Die Wurzeln,
die Entstehung,
die Rolle im Krieg
und im Frieden,
die Verbrechen
und ihre Bewertung
\"Die Waffen-SS ist als eine Privatarmee Adolf Hitlers zu verstehen. Sie war vom ersten Tag an direkt dem \"Führer\", und nicht der Partei angebunden.\"
Die Wurzeln
Bereits nach Hitlers Amtsantritt 1933 stellte er seine persönliche Leibstandarte \"Adolf Hitler\" (LSSAH) auf. Ihre Angehörigen mußten alle, auch die späteren Waffen-SS-Angehörigen, einen Eid auf Hitler schwören. Sein Wortlaut war folgender: \"Ich schwöre dir, Adolf Hitler, als Führer und als Kanzler des Reiches, Treue und Tapferkeit. Ich gelobe dir und den von dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod, so wahr mir Gott helfe.\" Dieser Schwur bestimmte den Charakter der Leibstandarte bis hin zur eigentlichen Waffen-SS. Er war Garant dafür, daß hier eine stehende Truppe geschaffen wurde, die weder dem Staat und Partei, noch dem Reichspräsi-denten Hindenburg verantwortlich war, sondern nur Adolf Hitler. Ein wichtiger Schritt zur Errichtung einer Diktatur.
Die Entstehung
Im Jahr 1936 finden wir erstmals den Begriff \"SS-Verfügungstruppe\", die die spätere Waffen-SS darstellen sollte. Neben dieser Verfügungstruppe gibt es die sogenannten SS-Totenkopfver-bände, die anfangs als Lagerwachmannschaften (KZs und Vernichtungslager) eingesetzt, bis zum Jahr 1941 aber vollständig in die Waffen-SS eingebunden wurden. Die nachfolgenden Lagerwachmannschaften waren Männer der allgemeinen SS, die nur nominell den Status der Waffen-SS erhielten. Kern der Leibstandarte Hitlers bildeteten also die SS-Verfügungstruppe und die SS-Totenkofverbände. Sie erhielten somit als ständiger militärischer Verband einen festen Platz neben Wehrmacht und Polizei. Aus diesen beiden sollte die Waffen-SS hervorge-en. Am 17. August des Jahres 1938 stiftete ein Führererlaß große Verwirrung. Auf der einen Seite sollte die SS-Verfügungstruppe von der Wehrmacht getrennt werden, auf der anderen Seite aber auch Bindegliederzwischen beiden Organisationen geschaffen werden.
Bestimmungen bezüglich der Trennung:
- SS-Verfügungstruppe steht zu persönlicher Verfügung Hitlers
- kein Bestandteil der Polizei oder Wehrmacht
- im Frieden: Himmler als Chef dieser Einheit
- Verband der NSDAP
- finanziert aus den Mitteln des Polizeietats
Bestimmungen bezüglich der Verknüpfung:
- Anrechnung des Dienstes in der SS-Verfügungstruppe als Wehrdienst möglich
- vom Heer mit Waffen und Gerät versorgt
- Teilnahme der Führer der Verfügungstruppe an Lehrgängen der Wehrmacht
- Sold und Versorgung richteten sich nach denen der Wehrmacht
- Mobilmachungsfall: Verfügungstruppe steht unter taktischer Führung der Wehrmacht
Den SS-Totenkopfverbänden oblag, wie bereits erwähnt, die Rolle der Wachmannschaften in den verschiedenen Lagertypen bis spätestens 1941, aber nicht die Rolle als Hitlers \"Haus-truppe\", also die Verfügungstruppe. Doch die SS-Verfügungstruppe wurde nie zu einer Konkurrenz zur Wehrmacht oder gar zu einer neuen politischen Armee. Diesen Wettstreit ließ Hitler erst gar nicht aufkommen, denn er konnte sich einen solchen kurz vor \"seinem\" Krieg partout nicht erlauben. So wurden auf die Hoffnungen und Erwartungen Himmlers und der Männer der Verfügungstruppe nicht eingegangen. Diese Einheit blieb somit ersteinmal nur die persönliche Schutzstafel Hitlers.
