Die Ideale der Templer gerieten aber schließlich ins Wanken, als aus den ,Armen Rittern Christi' in kurzer Zeit reiche Männer geworden waren. Da sie die sichersten Boten zwischen West und Ost waren, übergab man ihnen im Abendland das Gold, das für die Kreuzritter im Orient bestimmt war. Die Ritter besaßen eine mächtige Flotte - kein Pirat hätte es gewagt, ein Schiff des Ordens zu kapern. Bald genügte es, den Betrag in Europa einzuzahlen, um mit einer Quittung die entsprechende Summe in Palästina zu erhalten. So entstand der erste bargeldlose Bankverkehr. Da Großgrundbesitzer manchmal in Geldnöten steckten und Könige Kriege finanzieren mussten, lieh man sich bei den reichen Templern das Geld, das man brauchte.
Zwar durften Christen keine Zinsen nehmen, aber die Ritter hielten sich durch Leihgebühren schadlos. Auch Philipp der Schöne machte Templer jahrelang zu seinen Steuerbeamten und übergab dem Tempel in Paris seinen Staatsschatz. Eine Ursache des Niedergangs des Tempels war die laxe Handhabung, mit der die Aufnahme der Mitglieder durchgeführt wurde; es gab keinerlei Form eines Noviziates. Aus dem Prozess weiß man, dass Familienbeziehungen eine Rolle spielten und Verwandte sich Würden und Ämter zuschoben. Doch dieser Missstand ist nicht allein den Templern anzulasten: Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurden die nachgeborenen Söhne des Adels für die geistliche Karriere bestimmt.
Reichtum, Standesdünkel und Kriegsruhm verführten die Templer leider zu einem Hochmut, der wohl einmalig war. Sie trotzten Päpsten und Königen, ihre Rivalen, die Deutschherren, warfen sie praktisch aus Palästina hinaus und gegen die Johanniter führten sie, oft wegen nichtiger Prestigefragen, regelrecht Krieg. Ohne Zweifel ist diesem Hochmut auch zum guten Teil ihr Untergang zu verdanken. So dürfte Philipp der Schöne unter anderem auch deshalb zum gnadenlosen Gegner des Ordens geworden sein, weil die Ritter seinen Stolz verletzt hatten. Militärisch zeigten sich die Templer bis zum Untergang des christlich beherrschten Nahen Ostens auf der gewohnten Höhe; nach dem Verlust des Heiligen Landes blieben die Templer ohne eigentliche Aufgabe, nur in Spanien und Portugal brauchte man noch ihr Schwert. Sie waren nun also nicht viel mehr als ein stehendes Heer mit dem kommandierenden General in Paris.
Diese bestausgerüstete Streitmacht ohne wirkliche Aufgabe konnte vielleicht einmal gefährlich werden.
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