Aufgrund seiner Außenpolitik hatte Bismarck den Erwerb von Kolonien bis 1884/85 abgelehnt. Zudem waren Kolonien für den Staat immer eine kostspielige Sache, die eigentlich nur für die Wirtschaft Vorteile brachten. Der Reichskanzler wollte nicht die Gefahr von Spannungen mit Frankreich und England eingehen. 1884/85 folgte aus außen- (Prestige) und innenpolitischen (viele Zeitgenossen forderten, dass auch Deutschland Kolonien besitzen sollte) sowie wirtschaftlichen (man erhoffte sich Absatzmärkte und Rohstoffe) Gründen eine Änderung seiner Politik. Zunächst gewährte er in Übersee lebenden deutschen Kaufleuten und Abenteurern seinen Schutz (Adolf Lüderitz, Gustav Nachtigall und Carl Peters). Somit legte er einen wichtigen und grundlegenden Baustein für das deutsche Kolonialreich. Jedoch blieb Bismarck ein eher zurückhaltender Kolonialpolitiker.
Eine Gruppe Bremer Kaufleute tauschten im Mai 1883 200 alte Gewehre und 100 englische Pfund gegen eine Meeresbucht in Südwestafrika und das angrenzende Land, auf das sie die deutsche Flagge setzten.
1884: Gründung der "Gesellschaft für deutsche Kolonisation" von Carl Peters.
1884/85: Bismarck versuchte sich England auf der Kongo-Konferenz als Schlichter unentbehrlich zu machen, um Streitigkeiten mit ihnen zu vermeiden.
Hier erhält Deutschland die Schutzmacht über Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo, Deutsch- Ostafrika, sowie einige Südseekolonien (Kaiser-Wilhelm-Land, Marshall-Insel und Bismarck-Archipel.)
Grundregeln für Bismarcks Außenpolitik:
1. Deutschland ist gesättigt (saturiert) und sollte möglichst keine Kolonien erwerben, sondern in Europa Bündnisse schließen, um ein Bündnis gegen Deutschland zu vermeiden.
2. Das europäische Mächtegleichgewicht soll erhalten bleiben. Bei neuen Gebieten sollen sich die Mächte absprechen und gegebenenfalls kompensieren, d.h. wenn ein Staat ein neues Gebiet bekommt soll er ein anderes abgeben, falls dadurch das Mächtegleichgewicht in Gefahr ist.
3. Man möchte nicht, dass Spannungen in Deutschland ausgetragen werden. Diese sollen entweder in Kolonien stattfinden oder in Randgebieten Europas.
Differenzen mit Großbritannien
Als Deutschland ab 1884 Kolonien in Afrika erwarb, stieß dies bei England nicht gerade auf Beifall. Jedoch erkannten sie, nachdem Bismarck ihnen auf der Berliner Kongo-Konferenz beigestanden hatte, das Recht auf weltpolitische Mitsprache für das Deutsche Reich an. Auf dieser Konferenz war Bismarck sogar bereit die neuen Kolonien wieder zu privatisieren, was aber der Koloniallobby schließlich mißfiel.
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