Die militärischen Siege der Hellenen in der entscheidenden Phase der Perserkriege 480/79 (Salamis, Plataiai/Mykale) besaßen für spätere innen- und außenpolitische Entwicklungen Griechenlands eine Tragweite, wie sie erst die weiteren militärischen Erfolge der kimonischen Ära hervortreten lassen haben. Besonders das \"Entscheidungsjahr\" (Heinrichs, a.a.O., 2) 479 stellt u.a. einen wichtigen Punkt in der politischen Zugehörigkeit der transägäischen Griechengebiete und in der Beziehung zwischen Athen und Sparta dar.
Nach der verlorenen Seeschlacht in der Meerenge von Salamis am 28. September 480 flüchtete sich Herodots Bericht zufolge der verbleibende Rest der persischen Reichsflotte in die schützende Deckung der asiatischen Küste und überwinterte, nachdem sie den König und sein Heer von der Chersonesos nach Abydos übergesetzt hatte, in Kyme und Samos. Mit Einsetzen des Frühlings 479 sammelten sich die verschiedenen Schiffskontingente der persischen Flotte unter dem Befehl von Mardontes, Artayntes und Ithamitres in Samos. Diese beschlossen nach der Feststellung, daß die schwer angeschlagene persische Flotte zusammen mit dem ionischen Schiffsanteil gerade noch ca. 300 Schiffe aufbieten konnte und die Bundesflotte der Hellenen ihrer Meinung nach nicht nach Ionien aufbrechen würde, lediglich einem möglichen ionischen Abfall vom Perserreich entgegenzuwirken und nicht weiter Richtung Westen zu fahren, wo sicherlich ein Zusammentreffen mit der siegreichen Bundesflotte provoziert werden würde. Somit verweilte die Reichsflotte auf Samos und setzte große Hoffnungen auf Mardonios´ Landunternehmungen.
Die Bundesflotte sammelte sich jedoch zu dieser Zeit mit 110 Schiffen unter dem Oberbefehl des spartanischen Königs Leutychides und des Atheners Xanthippos bei Aigina. Kurze Zeit darauf traf eine Gesandschaft aus Chios, die vorher schon in Sparta um Hilfe für die Befreiung Ioniens ersucht hatte, bei der Flotte ein und bat um Unterstützung bei ihrer Verschwörung gegen Strattis, den von den Persern ca. 493/92 eingesetzten Tyrannen von Chios. Die Bundesflotte setzte sich daraufhin Richtung Ionien in Bewegung, kam jedoch nur bis Delos, wo sie mit der Begründung, alles weiter Hinausliegende sei den Hellenen nicht geheuer, vom Platz her nicht vertraut (besonders Samos) und wahrscheinlich voller feindlicher Truppen, nahezu ein halbes Jahr vor Anker ging.
Im September des Jahres 479 kamen Gesandte der Insel Samos zur Bundesflotte, die hinter dem Rücken der Perser und des von ihnen eingesetzten samischen Tyrannen Theomestor mit der Bitte an die Oberbefehlshaber herantraten, nach Samos aufzubrechen, sie von der Herrschaft der Perser zu befreien und möglicherweise sogar einen Abfall der ionischen Truppenkontingente zu erreichen. Leutychides vergewisserte sich der Integrität der Gesandten und, nachdem er sich des Argwohns entledigt hatte, nahm ihnen den Treueeid ab, daß \"die Samier gewißlich unsere kampfeswilligen Bundesgenossen sein würden\" (Hdt. 9, 91).
Als das Opfer für die Hellenen schließlich günstig ausfiel, liefen sie von Delos mit Kurs auf Samos aus, und nachdem sie auf der Höhe von Kalamoi auf Samos angelangt waren, trafen sie Vorbereitungen zur Seeschlacht mit den Persern. Diese aber hatten sich auf die Nachricht vom Auslaufen der Bundesflotte zum Festland zurückgezogen, wobei sie die Schiffe der verbündeten Phöniker fortschickten. Die persischen Befehlshaber fühlten sich einer Seeschlacht mit den Griechen nicht gewachsen und bevorzugten die Sicherheit der bei der Mykalehalbinsel auf Xerxes´ Befehl hin lagernden, insgesamt wohl
an die sechzigtausend Mann starken Schutzarme zur Bewachung Ioniens . Den Plan verfolgend, die gesamte Flotte an Land zu ziehen und zusammen mit den persischen Stellungen mit einem Wall zu umgeben und somit einer Belagerung wie auch einer Feldschlacht gewachsen zu sein, trafen sie das Landheer in der Nähe von Skolopoeis und des Gaisonbaches auf der Mykalehalbinsel, wo sie das geplante Vorhaben in die Tat umsetzten und die Griechen erwarteten.
Die Nachricht vom Abzug der Perser enttäuschte die Hellenen nach Herodot schwer und machte sie bezüglich weiterer Aktionen unschlüssig. Sie entschieden sich jedoch für eine Verfolgung der Perser und brachen, sich erneut zu einer Seeschlacht rüstend, gegen Ende September 479 zum Festland auf. Nahe beim feindlichen Lager auf Mykale bemerkten sie jedoch die persische Strategie, denn anstelle des erwarteten Flottenangriffs sahen sie neben den starken Befestigungen ein kampfbereites, formiertes Heer der Perser. Daraufhin ließ Leutychides sein Schiff dicht an das Ufer steuern und den ionischen Kontingenten im Perserheer zurufen, daß sie bei einem Zusammentreffen der Heere \"zuallererst der Freiheit, sodann der Losung: ´Hebe´ gedenken sollten\" (Hdt 9, 98). Dieser Aufruf zum Abfall der Ioner verfolgte anscheinend eine ähnliche Taktik wie der des Themistokles am Kap Artemision 480, denn die Worte des Leutychides sollten entweder, falls die Barbaren sie nicht verstehen würden, die Ioner für die Griechen gewinnen oder, wenn man den Persern die Nachricht mitteilte, diese mißtrauisch gegen die Hellenen in ihren Reihen machen. Kurze Zeit nach dem Aufruf ihres Oberbefehlhabers an die Ioner hielten die Griechen auf die Küste zu, gingen an Land und formierten sich zum Kampf.
