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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kunst- und dichtungstheorie



Die Kerngedanken der romantischen Welt- und Kunstanschauung waren die Prinzipien der Universalität und der Assimilation. Im 116. Athenäums-Fragment wird als Prämisse der "Universalpoesie" die "Willkür des Dichters" genannt, die "kein Gesetz über sich leide". Die Persönlichkeit des Künstlers wurde als katalysatorische Wesenheit aufgefasst, die synästhetisch die facettenreiche Welt in sich aufnahm und im schöpferischen Prozess ebenso vielgestaltig "poetisiert" neu erstehen ließ. Daran knüpfte sich der Anspruch, mit einer "progressiven Universalpoesie" die getrennten Gattungen wieder zu vereinen und mit Philosophie, Religion und Kunsttheorie in Beziehung zu setzen.
Dabei standen im Gegensatz zu einer rationalistischen Dichtungsauffassung Stimmung und Erlebnis, nicht selten Traumerfahrungen im Vordergrund. Dem Vorrang des Unbewusst-Alogischen in Realitätssicht und Schaffensweise entsprach das oft Fragmentarische und Aphoristische der künstlerischen Ausdrucksform. Obwohl der Nuancenreichtum des Romans dem Universalitätsanspruch der Romantiker entgegenkam, blieb die große Prosaform aus diesem Grunde die Ausnahme. Die an sich ereignisbetonte Dramatik wiederum litt unter den Verschmelzungstendenzen von Epik, Drama und Lyrik und blieb demgemäß schwach ausgeprägt. Die bedeutendsten Leistungen erzielte die Romantik auf dem Gebiet der Lyrik als der poetischen Gattung, die ihrer subjektivistischen Daseinshaltung und Artikulationsweise am meisten entsprach. Zu den wichtigsten programmatischen Schriften der Romantik gehören Friedrich Schlegels Über Goethes Meister (1798), die Athenäum-Fragmente (1798) und Gespräch über die Poesie (1800).
Die theoretischen Ansätze und Werke der romantischen Dichtung gaben wiederum der zeitgenössischen Kunst und Musik starke Impulse, vor allem hinsichtlich des Naturempfindens, der Märchenmotive und der Sensibilisierung für das Mittelalter. Sowohl die romantischen Maler, wie Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge oder die Nazarener, und Musiker, wie Franz Schubert und Felix Mendelssohn, artikulierten ihrerseits in theoretischen Abhandlungen ihre Kunstanschauung und wirkten auf die Literatur zurück. Ein in seiner Vielseitigkeit exemplarischer romantischer Künstler war E. T. A. Hoffmann, der neben seinen erzählerischen Qualitäten auch Beachtliches als Musiker und Zeichner leistete.

Lyrik
Die romantische Lyrik stand im Spannungsfeld einer am Volkslied orientierten Schlichtheit und höchster sprachlicher Virtuosität. Zu der von Herder eingeleiteten und von Arnim und Brentano fortgeführten Rückbesinnung auf Volkslied und Volksdichtung traten Einflüsse der u. a. von Goethe begründeten Erlebnis- und Naturlyrik sowie als spezifisch romantische Elemente ein mystisch erfahrenes Christen- und idealisiertes Künstlertum. Zu den bedeutendsten frühen Zeugnissen romantischer Lyrik gehören Novalis' Geistliche Lieder (1799) und seine Hymnen an die Nacht (1800). Anders als Edward Young, der, hierin ein Vorläufer der Schauerromantik, in Night Thoughts (1742-1745) seine philosophischen Betrachtungen mit dem makabren Reiz der Friedhofsszenerie verband, ging Novalis von einem poetisch-idealisierten Bild des Nächtlichen aus, in dem der Tod in wollüstiger Hingabe und als neues Leben im christlich-pietistischen Sinne erfahren wird.
Volkstümlich wurde die Lyrik von Ludwig Uhland (Gedichte, 1815) Eichendorff (Gedichte, 1837), Eduard Mörike (Gedichte, 1838), Wilhelm Müller (Die schöne Müllerin, 1821) und Adelbert von Chamisso (Gedichte, 1831). Während bei Eichendorff und anderen das Naturerlebnis überwog, waren bei Chamisso erstmals soziale Themen präsent (Die alte Waschfrau). Die frühe Lyrik Heinrich Heines setzte sich zwar ironisierend von der sentimentalen Spielart der romantischen Dichtung ab, blieb ihr aber motivisch und hinsichtlich der Auffassung des lyrischen Ich verpflichtet (Die Harzreise, 1827).


Drama
Dem in den frühen Dramen A. W. Schlegels (Ion, 1802) und Friedrich Schlegels (Alarcos, 1802) wirksamen antiken Vorbild stand bei Ludwig Tieck (Der gestiefelte Kater, 1797; Ritter Blaubart, 1797; Leben und Tod der heiligen Genoveva, 1800; Kaiser Oktavian, 1804) die Orientierung an Shakespeare sowie die spätere Wendung zur Integration epischer und lyrischer Formen gegenüber, ähnlich wie bei Brentano (Ponce de Leon, 1804; Die Gründung Prags, 1815) und Arnim (Halle und Jerusalem, 1881). Romantisch-phantastische Züge trugen die Dramen Die Familie Schroffenstein (1803) und Das Käthchen von Heilbronn (1808) von Kleist, der später mit Der zerbrochene Krug (1811) das moderne Lustspiel mitbegründete. Zacharias Werner hingegen, der sich an Schiller und (wie Brentano) an Calderón orientierte, repräsentierte die romantische Schicksalstragödie (Der vierundzwanzigste Februar, 1810) und dramatisierte, wie später auch Fouqué (Der Held des Nordens, 1810) und Eichendorff (Der letzte Held von Marienburg, 1830), in patriotisch-idealisierender Darstellung Themen der germanischen Vorzeit und der deutschen Geschichte (Das Kreuz an der Ostsee, 1806).

