3.1. Erkennung von Hexen
Sehr oft wurden Personen schlicht und einfach denunziert. Das bedeutete, daß
man die Inquisitoren/Hexenrichter durch einfaches Anzeigen - auch anonym -
dazu bewegen konnte, eine Untersuchung gegen eine beschuldigte Person
einzuleiten. Sogar, wenn dies nur auf Grund von Gerüchten oder " Besagen "
geschah. Der Verdacht der Hexerei wurde sehr oft von böswilligen Nachbarn,
Untergebenen oder Verwandten in die Welt gesetzt. Als " Besagen " bezeichnete
man das Nennen von angeblichen Komplizen unter Folter. Nach einer Anzeige
hatten die Hexenrichter die Pflicht, zu untersuchen, ob Grund für eine Anzeige
bestand. Grundlage hierfür war die Carolina. Allerdings waren die Artikel so
allgemein gehalten, daß es für jeden Richter ein Leichtes war, gegen eine Person
Anklage zu erheben.
Normalerweise sollte überprüft werden, ob eine Anzeige auf Grund von Neid,
Mißgunst oder ähnlichem erstattet wurde. Dieser Prüfung entzogen sich die
meisten Richter mit der Begründung, ein Pakt mit dem Teufel falle unter die
Definition der " Ausnahmeverbrechen ", und hierbei würde ein reines Gerücht als
Verdachtsmoment ausreichen. Mit dieser Begründung wurden selbst Kinder und
Geisteskranke als Zeugen für den Prozess zugelassen. Wenn man also nicht
denunziert wurde, bestand immer noch die Möglichkeit durch das " Besagen " in
Verdacht zu geraten. Nach Meinung der Hexenjäger trafen sich nämlich, die
Mitglieder einer Teufelssekte regelmäßig zum Hexentanz oder beim Hexensabbat.
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Deswegen mußten die Mitglieder wohl bekannt sein. Dieses Wissen preßten die
Hexenrichter durch verschärftes Verhör, die Folter, aus den Angeklagten heraus.
Unter der Peinigung der Folter wurden viele Namen von Unschuldigen genannt,
die ihrerseits wieder Namen von Sektenmitgliedern preisgeben mußten.
Dieses System wurde von Gegnern der Hexenverfolgung scharf kritisiert.
Allerdings waren sich die Inquisitoren ihrer Sache sehr sicher, und sie
argumentierten, daß Gott es nicht zulassen würde, daß ein Unschuldiger von einer
Hexe oder einem Hexer beschuldigt würde. Bei den Hexenprozessen wurden vor
allem Frauen angeklagt, da sie - wie weiter oben beschrieben - eine leichtere
Beute für den Teufel waren als Männer. Die Zahl der angeklagten Männer nahm
im Laufe der Inquisition jedoch zu. Es wurden auch immer mehr Kinder gefoltert
und verurteilt, da sie nach Meinung der Hexenjäger sehr früh dem Satan unter -
stellt wurden. Ein anderer positiver Nebenefekt, im Sinne der Inquisitoren, war,
daß Kinder sehr schnell und gedankenlos plauderten. So denunzierte ein
12jähriger Junge 1665 in Reutlingen 170 Personen.
Eine andere Form der Hexenerkennung war die " Hexenprobe ", die in Prozess -
verfahren oft als Beweisaufnahme angewandt wurde. Unter Hexenproben verstand
man die Suche nach Merkmalen, an denen man eine Hexe erkennen konnte.
Eine beliebte " Hexenprobe " war die Wasserprobe, auch Hexenbad genannt.
Hierbei band man der entkleideten Person Arme und Beine fest, schlang ihr ein
Seil um den Körper und warf sie ins Wasser. Wenn die Person oben schwamm,
das taten die meisten wegen des Auftiebs, war sie eine Hexe, denn das Wasser,
das als Element der Reinheit galt, hatte sie abgewiesen. Ein weiteres Beispiel war
die Suche nach einem Hexenmal. Denn man glaubte, daß der Teufel seinen
Hexen, mit denen er sich einläßt, ein Mal aufprägt. Nach diesem Mal wurde von
den Hexengerichten gesucht. Um besser suchen zu können, wurden die
Beschuldigten kahlgeschoren. Fand man ein entsprechendes Mal, so wurde mit
einer Nadel hineingestochen. Geschah dies, ohne daß Blut austrat oder ein
Schmerz empfunden wurde, so galt das Hexenmal als bewiesen.
Ein weiteres unfehlbares Erkennungszeichen für Hexen ist die " Tränenprobe ".
Der Hexenhammer weist auf besondere Zuverlässigkeit dieser Probe hin, denn
wie allgemein bekannt, kann eine Hexe keine Tränen vergießen. Eine Frau, die
während der Folter nicht weint, ist somit als Hexe erkannt. Allerdings ist sie auf
keinen Fall unschuldig, wenn sie weint, denn " Gottes Ratschlüsse sind
verborgen ", und außerdem hat man immer noch die Folter, falls man ein
Geständnis benötigt.
(3/2)
3.2. Prozeßverfahren
Kam es zu einer Anzeige, so wurde erst das soziale Umfeld der Angeklagten - in
Form einer Voruntersuchung - durchleuchtet. Man befragte Zeugen, Nachbarn
und Familienmitglieder. Erhärtete sich der Verdacht, so folgte die Verhaftung der
Person. Schon vor Beginn des Prozesses wurde versucht, die Angeklagten durch
die Untersuchungshaft zu zermürben. Die Kerker waren in einem miserablen
Zustand. Zum Teil verbrachten die Angeklagten ihre Zeit in Ketten gelegt, und die
Frauen waren schutzlos der Vergewaltigung durch den Kerkermeister ausgesetzt.
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Die erste Befragung verlief nach einem festen Muster. Zum Teil wurde das
Verhör mit einer Zermonie im religiösen Sinne begonnen. Hierbei hängte man den
Angeklagten Reliquien um und betete über ihnen. Dann wurden wieder und
wieder dieselben Fragen gestellt:
. Wann, wo und wie hat sie sich dem Teufel versprochen?
. Wie und wie oft hat sie sich dem Teufel hingegeben?
. Wie oft war sie Gast beim Hexensabbat?
. Wie ging es dabei zu und wen hat sie dort gesehen?
. Wo und wie hat sie durch Zauberei Schaden angerichtet?
.
.
.
Es waren in Hexenprozessen Verteidiger zugelassen, obwohl man oft lesen kann,
daß dies nicht der Fall war. Allerdings erhielten sie nur mangelnde Informationen
und mußten natürlich selbst aufpassen, daß sie nicht selbst in Verdacht der
Hexerei gerieten. Somit beschränkten sie sich darauf, auf die Einhaltung der
Vorschriften hinzuweisen. Führte das " gütliche Verhör " nicht zum gewünschten
Erfolg, so kam man zur nächsten Stufe, zum " Schreckeinjagen mit Worten ".
Hierbei brachte man den Angeklagten die Verwendung der Folterwerkzeuge nahe.
Stieß auch dies auf keinen Erfolg, so wurden den Angeklagten die Folter -
werkzeuge angelegt, um zu verdeutlichen, daß es Ernst wurde. Diesen Punkt
nannte man " Schreckeinjagen in der Wirklichkeit ". Erst dann, wenn man immer
noch kein Geständnis bekommen hatte, schritt man zu den " Hexenproben " und
dem " verschärften Verhör ". (1/3)
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