Doch bei Kriegsbeginn war sie zu einem kleinen Berufsheer von rund 28 ooo Mann herange-wachsen. Die strenge Personalauslese und die gründliche, militärische und weltanschauliche Schulung hatten die Vorraussetzung für den Ruf einer Elitetruppe geschaffen, der trotz großer Erweiterungen der späteren Waffen-SS in den letzten Kriegsjahren, bis zum letzten Kriegstag gewahrt bleiben konnte.
Hitlers Entscheidung, die SS-Verfügungstruppen doch an der Front einzusetzen, hatte zwei Beweggründe. Auf der einen Seite hatte er die Befürchtung, das \"seiner\" Truppe kein Respekt
der deutschen Bevölkerung mehr zukäme, auf der anderen sollte sie durch die Verherrlichung des Nationalsozialismus dem Heer ein Beispiel geben. Hitler versicherte seinen Generalen be-reits 1940, daß der Waffen-SS nach dem Kriege, nur die Rolle einer \"militarisierten Staatspoli-zei\" zukomme.
Rivalin des Heeres ?
Ab dem Jahr 1940 wird nicht mehr von der SS-Verfügungstruppe, sondern von der Waffen-SS gesprochen. Sie wurde in den Heeresbrichten der Allierten meist mit der Kennzeichnung \"fana-tisch\" oder \"Elitetruppe\" versehen - ein Indiz für den Respekt vor diesen Einheiten.
Hitler hatte, trotz großer Erfolge der Waffen-SS und den Ersuchen Himmlers, nie die Absicht einen vierten Wehrmachtsteil neben dem Heer, der Luftwaffe und der Kriegsmarine zu schaf-fen. Fakt ist jedoch, daß die Einheit zwar langsam, aber stetig wuchs, ab 1943 sogar sehr schnell, sie aber in der Praxis einen vierten Wehrmachtsteil darstellte, allein durch die Kame-radschaft und das Verhalten und Vorgehen der Truppe im Kampf. Hinzu kommt ihre gewaltige Dimension - 1944 war sie 6oo ooo Mann stark. Ferner sind es die ständigen Versuche die Kommandounabhängigkeit zu erreichen und ein eigenes Materialbeschaffungssystem aufzubau-en, die aber beide nur teilweise Erfolg hatten. Bei allem hin und her dürfte wohl die deutsche Kapitulation am 9. Mai 1945 in Berlin als letzte Instanz gewertet werden. Hier wurde die Waffen-SS weder eingeladen, noch offiziell erwähnt
Die Waffen-SS kann folglich nicht als eine Rivalin des Heeres gewertet werden.
Die Erfolge, aber auch die Folgen
Den Titel Elitetruppen haben die Verbände der Waffen-SS, militärisch gesehen, sehr wohl verdient. Sie stellten im gesamten Krieg die besten Verbände des deutschen Militärs und waren bei jedem militärischen Abenteuers Hitlers von Anfang an dabei, man denke ans Rheinland, Österreich, Polen etc.. Im Jahre 1941 verfügt sie allein über sechs Divisionen. Aber sie de-monstrierte auch Hitlers größte Tugend: trotz einer Niederlage den Kampfgeist nicht zu ver-lieren (Paradebeispiel: Winter 1941/42 vor Moskau). Doch die Leistungen der Waffen-SS hat-ten, aus deutscher Sicht gesehen, eine Kehrseite, nämlich die hohen Verlustzahlen. Wir können davon ausgehen, daß der größte Teil der \"alten\" Garde an der Ostfront gefallen ist.
Diese Entwicklung hatte zur Folge, daß die Aufnahmekriterien zum Eintritt in die Waffen-SS ganz erheblich geändert werden mußten. Ende 1942 nahm die Waffen-SS Männer auf, die le-diglich den Tauglichkeitsvoraussetzungen der Wehrmacht entsprachen. Rassische und beson-dere körperliche Ausleseprinzipien konnten und wurden nicht mehr beachtet. Der erhöhte \"Menschenbedarf\" führte schließlich dazu, daß ab 1943 mehr Ausländer in der Waffen-SS dienten als Deutsche - und das in Hitlers persönlicher Armee. In der Waffen-SS dienten Nie-derländer, Norweger, Dänen, Finnen, Schweizer, Schweden, Flamen, Wallonen, Franzosen und ein paar Briten, sowie Letten, Esten, Ukrainer, Kroaten, Bosniaken, Italiener, Albanier, Kau-kasier, Russen, Turko-Tataren, Aserbeidschaner, Rumänen, Bulgaren, Ungarn und einige In-der, sowie eine große Anzahl Volksdeutsche aus dem Elsaß, aus Dänemark, der Tschechoslo-wakei, Italien, Ungarn, Rumänien, Polen und Jugoslawien. Möglicherweise ist die Waffen-SS die größte Vielvölkerarmee der Welt gewesen, die jemals unter einer Flagge kämpfte.
