Dänemark in den 30er Jahren
Ein kleines Land mit 4 Millionen Einwohnern und einer Dänisch sprechenden, lutherischen Bevölkerung mit nur wenigen kleinen ethnischen und religiösen Minderheiten. Im Laufe der Zeit hat Dänemark viele Einwanderer aus Deutschland, Holland, Schweden und Polen aufgenommen und schnell in die Gesellschaft integriert.
Die Außenpolitik war von friedlicher Konfliktlösung geprägt und Friedfertigkeit und demokratische Tradition bestimmten auch die innenpolitische Situation. Liberalismus mit einem starken Einschlag von sozialer Solidarität - was man seitdem als das "skandinavische Modell\" bezeichnet - prägte die dänische Politik. Der Lebensstandard gehörte damals wie heute zu den führenden in der Welt.
Der 9. April 1940
Deutschland griff Dänemark trotz des Nichtangriffspakts an, der ein Jahr zuvor auf deutsche Initiative hin eingegangen worden war. Dänemark war für eine militärische Verteidigung nicht gerüstet und so mußte der Kampf schnell aufgegeben werden. Die Regierung beschloß, ihre Tätigkeit fortzusetzen um Kampfhandlungen auf dänischem Boden zu verhindern, den deutschen Einfluß einzuschränken und einen Aufschwung der dänischen Nationalsozialisten zu verhindern. Dies war möglich, da Deutschland garantiert hatte, als Freund zu kommen und sich nicht in unangebrachter Weise in die inner-dänischen Verhältnisse einzumischen.
Zusammenarbeitspolitik und Widerstand
Die dänischen Behörden bemühten sich um eine enge Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht. Die Mehrheit der Bevölkerung war allerdings englisch-freundlich gesinnt, sie sahen aber ein, daß man sich in Europa auf eine deutsche Vorherrschaft einrichten mußte. Bis 1943 blieb die Situation in Dänemark friedlich.
In Berlin betrachtete man Dänemark als das "Musterprotektorat\" Deutschlands, während in London von "Hitlers Kanarienvogel\" die Rede war. Wichtig in dem Zusammenhang war auch, daß die Dänen als "germanisches\", "arisches\" Volk betrachtet wurden. Auf die Werbung der Nationalsozialisten fielen jedoch nur wenige Dänen herein. Die NSDAP konnte nie einen größeren Zustrom als 2 - 3 % der Bevölkerung verzeichnen, nur die deutsche Minderheit im Grenzgebiet schloß sich massiv dem Nationalsozialismus an.
Die Juden während der Besatzung
Die Besetzung durch die Deutschen setzte die dänischen Juden, um die 8.000, unter starken nervlichen Druck, da sie aus Zeitungen und persönlichen Verbindungen von der Judenverfolgung in Deutschland wußten. Die dänische Regierung erklärte, daß sie sich Rassengesetzen und diskriminierenden Eingriffen entgegensetzen werde. Die Synagoge, jüdische Schulen und andere Institute wurden unauffällig von jungen Juden bewacht und mit der Alarmzentrale der dänischen Polizei verbunden.
Stimmungsumschwung 1943
Stalingrad, El Alamein und die Landung der alliierten Truppen in Italien, große Bombardements norddeutscher Städte - viele dieser Ereignisse trugen dazu bei, daß die Stimmung in Dänemark von Anpassung in Trotz umschlug. Illegale Flugblätter wurden verteilt, deutsche Ziele und Betriebe, die für die Besatzungsmacht arbeiteten, wurden sabotiert. Die Saboteure begannen Sprengstoff einzusetzen und nahmen Verbindung mit England auf. Die Zusammenarbeitspolitik von Behörden und Organisationen wird kritisiert und die Bevölkerung lehnt eine weitere Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht ab, was sich in einer Generalstreikbewegung äußert. Am 29. August 1943 wird schließlich der militärische Ausnahmezustand über ganz Dänemark verhängt. Der SS-Gruppenführer Werner Best, von 1942 - 45 oberster Chef der Besatzungsmacht, wird von Hitler wegen seiner Weichheit beschimpft und beginnt daran zu arbeiten, "Politik der harten Hand\" gegenüber den Dänen durchzusetzen.
