Innere Entwicklung der BRD
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Neuorientierung der SPD
In einem neuen Grundsatzprogramm, dem Godesbergerprogramm von 1959 wurden marxistische Gedanken und Zielsetzungen offiziell aufgegeben. Um aus der Oppositionsrolle herauszukommen, mußte die SPD über die Arbeiterschaft hinaus auch andere soziale Schichten ansprechen. Denn als Regierungspartei benötigt sie eine Wählermehrheit. Die Partei bereitete den Wandel von der Interessen- bzw. Klassenpartei zur Volkspartei vor. So wurde der freie Wettbewerb in der Wirtschaft als entscheidendes Element sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik akzeptiert, ohne daß man allerdings auf "vorausschauende Konjunkturpolitik" durch den Staat ganz verzichten wollte. Auch die Westintegration und die Wiederbewaffnung wurden als vollzogene Tatsachen anerkannt.
Die Große Koalition (1966-1969)
Die nach dem Scheitern Erhards eingesetzte Regierung Kiesinger - Brandt (Große Koalition) hatte die dringlichste Aufgabe, einer möglichst raschen Behebung der wirtschaftlichen Rezession mit den Folgen von 2% Arbeitslosigkeit und empfindlicher Haushaltslücken bei Bund und Ländern (Stabilitätagesetz).
Das GG enthielt ursprünglich kein Notstandsrecht für den Ausnahmezustand. Die Besatzungsmächte behielten sich die entsprechenden Ausnahmen zunächst vor und machten später die Aufgabe ihrer Vorbehaltsrechte und damit die Erlangung vollständiger staatlicher Souveränität durch die BRD von der Aufnahme von Notstandsbestimmungen ins GG abhängig. Nach harten Auseinandersetzungen und breiten öffentlichen Protesten wurde die notwendige Ergänzung des GG am 30. Mai 1968 beschlossen. Das Gesetzwerk war von drei Zielen bestimmt:
1. Abwehrmöglichkeiten für den Staat in bedrohlichen Situationen zu schaffen
2. Die Ablösung der noch geltenden Aliiertenrechte zur Sicherung ihrer in der BRD stationierten Truppen zu bewirken
3. Die Erhaltung der freiheitlichen Ordnung in Notzeiten zu gewährleisten
Die Gegner der Notstandsgesetzgebung behaupteten dagegen unter Hinweis auf 1., die Gesetze böten Eingriffsmöglichkeiten des Staates zu Gunsten demokratiefeindlicher Kräfte, womöglich durch den Einsatz von Bundesgrenzschutz und Bundeswehr (APO Studentenproteste)
Die sozial-liberale Koalition (1969-1982)
Die sozial-liberale Koalition wurde von den beiden SPD-Kanzlern Brandt (1969-1974) und Schmidt (1974-1982) geführt. Erklärtes Ziel der Regierung Brandt/Scheel (FDP, Vize-Kanzler und Außenminister) war eine Erneuerung der erstarrten politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der BRD. Die Möglichkeiten der Demokratie sollten weiter als bisher in allen Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschöpft werden. Die Arbeitswelt sollte humaner gestaltet, der Bundesbürger zu einem "mündigen Bürger" werden, der von seinen demokratischen Rechte in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wirklich Gebrauch macht. Mehr Mitwirkung und Mitverantwortung war die Zielsetzung. An der Spitze der Neuerung stand deshalb die Bildungsreform (nicht alles, was geplant war, konnte verwirklicht werden). In der Gesellschaftspolitik war es neben der Reform des Ehe- und Familienrechts, das 1976 verabschiedete Mitbestimmungsgesetz, das ein Markstein setzte (in Betrieben mit über 2000 Beschäftigten bekamen die Arbeitnehmer eine nahezu paritätische Mitbestimmung gesichert). Dagegen scheiterte die Reform der Sozialgesetzgebung, weil sie davon ausging, daß ein ständiges wirtschaftliches Wachstum dem Staat genügende Steuereinkommen zur Verfügung stellen würde, um damit die Auszahlung der Steigenden Renten zu gewährleisten.
