Der Kampf um das Getreide
Wie schon zur Zeit der Zarenherrschaft war Getreide das wichtigste Exportgut Russlands. Mit dem Erlös des exportierten Getreides wurden die Maschinen, welche für den Aufbau der Industrie eingeführt wurden, bezahlt. Den kompletten Erlös vorauszuplanen war so gut wie unmöglich, da das ganze System von 25 Millionen Einzelbauern abhing, welche selber entscheiden konnten, wie viel Getreide sie den staatlichen Einkäufern verkaufen wollten. Mitte der 20er Jahre erreichte das wirtschaftliche Wachstum einen Höhepunkt, und die Wirtschaftspolitiker strebten eine noch schnellere Industrialisierung an. Nach zwei hervorragenden Erntejahren rechneten die Politiker im Herbst 1927 mit einem hohen Getreideaufkommen für den Export. Das riesige Aufkommen blieb aber aus, der Grund dafür war, dass die Bauern es vorzogen ihr Vieh zu mästen oder aus dem Getreide Schnaps zu brennen. Die Bauern hatten kein Interesse daran, ihr Getreide zu verkaufen, da das Geld fehlte, um Lebensmittel zu importieren oder gar im eigenen Land selbst herzustellen, wodurch die Regale in den Läden oft leer blieben. Das Geld fehlte, weil die \"Getreideexportgelder\" in die rasche Industrialisierung einfloss. Als Propaganda und gutes Zureden nichts nützten, setzten die Behörden die Zwangsmethoden des Kriegskommunismus ein und nahmen den Bauern das Getreide gewaltsam ab.
Offiziell führte Stalin den Kampf um das Getreide als eine Klassenkampfkampagne gegen die Kulaken: Er spielte die Armut der Landarbeiter gegen den vermeintlichen Reichtum der Kulaken aus. Sie (die Kulaken)wurden als Saboteure des Aufbaus des Sozialismus dargestellt und als konterrevolutionäre (altmodische) Klasse verurteilt und nach Sibirien verbannt oder hingerichtet.
Die Kollektivierung der Landwirtschaft
Auf Grund der oben genannten Vorfälle versuchten die Bauern sich durch den Eintritt in eine staatlich propagierte Kollektivierung, eine sogenannte Kolchose, zu retten. Der Staat forcierte seit 1928 diese Kollektivierung, teils mit brutalem Zwang, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern. Die Russen merkten nicht, dass sie sich damit ein Eigentor schossen, denn mit der Zerstörung des traditionellen Bauerndaseins und mit der durch die Kollektivierung verbundenen Umwälzung der Agrarverhältnisse, sanken die Ernteerträge drastisch. Die staatlichen Zwangseintreiber nahmen keine Rücksicht auf schlechte Ernteerträge, darum kam es auch in den Wintern 1931/32 und 1932/33 zu Hungersnöten, welche vor allem auf dem Land Millionen von Opfern forderte.
Durch diese Umstände waren die Bauern nicht mehr gewillt, so hart und soviel, zu arbeiten. Sie resignierten und dadurch stockte auch die Landwirtschaft. Selbst geringe Arbeitsleistungen konnten nur noch mit Hilfe von Zwangsmassnahme erreicht werden. Kollektivierung und Mechanisierung der Landwirtschaft brachten also keine Ertragsersteigerung, jedoch wurde die Marktleistung innert 10 Jahren verdreifacht.
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