Der preußische Staat ist in seiner wirtschaftlichen Entwicklung phasenweise von ganz herausragenden innovativen Zügen geprägt und seinen Aufstieg im 17./18. Jahrhundert als auch seine hegemoniale Stellung im 19. Jahrhundert in Deutschland hat er ganz besonderen wirtschaftlichen Erfolg zu verdanken. Der Hohenzollern-Staat ist in der Mitte des 17. Jahrhunderts, vor allem verglichen mit den reichen Landesherrschaften des Reiches wie Sachsen oder auch dem habsburgischen Österreich, ein bitterarmes Land.
Vornehmlich durch die katastrophalen Folgen des Dreißigjährigen Krieges sind weite Landstriche menschenleer, die Wirtschaft liegt am Boden. Bereits dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm gelingt es aber, mit einem an den merkantilistischen Grundsätzen des Zeitalters ausgerichteten Aktionsprogramm die Wirtschaft Brandenburg-Preußens wieder aufzurichten. Durch ein neues Steuersystem (Akzise als Verbrauchssteuer) sowie Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur durch die Verbesserung der Verkehrsverbindungen, in erster Linie dem Bau von Kanälen, sowie durch umfangreiche Peuplierungsmaßnahmen, d.h. die Anlockung und Ansiedlung von Menschen (und zwar in erster Linie Fachleuten) aus vielen Ländern Europas, gelingt es Friedrich Wilhelm, die Anfänge für eine allmähliche wirtschaftliche Gesundung des Landes zu legen. Diese Aufnahme von Verfolgten und Exilanten aus vielen Ländern Europas und dem Deutschen Reich soll eines der durchgehenden Markenzeichen Hohenzollernscher Bevölkerungspolitik im 17.
und 18. Jahrhundert werden. Religiös-weltanschauliche Toleranz wird somit zum notwendigen Staatsprogramm Preußens. Unter Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig, werden es verfolgte Salzburger und böhmische Emigranten sein, Friedrich II. lässt in seiner Regierungszeit Kolonisten u.
a. aus der Pfalz, der Schweiz und aus Württemberg in den neu kultivierten Landstrichen ansiedeln. Diese Menschen bringen durch ihre Anwesenheit nicht nur Arbeitskraft und wirtschaftliche Konsumtion nach Preußen, sondern auch neue wirtschaftliche Methoden und Fertigkeiten, die ganz erheblich zum rasanten ökonomischen Aufstieg des Landes beitragen. Sie bilden aber gleichzeitig, und dies ist für Preußen nicht weniger wichtig, Nachschub für den schier unersättlichen Bedarf der königlichen Armee an Soldaten. Wesentliches Kennzeichen der preußischen Wirtschaftspolitik der Frühen Neuzeit ist es, dass Innovationen und wirtschaftliche Wachstumsstrategien in erster Linie durch die Landesherren bzw. seine Verwaltung in Gang gesetzt werden müssen und weniger von den wirtschaftlich tätigen Bürgern der Monarchie.
Diese staatswirtschaftliche Ankurbelung ist in Preußen aber gleichzeitig die einzige Möglichkeit, das darbende Land voran zu bringen. Denn anders als in den zu dieser Zeit führenden Wirtschaftsmächten England, Frankreich und vor allem den Niederlanden fehlt in Brandenburg-Preußen in ausreichendem Maße ein wirtschaftlich tätiges Bürgertum, das Träger des ökonomischen Fortschrittes hätte sein können. Ein wesentlicher Moment, der gerade die Hohenzollernschen Landesherrn zum Streben nach wirtschaftlichem Erfolg für ihr Land antrieb, stellt das calvinistische Bekenntnis der Landesherrn dar. Die Normen und Maximen calvinistischer Lebensführung lassen nach Max Weber die preußische Staatselite eine Arbeitsmoral entwickeln, bei der wirtschaftlicher Erfolg, Effizienz und Gemeinnützigkeit der Staatsverwaltung ein richtungsweisendes und modernes Bündnis eingehen, das für den wirtschaftlichen Aufstieg Preußens nicht unerheblich ist. Diese Zusammenhänge lassen sich insbesondere für den zweiten, für die Wirtschaft des klassischen Preußens wichtigen Herrscher, den Soldatenkönig, nachweisen. Er formt nicht nur eine europäische Militärmacht, sondern lässt das Land auch wirtschaftlich einen bedeutenden Sprung nach vorne machen.