Erzählprosa

Friedrich Schlegels in seinem Brief über den Roman (1798) geäußerte Ansicht, romantisch sei, was "einen sentimentalen Stoff in einer phantastischen Form" darstelle, prägte in weiten Zügen das Bild der romantischen Erzählprosa. Als Vorbild hinsichtlich des thematischen Spektrums und der äußeren Form galt unbestritten Goethes 1795 und 1796 erschienener Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre, außerdem Wilhelm Heinses Ardinghello und die glückseligen Inseln (1787) sowie die Romane von Jean Paul. Die Romanprojekte der Frühromantik, wie Novalis' Heinrich von Ofterdingen (1802) und Tiecks Geschichte des Herrn William Lovell (1795-1796), der deutlich an Heinse anknüpfte, folgten dem Muster des Bildungs- und Entwicklungsromans oder gewannen, wie Friedrich Schlegels Aufsehen erregende Lucinde (1799), den Charakter eines Essays in epischem Gewand (bei Schlegel eine Abhandlung über das romantische Konzept der Ehe, mit deutlichen autobiographischen Bezügen). Das Ideenlastige sowie das Aufbrechen der Form durch die Einlage von Gedichten, Liedern und narrativen Binnentexten beeinträchtigte indessen (ähnlich wie im Fall des romantischen Dramas) häufig das Ergebnis, so dass der Roman innerhalb der Erzählprosa wenig Bedeutung gewann.
Eine Ausnahme machte der - allerdings meist in trivialer Form auftretende - Schauerroman, wie E. T. A. Hoffmanns durch Matthew Gregory Lewis angeregte Elixiere des Teufels (1815-1816). Die romantische Novellistik zeichnete sich gleichfalls durch phantastische Prägung aus. Sie lehnte sich an das Vorbild des Volksmärchens an, wie Tiecks Der blonde Eckbert (1797), Fouqués Das Galgenmännlein (1816) und Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts (1826), oder bewegte sich im Bereich einer gespenstisch-verfremdeten, unheimlichen Alltagswelt, wie die Fantasiestücke in Callots Manier (1813-1815) und die Nachtstücke (1816) von E. T. A. Hoffmann. Hoffmann schuf mit Der Goldene Topf zugleich ein exemplarisches romantisches Kunstmärchen, in dem sich übernatürliche Elemente mit Gesellschaftssatire und kunstphilosophischen Betrachtungen mischen. Sehr populär war in der Phantastik das - auch in Goethes Faust präsente - Motiv des Teufelspaktes, das u. a. Chamisso in seiner Meistererzählung Peter Schlemihls wundersame Geschichte (1814) aufgriff.
Ein populäres Verfahren war die Einbindung mehrerer Erzählungen oder Novellen in einen fiktiven Gesprächsrahmen, in dem poetologische, kunsttheoretische und andere Fragen im Zusammenhang mit den Binnentexten diskutiert wurden. Neben Boccaccios langfristig wirksamem Muster (Decamerone, 1348-1353) waren hier Goethes Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten (1794-1795) vorbildlich für Tieck (Phantasus, 1812-1816) und Hoffmann (Die Serapionsbrüder, 1819-1821). In beiden Werken ist in Text und Gespräch ein zentrales Thema das "Wunderbare in der Literatur", das - ausgehend von den Schriften Johann Jacob Bodmers (Kritische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie, 1740) und Johann Jakob Breitingers (Kritische Dichtkunst, 1740) - die gesamte Erzählkunst der Romantik beherrschte und sich als wirkungsmächtigstes poetologisches Erbe der Epoche erwies. Vor allem bei Hoffmann standen phantastisch-transzendentale Phänomene als Manifestationen eines "höheren Seins" durchweg im Zusammenhang mit der Suche nach Welterkenntnis und der Vervollkommnung des Menschen im Kunstwerk.
Übersetzungen
Zunächst angeregt durch die Beschäftigung mit älteren literarischen Vorbildern, wie Shakespeare und Calderón, später durch die Idee einer nationenübergreifenden Literatur, entstanden in der deutschen Romantik zahlreiche Übersetzungen von hohem Niveau. Die bedeutendste Leistung war die Übertragung der Dramen Shakespeares, die von Caroline und A. W. Schlegel begonnen (1797-1810) und von Tieck, seiner Tochter Dorothea und Wolf Graf von Baudissin vollendet wurde (1825-1840). Schlegel übersetzte ferner die Dramen Calderóns (1803), Tieck Cervantes' Don Quijote (1799-1801).
Übersetzungen und Nachdichtungen der Werke von Homer, Vergil, Ovid, Horaz u. a. durch Johann Heinrich Voß erschlossen die Literatur der griechisch-römischen Antike erstmals breiten Bevölkerungsschichten. Mit angeregt durch Friedrich Schlegels Beschäftigung mit der indischen Dichtung folgten Übersetzungen der chinesischen und anderer asiatischer sowie orientalischer Literaturen. Die hierdurch ermöglichte Verbreitung dieser Werke war von weit reichender Wirkung auf die deutsche Literatur- und Theaterwelt.

 
 

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