Die Ölkrise von 1973 versetzte die Bevölkerung in einen Schock. Der Ölschock und die wirtschaftlichen Krisen, die in den 70er und frühen 80er Jahren das Wirtschaftswunderland BRD heimsuchten, erschütterten nicht nur das ungetrübte Vertrauen in ein scheinbar grenzenloses Wirtschaftswachstum, sie ließen auch die mit hohen finanziellen Aufwendungen verbundene Reformpolitik der sozial-liberalen Koalition versanden und stagnieren.
Das Ende der sozial-liberalen Koalition
Vor allem die Verschlechterung der Wirtschaftslage und die damit verbundenen Staatsfinanzen führten 1982 zum Bruch der Koalition. Am 1. Oktober 1982 löste Helmut Kohl (CDU) nach einem konstruktiven Mißtrauensvotum Helmut Schmidt als Bundeskanzler ab. Die neue Regierung wurde im März 1983 durch Wahlen bestätigt.
Die Deutschlandpolitik im Zeichen der Entspannung
Die Außenpolitik der Großen Koalition, für die Brandt als Außenminister verantwortlich war, ging noch einen Schritt weiter als Außenminister Schröder unter Adenauer mit seiner "Politik der Bewegung". Die diplomatische Beziehung zu Rumänien und Jugoslawien wurden wieder aufgenommen. Das Verhältnis zu Polen, das durch die Nichtanerkennung der Oder-Neiße- Linie schwer belastet war, versuchte man durch das Angebot gegenseitiger Gewaltverzichtserklärungen zu verbessern. Am schwierigsten gestalteten sich die Bemühungen einer Klimaverbesserung zur DDR, die versuchte, die übrigen Ostblockstaaten zu einer harten Haltung gegenüber den Annäherungsversuchen der BRD zu veranlassen.
Die ostpolitischen Ziele der sozial-liberalen Koalition
Wandel durch Annäherung (Egon Bahr): Überlegung der Anerkennung des Status quo, Zurückstellung der Wiedervereinigungsansprüche und Forderung nach Rückgabe der deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße durch BRD werde auch im Osten eine Liberalisierung nach sich ziehen.
Die Ostverträge
Mit der Sowjetunion: Verpflichtung der Lösung von Streitfragen ausschließlich mit friedlichen Mitteln und keine Androhung oder Anwendung von Gewalt. Kein Antasten der Gegenwärtigen Grenzen; damit wurde auch die Oder-Neiße-Linie als unverletzlich anerkannt.
Mit Polen: Inhaltlich nahezu identisch mit dem sowjetischen Vertrag
Viermächteabkommen über Berlin: In Absprache mit den Besatzungsmächten; Gewaltenverzicht; Erleichterungen im Transitverkehr durch DDR; Westberlin weiterhin kein Bestandteil der BRD, aber Bindung zwischen den Westsektoren Berlins und der BRD;
Grundlagenvertrag: Gewaltverzicht und Anerkennung des Status quo; Anerkennung der DDR als Staat durch die BRD; allerdings keine Botschaften, sondern nur ständige Vertreter (DDR kein Ausland); BRD und DDR nach innen und außen souverän (BRD gab damit den Alleinvertretungsanspruch auf); Keine Anerkennung einer eigenen DDR-Staatsangehörigkeit durch BRD;
Man kann in den Ostverträgen das Ende der europäischen Nachkriegsgeschichte erkennen. Nachdem Adenauer 1963 im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag die Aussöhnung mit dem westlichen Nachbarn erreicht hat, leitete die sozial-liberale Koalition unter Brandt/Scheel die Normalisierung unserer Beziehungen zu unseren östlichen Nachbarn - einschließlich der DDR- ein.