Die Judenaktion in Dänemark
Seit 1941 ist der systematische Völkermord an den Juden Europas voll im Gange. 3 Millionen Juden sind bereits bei den Massakern und in den Gaskammern der Vernichtungslager umgekommen.
Jetzt scheint auch der Zeitpunkt der "Endlösung\" in Dänemark gekommen zu sein. Die dänische Regierung hat ihr Amt niedergelegt, und die Dänen teilen mit, daß keine neue Regierung gebildet wird. Die Zusammenarbeitspolitik ist in ihrer bis dahin gekannten Form zusammengebrochen. Am 15. September 1943 befürwortet Hitler die Deportation der dänischen Juden. Die Vorbereitungen laufen sofort an. Deutsche Polizeieinheiten werden aufgestellt und Spezialisten aus der Abteilung Adolf Eichmanns kommen nach Kopenhagen.
Die Warnung
Am 28. September erfolgt eine unmißverständliche Warnung. An diesem Tag nimmt Werner Best den endgültigen Befehl aus Berlin entgegen. Über einen deutschen Diplomaten erfahren die ehemaligen Regierungsmitglieder davon und geben die Warnung an die jüdische Gemeinschaft weiter. Am nächsten Morgen wird die Warnung beim Gottesdienst in der Synagoge weitergegeben.
In der Nacht vom 1. zum 2. Oktober wurde die Aktion gestartet. Deutsche Polizei nahm Juden im gesamten Land fest. Die meisten Juden waren aus ihren Heimen verschwunden, und so konnten nur wenige hunderte verhaftet und nach Theresienstadt gebracht werden.
Die Menschenmauer
Breite Teile der dänischen Bevölkerung empfanden, daß die Deutschen mit der Aktion gegen die Juden mit jeglicher Anständigkeit gebrochen und den dänischen Gerechtigkeitssinn gekränkt hatten. Verstecke mußten gefunden, Verpflegung und Transportmöglichkeiten zur Küste organisiert werden. Ärzte, Pastoren und Studenten beteiligten sich besonders aktiv an der Hilfsarbeit. Die dänische Polizei und der Küstenschutz weigerten sich, bei der Menschenjagd zu helfen.
Überfahrt nach Schweden
Die geographische Lage war ein wichtiger Faktor. Die Entfernung zwischen der dänischen Ostküste und Schweden beträgt stellenweise nur wenige Kilometer. Anfangs flüchteten viele Kleinboote, ja sogar Kanus. Dabei kam es zu tragischen Unfällen.
Die Fischer spielten eine zentrale Rolle bei der Rettungsaktion. Sie schmuggelten Juden an den deutschen Küstenpatrouillen vorbei, und riskierten damit ins Gefängnis oder Konzentrationslager zu kommen. Siebentausend Menschen wurden im Laufe weniger Tage in Fischkuttern und anderen Kleinbooten übergesetzt. Erfahrung und Kontakte, die sich aus der Hilfsarbeit ergeben hatten, kamen der Widerstandsbewegung zugute.
Deportierte aus Dänemark
am 2. Oktober aus Kopenhagen 202
aus Jütland/Fünen 82
am 13. Oktober und 23. November 190
später 7
Deportierte insgesamt 481
Dänemark in den letzten Kriegsjahren
Nach der Aktion gegen die Juden wurde der Ausnahmezustand aufgehoben, eine neue dänische Regierung kam jedoch nicht zustande. Die Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht wurde auf ein Minimum reduziert.
Am 5.Mai 1945 wurde die deutsche Kapitulation zur Realität und eine Regierung, die zur Hälfte aus Freiheitskämpfern und Politikern der alten Parteien bestand, wurde gebildet.
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