Aber diese massive Mobilisierung führte jedoch nicht zu einer entsprechenden Steigerung des Kampfwertes. Man kann die Waffen-SS demnach durchaus in drei verschiedene Kategorien einteilen.
1. Die Westeuropäer, mit dem größten Anteil Deutscher, kämpfte - alles in allem - gut.
2. Bei den Volksdeutschen schwankten die Leistungen zwischen ausgezeichnet und kümmerlich.
3. Die Osteuropäer waren, mit wenigen Ausnahmen, wohl eher eine Last.
Die nichtdeutschen Verbände, meist nach Nationalitäten getrennt, wurden im allgemeinen als \"Waffengrenadierdivisionen der SS\" bezeichnet.
Die ursprüngliche Bestimmung wird aufgegeben
Die Wende des Krieges im Winter 1942/43 (Stalingrad) stellte das Reich, aber auch die Zu-kunft und der Bedeutung der Waffen-SS vor neue Schwierigkeiten, ja sogar in Frage.
Überall waren die deutschen Verbände auf dem Rückzug. Somit verlor Hitlers Konzept gegenüber der Waffen-SS als \"militarisierte Polizei\" nach gewonnenem Krieg an Bedeutung. Stattdessen wurde der Ruf nach einer zuverlässigen Einsatztruppe immer lauter. Hitler erkannte den Ernst der Lage ebenfalls, und veranlaßte somit die Vergrößerung der Waffen-SS - pro Jahr wurde die Kampfstärke bis zum Ende des Krieges etwa verdoppelt.
Die eigentlichen Vorzüge lagen jedoch nicht in der Personalstärke, sie war im Vergleich zur Wehrmacht nie sonderlich hoch, sondern in ihrer besseren und moderneren Ausrüstung, der hohen Anzahl von Spezialeinheiten (1944: ein Viertel der Panzerdivisionen und ein Drittel der Panzergrenadierdivisionen) und dem höheren Kampfwert einer Waffen-SS-Einheit. Hier kommt vor allem den Panzerdivisionen eine besondere Bedeutung bei, die im wesentlichen aus Deutschen bestanden und somit die Nachfolger der \"alten Garde\" waren.
Waffen-SS-Einheiten standen stets an der Spitze von Hitlers Armeen. Die wichtigste Rolle spielten sie jedoch in der zweiten Kriegshälfte. Wir können davon ausgehen, daß das Dritte Reich ohne diese Eliteverbände wesentlich schneller zusammengebrochen wäre. SS-Divisionen wurden in den letzten beiden Kriegsjahren an allen Fronten eingesetzt. Sie war die Feuerwehr des Reiches, sei es bei Charkow, in den Ardennen oder in der Normandie. Sie standen an der Spitze von Gegenangriffen, durch die der Vormarsch der Allierten zeitweilig aufgehalten oder gar zurückgeworfen wurde.
Die Waffen-SS genoß sowohl in den eigenen, aber auch in den feindlichen Reihen große Anerkennung und Respekt (man denke an das Märchen der Alpenfestung). Doch dieser Kam-pfesgeist, ja Fanatismus forderte einen hohen Blutzoll: rund ein Drittel der insgesamt einer Million Eingesetzten fiel oder wurde zumindest schwer verwundet. Desweiteren fielen 36 Ge-nerale - etwa einer pro SS-Division.
Wer war in der Waffen-SS ?