Die Politik der 80er Jahre
Das Ziel der neuen Koalition war eine Wende in der Politik, aber das war in mancher Hinsicht mehr Schlagwort als Ereignis, wie der Zeithistoriker Wolfgang Benz meint. Als Regierungspartei setzte die CDU/CSU die von ihr vorher bekämpfte Deutschland- und Ostpolitik der sozial-liberalen Koalition fort. Schärfer trat die Wende in der Wirtschafts- und Sozialpolitik hervor. Gegen die Stimmen der SPD - Opposition - beschlossen die konservativ-liberalen Regierungsparteien ein Abbau sozialpolitischer Leistungen, wie Streichung des Schülerbafög, Einstellung des sozialen Wohnungsbaus, Reduzierung der Rentenerhöhung, um mit der staatlichen Sparpolitik und Steuersenkungen Gewinne und Investitionskraft der Unternehmen zu stärken und um ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen. Das erste gelang, das zweite nicht. Trotz eines durch die Weltwirtschaftskonjunktur der 80er begünstigten Aufschwung von 1983-1990 verschwand der hohe Sockel der Arbeitslosigkeit nicht (Zweidrittelgesellschaft).
Als Kennzeichen der 80er wird in der Literatur übereinstimmend die Zielunklarheit der Politik und eine Stimmung der Unsicherheit in der Gesellschaft genannt. Die Regierung habe sich den Schwankungen der öffentlichen Meinung angepaßt, keine Probleme gelöst (z.B. Umweltpolitik, Begrenzung der Kostenexplosion im Gesundheitssystem). Generell nahm das politische Interesse ab, Parteiverdrossenheit breitete sich aus. Die grundsätzliche Zustimmung zur Idee der Demokratie und wirtschaftlichen System der BRD waren in der Bevölkerung groß.
Die Stabilisierung der DDR nach dem Mauerbau
Aus DDR Sicht erwies sich der Mauerbau von 1961 als Erfolg, weil er die Fluchtbewegung in den Westen stoppte. Die DDR-Bevölkerung begann sich gezwungenermaßen mit den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten in der DDR und der Machtanspruch der SED abzufinden. Allmählich begann sich die wirtschaftliche Gesamtsituation zu bessern und der Lebensstandard zu heben. Die DDR-Führung war bestrebt, durch eine Wirtschaftsreform die materielle Lage der Bevölkerung zu bessern. Im Juni 1963 verkündete die DDR-Regierung das "Neue ökonomische System der Planung und Leitung (NÖSPL)": Arbeitermitverantwortung, größerer Spielraum der Betriebe in Material- und Kreditbeschaffung und beim Absatz ihrer Waren, Zustehung von Gewinnen. Tatsächlich brachte "NÖSPL" einen weiteren Wirtschaftsaufschwung. Arbeitsproduktivität und Lebensstandard stiegen weiter. Aber die Parteiführung mußte unerwartete Folgewirkungen feststellen: Das Zugeständnis größerer Freiheit und Entscheidungsspielräumen in der Wirtschaft gefährdete auf Dauer den unbestrittenen Führungsanspruch der Parte im gesellschaftlichen und politischen Leben. Größere Freiräume in einzelnen Bereichen führten zur Forderung nach weiteren Zugeständnissen, zu denen die Partei nicht bereit war.
Schon zwei Jahre später wurde das "NÖSPL" durch das "Neue ökonomische System" abgelöst, in dem die staatliche Planungsbehörde wieder viele Kompetenzen an sich zog, die man erst kurz vorher der selbstständigen Entscheidung der Betriebe überlassen hatte. Dies zeigt, wie gering der Spielraum für wirtschaftliche Liberalisierungsmaßnahmen in einem System ist, dessen Hauptkennzeichen in der Führung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft durch eine Partei besteht, die das Machtmonopol für sich in Anspruch nimmt.