Die Perser begannen zwischenzeitlich mit der Entwaffnung und Internierung der Samier als für sie des Verrats verdächtigster Truppenteil im Lager und wiesen die Milesier an, die wichtigen Durchgangswege zur Mykalehöhe zu bewachen und dem persischen Heer die Fluchtwege offenzuhalten. Damit wollten sie nach Herodot die Truppenteile, denen sie am meisten mißtrauten, unschädlich machen oder vom Kampfgeschehen entfernen.
Als die Hellenen mit ihren Vorbereitungen fertig waren, rückten sie gegen die Barbaren vor, die ihrerseits mit ihren Schilden aus Flechtwerk eine leichte Schutzwehr errichtet hatten. Die Moral und der Kampfeswille der griechischen Hopliten wurden unterdessen durch das plötzlich die Reihen durchziehende Gerücht verstärkt, ihre Kampfgenossen auf dem griechischen Festland hätten die Schlacht bei Plataiai (26. September) gegen das große Perserheer unter Mardonios erfolgreich geschlagen und die Persergefahr von der Heimat abgewendet, so daß sich diesbezüglich niemand mehr um Hellas sorgen machen müsse. Als weiteres gutes Omen für die bevorstehende Schlacht wurde die Anwesenheit eines Demeterheiligtums gewertet, denn auch bei Plataiai soll sich ein solches Heiligtum der Demeter neben dem Schlachtfeld befunden haben. Durch diese Ereignisse ermutigt, nahmen die Hellenen bei Mykale den Kampf mit den Persern um die Inseln und den Hellespont noch entschlossener auf und drängten in die Schlacht.
Das griechische Heer teilte sich in zwei Gruppen auf, zum einen hatten die Athener mit der Hälfte des Heeres die Perser an der Küste anzugreifen, während zum anderen die Lakedaimonier mit den ihnen unterstellten Truppen das feindliche Heer über die Berge umgehen und einkesseln wollten. Die Truppen der Athener standen aufgrund des von ihnen zu überwinden Terrains jedoch viel eher im Gefecht mit den Barbaren und drangen auf den Schildwall ein, von dem aus man sie aber vorerst abwehrte. Erst als sie sich gegenseitig anfeuerten, \"daß der Erfolg ihnen gehören möge und nicht den Lakedaimoniern\" (Hdt. 9, 102), rissen sie den Wall vom linken Flügel her ein und bestürmten die feindlichen Truppen. Diese flüchteten nach anfänglichen Widerstand in ihr errichtetes Bollwerk, gerieten aber mit der Erkenntnis, daß die Griechen ihnen dicht gefolgt waren und der Schutz der Verschanzung genommen war, vollends in Verwirrung und suchten ihr Heil in der Flucht. Lediglich die Perser selbst führten den Kampf teilweise in kleinen, geschlossenen Gruppen fort, wobei Mardontes und Tigranes fielen (Ithamitres und Artayntes flohen ebenfalls). Letztendlich besiegelte das Eintreffen der Lakedaimonier und der anderen Einheiten von diesem Flügel das Schicksal der persischen Truppen.
Als die entwaffneten Samier, die sich inmitten des medischen Lagers befanden, sahen, daß sich zunehmend ein Sieg der Hellenen abzeichnete, fielen sie von den Persern ab und kämpften nach besten Möglichkeiten an der Seite der Griechen, wobei ihnen die anderen ionischen Truppenkontingente nachfolgten. Die zur Sicherung der Fluchtwege eingeteilten Milesier wiesen den fliehenden Barbaren schließlich Wege, die sie direkt in die Hand ihrer Feinde führte und fielen dann selbst den Medern in den Rücken.
Nach dem sieg- und verlustreichen Kampf plünderten die Griechen die persischen Schiffe und steckten sie mitsamt dem Bollwerk in Brand. Kurz darauf fuhren sie in Richtung Samos ab, um auf der zweiten samischen Flottenkonferenz über das Schicksal der Ioner zu beratschlagen.
Der opportunistisch scheinende Schritt des Abfalls der ionischen Truppen bei Mykale wird von Herodot vermutlich zu kritisch dargestellt. Wie wir aus seinem Bericht erfahren, sind am Kampfgeschehen in der entscheidenden Phase größtenteils die Perser beteiligt, so daß die ionischen Verbündeten lediglich Einsatzreserven in der Nähe des Lagers bildeten. Nach Meinung des Historikers Heinrichs war aufgrund der undurchdringbaren persischen Schlachtreihe und des ungeordneten Rückzuges ein Überlaufen oder eine Beteiligung am Kampf nicht möglich bis zu dem Zeitpunkt, da sich die Schlacht in viele Kleingruppen aufgeteilt hatte. Als dies gegeben war, handelten die Ioner zu dem für sie frühstmöglichen Zeitpunkt und dachten nicht an Flucht, vielmehr traten sie, wenn auch nicht aus nationalem Denken, sondern aus reinen Sachzwängen heraus, zu den Hellenen über.
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