In der Regierungszeit des Soldatenkönigs, in der das Streben nach dauerndem wirtschaftlichen Gewinn, im Mittelpunkt der Politik steht, erreicht Preußen ökonomische Stabilität und Prosperität. Erst diese Grundlage ermöglicht seinen Aufstieg auch zu einer der Wirtschaftsmächte Deutschlands im 18. Jahrhundert und lässt die militärische Expansion seines Sohnes, Friedrich II., in den darauffolgenden Jahrzehnten überhaupt erst denkbar werden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter Friedrich II.
erfährt die Wirtschaft des Landes durch die langjährigen und auch kostspieligen Kriege des Preußenkönigs eine ziemliche Zerrüttung. Andererseits gelangen durch die Eroberung Schlesiens auch neue, zukunftsträchtige Bergbauregionen mit Bodenschätzen in das preußische Herrschaftsgebiet. Im Bereich der landeskulturellen Arbeiten, insbesondere durch die Kolonisation, Trockenlegung und Urbarmachung des Oder- sowie des Netze- und Warthebruchs mit der Ansiedlung großer Zahlen von Siedlern vor allem aus dem westlichen Reichsgebiet, erreicht aber auch Friedrich II. wirtschaftliche Fortschritte. So verdreifachen sich in seiner beinahe ein halbes Jahrhundert dauernden Regierungszeit die Staatseinnahmen Preußens. Die Wirkungen der für Preußen typischen Staatswirtschaft auf die ökonomische Entwicklung des Landes sind in der Forschung umstritten.
Tatsache ist aber, dass Preußen in den eineinhalb Jahrhunderten zwischen dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs und den Napoleonischen Kriegen deutliche wirtschaftliche Fortschritte erreicht. Der modernste Staat des 17. und 18. Jahrhunderts gehört um 1800 auch ökonomisch zu den am meisten entwickelten Staaten Europas. Die Katastrophe der napoleonischen Besetzung bringt Preußen auch wirtschaftlich an den Rand des Zusammenbruchs. Insofern sind die Reformgesetze der Zeit nach 1806, was ihre wirtschaftlichen Bereiche und Folgen betrifft, auch eine bittere Notwendigkeit, um den Staat überhaupt noch wirtschaftlich-finanziell am Leben zu erhalten.
Tatsächlich gehören die wirtschaftlichen Reformen nach 1806 zu den erfolgreicheren Neuerungsmaßnahmen des gesamten Staats- und Sozialgefüges Preußens zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Mit der Bauernbefreiung ist eine Voraussetzung des folgenden wirtschaftlichen Aufschwungs der nächsten Jahrzehnte gegeben. Ähnliches gilt für die Gewährung der vollständigen Gewerbefreiheit, da diese überhaupt erst die Mobilität großer Menschenmassen, die Bewegung der ländlichen Bewohner Preußens in die wachsenden Industriestädte des Landes möglich macht. Die preußische Staatsverwaltung ihrerseits erreicht mit einigen wichtigen Maßnahmen, der zu diesem Zeitpunkt daniederliegende Wirtschaft des Landes auf die Beine zu helfen. Zum einen verwirklicht Preußen mit dem Zollgesetz von 1818 zunächst ein eigenes einheitliches Zollgebiet ohne Binnenzölle.