"Real existierwnder Sozialismus": Die DDR in den 70er'n
Die relativen ökonomischen Erfolge und die politische Stabilisierung der sechziger Jahre hatten das Selbstbewußtsein der DDR-Führung gestärkt, sie verstand sich mehr und mehr als "Juniopartner" der Sowjetunion im Ostblock. Als die Sowjetunion um 1970 auf die Entspannungspolitik der sozial-liberalen Koalition in Bonn einging, verweigerte sich die SED. Wie wenig stabil deren Herrschaftssystem war, offenbarten Ovationen von DDR-Bürgern für Brandt anläßlich seines Besuches in Erfurt 1970. Zur Sicherung ihrer eigenen Entspannungspolitik drängte die Sowjetunion auf die Ablösung Ulbrichts. Im Mai 1971 trat dieser als 1. Sekretär der SED zurück, sein Nachfolger wurde Erich Honecker, der die Führungsrolle der Sowjetunion wieder als verbindlich anerkannte. 1971/72 wurden das Berlinabkommen und der Grundlagenvertrag abgeschlossen.
Honeckers erste Amtsjahre gelten heute noch bei vielen als die besten der DDR: Sie wurde als souveräner Staat weltweit diplomatisch anerkannt; der Wohlstand des kleinen Mannes stieg; die katastrophale Wohnungslage verbesserte sich durch den Neubau von 2 Mio. Wohnungen zwischen 1971 und 1984. Der real existierende Sozialismus sollte verbessert, die Menschen nicht auf eine Utopie in ferner Zukunft vertröstet werden. Von der neuen Sozialpolitik profitierten besonders die Frauen, z.B. Ausbau von Kindergärten und Vorschulklassen entlasten berufstätige Mütter.
Unverändert blieb der absolute Herrschaftsanspruch der SED. 1974 erklärte Honecker: "Es ist schon heute so, daß kein Problem von Bedeutung ohne die tatkräftige politisch-ideologisch und organisatorische Arbeit unserer Partei gelöst werden kann. Zur wachsenden Rolle unserer Partei im gesellschaftlichen Leben gibt es keine Alternative".
In der 2. Hälfte der 70er Jahre schlug die Entwicklung wieder um. Zum einen brachten die Öl- und Weltwirtschaftskrise auch die seit 1972 praktisch völlig verstaatlichte DDR-Wirtschaft in Schwierigkeiten, hohe Auslandsschulden mußten getilgt werden. Der Lebensstandard stagnierte. Die Unzufriedenheit kehrte zurück, weil Erwartungen und Realität auseinanderklafften und die DDR-Bürger am Lebensstandard und am politischen System der BRD orientiert blieben. Zum anderen ermunterte die vorsichtige Öffnung des Systems als Konsequenz der Entspannungspolitik und der KSZE-Schlußakte von Helsinki 1975 die Opposition.
Der Niedergang eines Staates: DDR 1982-1988
Die Stagnation seit 1976 mündete in den 80er Jahren in eine allgemeine Systemkrise der DDR ein, die lange verdeckt blieb (z.B. durch das Weiterlaufen des Partei- und Staatsapparates). Die Systemkrise zeigte sich erstens als Wirtschaftskrise. Schon 1982 drohte der DDR der finanzielle Ruin, der durch einen 1983 vom der BRD vermittelten Milliardenkredit abgewendet werden konnte. Zusätzliche Auslandsschulden verhinderten jedoch nicht den ökonomischen Niedergang der technologisch rückständigen DDR-Industrie und auch nicht die sich ausweitende Umweltkatastrophe, weil für Umweltschutz kein Geld vorhanden war.
Dazu kam zweitens eine Glaubwürdigkeitskrise. Viele Bürger gaben die Hoffnung auf bessere Verhältnisse auf. Die politische Distanz zum Staat wuchs, vor allem bei den Jüngeren. Weder den sozialen Aufstieg wie den Älteren, noch die Verwirklichung individueller Lebensentwürfe gestand ihnen ihr "vormundschaftlicher Staat" zu.
