M.K. Gandhi ( 1869-1948) war ursprünglich in England ausgebildeter Rechtsanwalt. Die drei Kernbegriffe in Gandhis religiös-politischem Denken waren : Wahrheit, Gewaltlosigkeit , Keuschheit.
Die Wahrheit war für ihn das höchste Prinzip des Seins (=Gott) . Unter Gewaltlosigkeit verstand er nicht nur passiven Widerstand, sondern auch den Versuch, dem Gegner mit Liebe zu begegnen ( "echte Gewaltlosigkeit setzt die Fähigkeit zur Gewaltanwendung voraus, sonst ist sie Hilflosigkeit"). Mit Keuschheit meinte er, neben sexueller Enthaltsamkeit , vorallem Beherrschung der eigenen Sinne und Affekte.
Gandhi trug die Nationalbewegung, die von der kleinen elitären Bürgerschicht ausging, in das indische Volk und wurde dafür von diesem wie ein Heiliger verehrt. ( Ehrentitel mahãtmã = "dessen Seele groß ist")
Für seine Widersacher (vorallem Intellektuelle) aber war die ständige Vermischung von Religion und Politik und seine Sozialethik ( "die Reichen als Treuhänder der Armen") unannehmbar.
G. war zwar nur einmal Präsident des Kongresses (1924), stand aber seit 1920 (inoffiziell) an seiner Spitze. Man kann ihn heute weder den Gemäßígten noch den Extremisten zuordnen ( Sozialethik , religiöse Toleranz , aber zugleich Kampf gegen die "Welt der Maschine....") .
Die indische Erbitterung über häufig brutalste Vorgangsweisen der Regierung, die pol.-wirtsch. Depression der Nachkriegszeit und die schlechte Behandlung des türk. Kalifen durch die Briten machten es ihm möglich Hindus und Muslims ( im Zeichen der religiösen Toleranz) zusammenzuführen und zu seinem "ersten Feldzug" ( = Nichtzusammenarbeit mit der Fremdherrschaft durch Boykott der Wahlen, Schulen und Gerichte) zu veranlassen. Da diese religiöse Harmonie nicht von Dauer war , mußte Gandhi die Aktion 1922 abbrechen. Infolge wurde er für 2 Jahre inhaftiert.
Trotz einiger Veränderungen im politischen Leben Indiens nahmen die sozialen Spannungen in den folgenden 8 Jahren kontinuierlich zu . M.A.Jinnah (1876-1948) stellte sich an die Spitze der Muslim-Liga und führte diese mit starker Hand in Richtung muslimischen Separatismus und die orthodoxen Hindus kämpften um die Rückbekehrung indischer Muslims zum Hinduismus.
Zur politischen Radikalisierung ( der Kongreß war wieder in mehrere Flügel aufgespalten) trug auch J.Nehru mit der Gründung der kommunistischen Partei in Indien wesentlich bei.
1927 kam es , nachdem bei der Überprüfung der Verfassung kein Inder in die Kommission aufgenommen worden war, wieder zum Boykott. Man forderte den Dominion-Status , die Radikalen sogar die völlige Unabhängigkeit vom britischen Empire.
Gandhi, nach einigen Jahren wieder in die Politik zurückgekehrt, stellte den Briten ein Ultimatum, um die Forderungen der Gemäßigten zu erfüllen. Als dieses abgelehnt wurde, startete er die Kampagne des "Bürgerlichen Ungehorsams" ( sein "2. Feldzug"). Die Bewegung wuchs schnell, die Muslims blieben ihr allerdings fern. Obwohl mehr als 60000 Menschen verhaftet , Gandhi interniert und viele ausgepeitscht wurden, hielten sich die Massen fast überall an das Gebot der Gewaltlosigkeit.
Die Regierung sah bald ein, daß die Vorbereitung einer neuen Verfassung ohne die Beteiligung des Kongresses nicht mehr möglich war . Daher wurden Gandhi und andere Politiker freigelassen und der Kongreß vom Vizekönig als der wichtigste Vertreter des indischen Volkes und gleichberechtigter Verhandlungspartner anerkannt. Erneute Konflikte zwischen den Religionsgruppen verhinderten allerdings einen gemeinsamen Verfassungsentwurf.
Infolge wandte sich Gandhi dem Problem der Unberührbaren zu , um innere Einheit ("innere Freiheit") der äußeren Freiheit vorangehen zu lassen. Währenddessen versickerte der Feldzug der "Civil Disobedience" immer mehr, bis er 1934 entgültig eingestellt wurde.
Die Macht der Nationalbewegung und des Kongresses war zwar seit 1922 gewaltig gewachsen, aber handgreifliche Erfolge waren auch nach diesem 2.Feldzug nicht zu vermerken.
Im Kongreß kam es zu Kontroversen über Gandhis Führungsmethoden ( -> Bildung der Nationalist Party und der Congress Socialist Party), worauf dieser mit dem Austritt reagierte. (Inoffiziell blieb er allerdings weiterhin an der Spitze der ind. Nationalbewegung)
Erst 1935 wurde eine neue Verfassung (" Government of India Act") verabschiedet, welche die Gründung eines gesamtindischen Bundesstaates vorsah ( unter Miteinbeziehung der bis jetzt halbautonomen indischen Fürstentümer) und zugleich , durch einige Vorteile für die Fürsten, deren Loyalität stärken sollte.
Die Verfassung war für viele enttäuschend. Von Dominion-Status für ganz Indien war keine Rede , nur in den Provinzen Britisch-Indien gab es einige entscheidende Neuerungen (provinzielle Autonomie, ungeteilt ind. Ministerien,...). In diesen ging man auch sofort an die Verwirklichung von Gandhis Reformplänen. Der Gandhi-Kult, die Überheblichkeit der Kongreßpolitiker und die Angst vor einer entgültigen Hindu-Herrschaft provozierten die Muslims ( besonders die Gruppe um Jinnah) ständig . Sie sahen bereits in den 30ger Jahren die staatliche Trennung der beiden Religionen als den einzigen Ausweg.
Diese "Zwei-Nationen"-Theorie wurde 1940 zum offiziellem Programm der Muslim-Liga.
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