Die Mitglieder der Swing-Jugend stammten aus dem großstädtischen Bürgertum. Sie orientierten sich nicht an den Werten und Traditionen der bündischen Jugend und hatten wenig Interesse an Politik. Vielmehr wollte die Swing-Jugend ein freieres Leben und ihre eigene Kultur haben. Das brachte sie durch ihr Interesse für die Jazz-Musik und den amerikanisch-englischen Lebensstil zum Ausdruck. Die berühmtesten Swing-Musiker waren Benny Goodman und Glen Miller. Man hörte englische und amerikanische Schallplatten, kleidete sich dementsprechend, gründete Swing-Bands und veranstaltete Swing-Parties.
Die Kleidung der Swing-Jungen bestand aus extrem langen Jacketts mit großem Karomuster, weitgeschnittenen Hosen und einen nie aufgespannten Regenschirm, als eine Art Kultobjekt. Außerdem trugen sie längere Haare, die bis zum Jackettkragen reichten. Man begrüßte sich mit "Swing-Heil" und gab sich Spitznamen wie "Swing Boy", "Swing Girl\" \" oder "Old-Hit-Boy". Die Swing-Mädchen trugen kurz geschnittene Kleider oder lange Hosen, schminkten sich, benutzten Lippenstift und lackierten sich die Fingernägel. Das alles passte nicht in die Ideologie der Nazis, besonders bei den Mädchen, die gegen die Nazi-Auffassung "die deutsche Frau schminkt sich nicht" verstießen. Swing war für die NS-Ideologen "jüdische Niggermusik" und deshalb verboten.
In den meisten Cafes und Tanzlokalen waren deshalb überall von der Reichsmusikkammer gut sichtbar Schilder angebracht worden, mit der Aufschrift "Swing tanzen verboten". Am 12.10.35 wurde Swing von Eugen Hadamovsky (Leiter der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft) mit den Worten verboten: "Mit dem heutigen Tag spreche ich ein endgültiges Verbot des Niggerjazz für den gesamten Deutschen Rundfunk aus." In einem Bericht der "Reichsjugendführung" heißt es: "Die Angehörigen der Swing-Jugend stehen dem heutigen Deutschland und seiner Polizei, der Partei und ihren Gliederungen, der HJ, dem Arbeits- und Wehrdienst, samt dem Kriegsgeschehen ablehnend oder zumindest uninteressiert gegenüber. Sie empfinden die nationalsozialistischen Einrichtungen als einen "Massenzwang".
Das große Geschehen der Zeit rührt sie nicht, im Gegenteil, sie schwärmen für alles, was nicht deutsch, sondern englisch ist." Dieses in den Augen der Nazis abweichende Verhalten führte zu einem unnachgiebigen Vorgehen der NS-Machthaber gegen die Swing-Jugend. In einem Bericht vom 8.1.1942 an den Reichsführer-SS Himmler heißt es unter anderem: "In Hamburg hat sich in den Oberschulen bzw. in der Jugend der Kaufmannschaft eine sogenannte Swing-Jugend gebildet, die zum Teil eine anglophyle Haltung zeigt.
.. Da die Tätigkeit dieser Swing-Jugend in der Heimat eine Schädigung der deutschen Volkskraft bedeutet, halte ich die sofortige Unterbringung dieser Menschen in ein Arbeitslager für angebracht..." Die für Himmler typische Antwort am 26.
1.1942 lautete: "Meines Erachtens muss jetzt das ganze Übel radikal ausgerottet werden. Ich bin dagegen, dass wir hier nur halbe Maßnahmen treffen. Alle Rädelsführer...
sind in ein Konzentrationslager einzuweisen... Der Aufenthalt im Konzentrationslager für diese Jugend muss ein längerer, 2-3 Jahre sein...
Nur wenn wir brutal durchgreifen, werden wir ein gefährliches Umsichgreifen dieser anglophylen Tendenz in einer Zeit, in der Deutschland um seine Existenz kämpft, vermeiden können." Was die NS-Führung von der Swing-Jugend hielt, geht aus der "Sofort-Aktion gegen die Swing-Jugend" vom 18.8.1941 hervor: "...
Es handelt sich hier z. T. um degenerierte und kriminell veranlagte, mischblütige Jugendliche, die sich zu Cliquen bzw. musikalischen Gangster-Banden zusammengeschlossen haben und die gesund empfindende Bevölkerung durch die Art ihres Auftretens und die Würdelosigkeit ihrer musikalischen terrorisieren...
" In der Folgezeit wurden über 300 Mitglieder der Swing-Jugend verhaftet. Sie kamen als "Schutzhäftlinge" ins Hamburger Gestapo-Gefängnis und ins KZ Fuhlsbüttel. Die Verachtung der Nazis gegenüber der Swing-Jugend zeigte sich darin, dass sie dort zu besonders schweren Arbeiten herangezogen wurden. Die Verhaftungswelle hatte zur Folge, dass einige Swing-Jugendliche begannen, den Nationalsozialismus auch politisch abzulehnen. Sie fingen an, antifaschistische Flugblätter zu verteilen. Das hatte wiederum zur Folge, dass sie mit dem Hamburger Teil der Weißen Rose in Kontakt kamen.
Es handelte sich um drei Mitglieder der Weißen Rose, die mit dem Lebensstil der Swing-Jugend sympathisierten. Zu einer regelrechten Zusammenarbeit mit den Swings kam es allerdings nicht. Doch dieser bloße Kontakt reichte den NS-Machthabern, auch einige Swings wegen Hochverrat, staatsfeindlicher Propaganda und Wehrkraftzersetzung vor dem Volksgerichtshof anzuklagen. Der Prozess und die zu erwartenden Todesurteile wurden durch den Einmarsch der Alliierten verhindert. Nach 1945 durfte wieder Swing gespielt werden, doch das Schicksal der Swing Jugend wurde vergessen.
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