Schließlich geriet die DDR drittens in eine außenpolitische Isolierung. Ängstlich auf ihre Macht bedacht, vergaß sie, wer diese Macht garantierte: Die Sowjetunion. Zwar begrüßte die SED die vom sowjetischen Parteichef Gorbatschow eingeleitete neue Runde der Entspannungs- und Abrüstungspolitik, weigerte sich aber, die innenpolitischen Reformen "Perestrojika und Glasnost" auf die DDR zu übertragen (Zweifrontenkrieg: Nicht nur der imperialistische Westen, sondern auch die brüderliche Schutzmacht Sowjetunion sind eine Gefahr für die DDR).
Nach 1961 artikulierte sich der Widerstand oder die Distanz zum System in der DDR in drei Formen :
1. Ausreisebegehren
2. Praktiziertes Christentum
3. Politische Oppositionen
Zwischen den drei Gruppen bestand ein spannungsreiches Miteinander, manchmal aber auch Gegeneinander. In den 80er `n nahm die Zahl der Ausreiseanträge zu, die evangelische Kirche entwickelte sich mehr und mehr zum Kristallisationspunkt oppositionellen Verhaltens. Seit Ende der 70er entstanden auch unabhängige Oppositionsgruppen. Die DDR-Führung reagierte auf den neuen zivilen ungehorsam wie gewohnt mit Verhaftungen und Ausweisungen: Das Ministerium für Staatssicherheit stieg zur wahren Macht in Staate auf, am Ende der DDR soll es 85000 hauptamtliche und 108000 inoffizielle Mitarbeiter beschäftigt haben.
Die friedliche Revolution des Jahres 1989
Am Anfang vom Ende der DDR standen die Kommunalwahlen im Mai 1989. Wie üblich war das Wahlergebnis gefälscht. Nicht üblich war der Protest der oppositionellen Gruppen und der Kirchen, sie erstatten Strafanzeigen gegen die Wahlfälscher. An manchen Orten sollten bis zu 20% der Wahlberechtigten mit "Nein" gestimmt haben. Gleichzeitig steigerte sich die Ausreisewelle, z.B. wurden die Botschaften der BRD in Ost-Berlin, Budapest, Warschau, Prag besetzt. Am 24. Juni rief eine Initiativgruppe zur Gründung einer sozialdemokratischen Partei auf, das Ministerium für Staatssicherheit teilte dennoch mit, daß die Lage, trotz der sich häufenden Kritik und Vorfälle, stabil sei.
Als Ungarn seit dem 10./11. September ohne Absprache mit der DDR-Regierung auch DDR-Bürger unbehelligt über die seit Mai geöffnete Grenze nach Österreich ausreisen ließ, brachen die Dämme. Es kam zur Übersiedelung von 25000 Menschen in die BRD, desweiteren wurde die Opposition (vor allem Kirche)immer mutiger. Bürgerbewegung "Demokratie jetzt", "Neues Forum" (Ablehnung der Zulassung als politische Vereinigung), Montagsdemonstrationen in Leipzig, Forderung der Reaktionen der Staatsführung: Verhaftungen von Oppositionellen, Auflösung nichtgenehmigter Massendemonstrationen.
Die Wende brachte Gorbatschows Teilnahme an den Gründungsfeierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR. Die Forderungen Gorbatschows nach Reformen waren im einzelnen:
- Gründung der sozialdemokratischen Partei in der DDR
- Immer größere Teilnahme an den Leipziger Montagsdemos; "Wir sind das Volk"
- Absetzung Honeckers, Nachfolger Egon Krenz
Am 4. November erreichte die Demonstrationswelle in Ost-Berllin ihren Höhepunkt. Eine halbe Million Menschen forderten Presse-, Reise-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und freie Wahlen. Das Machtmonopol der SED zerbröselte.
