidl, ist zu erwarten, dass der Marktanteil von Discount-Märkten weiter wachsen wird. Angst haben nun vor allem Einzelhandelsunternehmen mit Niederlassungen in kleinen Städten. Denn Lidl geht in Orte, die für Hypermärkte nicht attraktiv sind. Lidl kann es sich leisten, in Städte mit 5000, 10.000, 15 000 Einwohnern zu gehen. Die sind zu klein für gro_e Märkte, bringen Lidl aber immer noch genug Profit. Wir erwarten deshalb, dass der Marktanteil der Discounter auf rund 20 Prozent weiter wachsen wird.\" Fachkreise gehen davon aus, dass sich der Wettbewerb im tschechischen Einzelhandel weiter verschärfen wird. Überall im Land sind in den vergangenen Jahren hochmoderne Einkaufsparadiese aus dem Boden geschossen. Weitere sind in Planung. Im Moment herrscht eine Art Hypermarkt-Manie. Einige sind sogar rund um die Uhr geöffnet. Doch schon heute gibt es in Tschechien so viele Quadratmeter Hypermarkt-Verkaufsfläche pro Kopf wie nirgends sonst in Europa. Dabei hat die Kaufkraft der Tschechen höchstens die Hälfte der deutschen Kaufkraft erreicht. Kein Wunder, dass im Wettstreit um die Gunst der Kunden und ihr noch schmales Budget mit harten Bandagen gekämpft wird. In der Geschäftsleitung einer gro_en Discount-Kette hei_t es nach dem Start von Lidl zu den Zukunftsaussichten deshalb wörtlich: \"Der Wettbewerb wird mörderisch aussehen. Und irgendeiner wird dabei kaputt gehen.\" Zum Schaden der Kunden wird\'s nicht sein. Denn schon jetzt profitieren die Konsumenten vom Wettbewerb der Anbieter. Die locken mit immer niedrigeren Preisen und Sonderangeboten. Der lachende Dritte ist der Konsument.
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