Die Waffen-SS bestand, wie lange Zeit angenommen, nicht größtenteils aus aktiven Nazis. Wir können heute sagen, daß der größte Teil der aktiven Nazis in der Wehrmacht diente. In den Reihen der Waffen-SS standen junge Idealisten neben zähen Abenteurern, stumpfsinnigen Töl-peln, entmenschten KZ- und Vernichtungslagerwärtern, begeisterten Hitlerjungen, verwirrten Zwangseinberufenen, fanatischen Nazis und Tausenden von Ausländern, die wenig oder gar kein deutsch verstanden, von der NS-Weltanschauung ganz zu schweigen. Es gab also weder einen spezifischen Waffen-SS-Typ, noch wurde so gut wie keiner zur SS zwangseinberufen. Dies galt im Übrigen auch für die KZs und Vernichtungslager. Außer Zweifel steht jedoch, daß die Waffen-SS einen typischen Charakter hatte, der sie vom Heer unterschied. \"Es gab vielen naiven und knabenhaften Idealsimus in den Reihen der Waffen-SS in Verbindung mit wildem Abenteuergeist.\" (Eugen Kogon, Der SS-Staat). Man kann sagen daß der Geist und die Bewe-gung der alten Freikorps nach dem Ersten Weltkrieg in der Waffen-SS weiterlebten.
Die Greueltaten und die Mitverantwortung am Holocaust
Man darf keinesfalls die Greueltaten der Waffen-SS vergessen. Es seien hier stellvertretend das Massaker unter britischen Soldaten in Le Paradis 1940, die Niedermetzelung französischer Zivilisten in Oradour 1944 und das Massaker unter amerikanischen Soldaten in Malmédy Ende 1944 erwähnt. Doch dies waren keine Morde, die auf die Nazi-Ideologie zurückgeführt werden könnten, denn die Ermordeten gehörten nicht zu den Verfolgten der Nazis. Diese Verbrechen wurden allesamt von niederen Offizieren an Ort und Stelle verübt, besessen von einer Art des Piratendenkens.
Die Waffen-SS kann auch nicht der Beteiligung an der Massenvernichtung freigesprochen werden. Es gab, zwar nur einen schwachen, aber doch ständigen Zusammenhang zwischen der Waffen-SS und jener SS, die Hitlers Rassenpolitik vollstreckte. Es waren meist nur Einzel-aktionen wie die Auflösung des Warschauer Ghettos oder die Vernichtung der Juden in Minsk, aber auch der laufende Personaltausch zwischen den Lagerwachmannschaften und den SS-Einheiten an der Front.
Freisprechen kann man die Waffen-SS jedoch teilweise von den Verfolgungen, Ausrottungen und Zusammentreiben der Zivilbevölkerung, Juden, Zigeuner etc. hinter den Frontlinien.
Die meisten Verbrechen werden der Waffen-SS im Zusammenhang mit der Partisanenbe-kämpfung zu Lasten gelegt. Diese Aktionen waren nur allzu oft von der Willkür der verant-wortlichen Offizieren abhängig, man denke nur an Minsk, Charkov oder Oradour, denen zahlreiche Zivilisten zum Opfer gefallen sind.
Die Bewertung der Waffen-SS
Wenn wir von den falschen Anschuldigungen gegen die Waffen-SS einmal absehen, bleiben immer noch genug \"Abweichungen von den Regeln der Kriegführung\", um den Soldaten der SS-Divisionen den Anspruch auf \"Soldaten wie alle anderen\" zu verweigern.
Ferner ist daran zu denken, daß die Waffen-SS eine andere Rolle im Krieg spielte, als ihr ei-gentlich zugeteilt worden war. Als Elitetruppe des Führers und \"militarisierte Polizei\" der Nazirevolution geplant, wurde sie zur Elitewaffe Hitlers. Doch die Waffen-SS schaffte es nicht aus dem Schatten ihrer Schwesterorganisation herauszutreten:
Himmlers SS.
Letztlich sollte noch erwähnt werden, daß es stets Unterschiede zwischen der Wehrmacht und der Waffen-SS gab. Sie sind niemals verschwunden, obgleich die Waffen-SS einige Merkmale ihres ursprünglichen Charakters einbüßte. Sie war geprägt vom nationalsozialistischem Ethos und doch war sie ein Teil der Wehrmacht. Generaloberst der Wehrmacht Heinz Guderian schrieb einmal: \"Und je länger der Krieg dauerte, desto mehr wurden sie die unseren.\"
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