Der Fall der Berliner Mauer und die Folgen
Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Aus einer im beiläufigen Ton angekündigten Mitteilung des SED-Politbüromitglieds Schabowski am Abend des 9. November, es werde sehr bald befriedigende Regelungen für Westreisen der DDR- Bürger geben, wurde innerhalb weniger Stunden eine faktische Öffnung der DDR-Grenzen. Hunderttausende passierten die Grenze zur BRD. Von einem Tag auf den anderen änderte sich fast alles, auch für die Westdeutschen. Auch sie betrafen jetzt die Ereignisse in der DDR. Willy Brandt: "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört."
Der sicherste Weg zu Wohlstand und Demokratie schien den meisten die Vereinigung mit der BRD zu sein. Bürgerbewegungen erhielten viel Zulauf und Zuspruch, wenn sie alte Machtstrukturen beseitigten, in Städten und Gemeinden die Bürgermeister der Kontrolle eines runden Tisches unterstellten, die Zentrale und die Zweigstelle der Stasi besetzten. Nicht noch einmal sozialistische Experimente ( Wir sind ein Volk). Bis Ende 1990 zerfiel die DDR zusehends. Die SED schrumpfte, wählte eine neue Führung, nannte sich PDS - umsonst:
Nichts hielt ihren Sturz in die Bedeutungslosigkeit auf. Der neuen DDR-Regierung Modrow fehlte es an Autorität; überall im Staatsapparat saßen noch die alten Kader, die mehr an einer Sicherung ihrer Privilegien als an der Lösung der Probleme in der DDR interessiert waren.
Ende Januar 1990 beschlossen die Vertreter des runden Tisches die geplanten Neuwahlen für die Volkskammer auf 18. März 1990 vorzuziehen. Wahlsieger wurde die CDU. Die Motive der Wähler waren Einheit und Wohlstand so schnell wie möglich.
Stationen der Vereinigung
Die Vereinigung setzte die Zustimmung der Siegermächte des 2. Weltkrieges voraus. Die außenpolitische Absicherung der Vereinigung gelang überraschend schnell. Auch die Sowjetunion stimmte zu, sie akzeptierte das Vorrücken des Natogebietes bis an die Oder. Am 12. September 1990 unterzeichneten die Außenminister der vier Siegermächte und der beiden deutschen Staaten in Moskau den "Vertrag über die abschließende Regelung im Bezug auf Deutschland". Die Nachkriegszeit war zu Ende.
Im innerdeutschen Verhältnis war seit dem 18.März 1990 alles klar. Gleichwohl gab es manchen Streit über Modalitäten zwischen Ost-Regierung unter de Maiziere (Vereinigung mit oder ohne Verfassungsänderung, Regierungssitz Berlin oder Bonn, DDR ein Bundesland oder Wiederentstehung der alten Länder der DDR, Wiedergutmachung von Enteignungen durch Entschädigung statt Rückgabe oder absoluter Vorrang der Eigentumsrechte der Westbürger). Außer in der Länderfrage setzte sich die Regierung Kohl durch.
Der 1. Schritt zur Wiedervereinigung war am 1. Juli 1990 die Einführung der D-Mark und der Marktwirtschaft in der DDR. Dadurch wurde das Warenangebot verbessert, die Arbeitslosenzahlen stiegen dagegen durch den Sprung auf den Weltmarkt. Aushandlung des "Einigungsvertrages, der manches ganz genau, manches ungenau und manches überhaupt nicht regelte. Unklar blieben vor allem die Finanzfragen. Der Einigungsvertrag und der Beitritt nach Artikel 23 wurden am 23. Oktober 1990 durch die beiden Regierungen verabschiedet.
Der schwerere Teil der Einheit lag bzw. liegt noch vor den Deutschen:
Die Herstellung gleicher Lebensbedingungen - und eines Ost und West umfassenden Geschichtsbewußtsein.
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