Der preußisch-hessische Zollverein von 1828 erweitert dieses zollfreie Gebiet, bis dann Preußen als wichtigstes Gründungsmitglied des Deutschen Zollvereins von 1834, das bereits dasjenige des späteren Deutschen Kaiserreiches annähernd vorwegnimmt. Darüber hinaus gelingt es der preußischen Wirtschafts- und Bildungsbürokratie, durch die Gründung von neuen Gewerbe- und Technikerschulen sowie durch die gezielte Förderung der Anwendung der neuesten technologischen Kenntnisse den wirtschaftlichen Fortschritt durch geeignetes Personal und innovative Methoden zu unterstützen. Somit wird Preußen seit etwa 1830 zwar wesentlich später als etwa England als Mutterland der Industriellen Revolution von der Industrialisierung erfasst. Einen bedeutenden Anteil daran, dass Preußen jetzt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die wachsende Wirtschafts- und Industriemacht in Mitteleuropa wird, hat der territoriale Zugewinn, den das Land durch den Sieg über Napoleon und den Wiener Kongress erreicht. Mit dem Erwerb des Rheinlandes 1815 verfügt Preußen im 19.
Jahrhundert mit dieser Region sowie der durch die Residenz- und Hauptstadtfunktion wirtschaftlich potenten Berliner Zentrallandschaft und Schlesien über die drei ökonomischen Wachstumsregionen Mitteleuropas. Durch die in den folgenden Jahren erschlossenen Kohlevorkommen in Schlesien und dem Rheinland sowie der dort folgenden rasanten Industrialisierung wächst Preußen auch in wirtschaftlicher Hinsicht bis Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer europäischen Großmacht heran. Insgesamt erreicht Preußen im Industrialisierungszeitalter viele große Fortschritte. Es entwickelt sich im 19. Jahrhundert hinter England und Frankreich zur dritten Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent.
Nachdem es politisch bereits eine Großmacht darstellt, wird es eine solche jetzt auch auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Zeit von 1770 bis 1873 war eine Zeit der Umbrüche. Der Einsatz der Dampfmaschine und die Entwicklung des Verkehrs waren wichtig. Es gab eine elementare Verbreitung der Kommunikation. Der Wachstum der Mobilität der Gesellschaft war die Bedingung für Demokratie. Durch die neue Mobilität wurde das Kennenlernen von Neuem erleichtert.
Die zwei Jahre von 1871 bis 1873 nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges und der Reichsgründung waren durch einen starken wirtschaftlichen Aufschwung gekennzeichnet. Die Ursachen waren eine allgemeine deutsche Euphorie angesichts des Sieges über Frankreich, ein Nachfrageüberhang nach den Produktionseinschränkungen des Krieges, die Schaffung eines deutschen Großwirtschaftsraumes durch den weitgehenden Zollabbau, und nicht zuletzt die französischen Kriegsentschädigungen in Höhe von 5 Mrd. Goldfrancs, die zu einer erheblichen Geldmengenausweitung führten und dem Reich eine rasche Rückzahlung seiner Anleihen ermöglichten. Durch ein schon 1870 erlassenes Gesetz gefördert, das nur mehr die Registrierungs-, nicht aber die Genehmigungspflicht vorschrieb, wurden in den zwei Jahren 843 Aktiengesellschaften gegründet. Die großen Gefühle der Gründerjahre endeten 1873 mit einem allgemeinen Kurssturz und leiteten eine langanhaltende Konjunkturschwäche. Die Gründerkrise hatte zur Folge, dass der Staat wieder mehr in die Wirtschaftsabläufe eingriff und sich somit vom Wirtschaftsliberalismus verabschiedete .
So führte man 1879 Schutzzölle auf ausländische Importe ein, um den deutschen Markt zu schützen. Im Deutschen Reich wurde das Preisniveau künstlich über dem des Weltmarktniveaus gehalten. Diese Zölle wurden sowohl auf Rohstoffe und Fertigwaren als auch auf landwirtschaftliche Erzeugnisse erhoben. Tatsächlich erhöhten sich dadurch die Preise für Industriewaren, die lang anhaltende Aufwärtsbewegung blieb jedoch aus. Die während der Gründerjahre geschaffenen Überkapazitäten existierten schließlich immer noch und konnten auch jetzt noch nicht im Ausland abgesetzt werden, da viele andere europäische Staaten ebenfalls zu ,protektionistischen' Maßnahmen griffen. |