Was geschehen ist:
Als Beginn wird häufig der 4.September 1989 genannt, als es zum
ersten Mal im Anschluss an ein traditionelles Friedensgebet in
der Leipziger Nikolaikirche zu einer großen Menschenansammlung
direkt vor der Kirche kommt. Etwa 1000 Menschen skandierten Rufe
wie "Reisefreiheit statt Massenflucht" oder "Stasi raus". Diese
erst 1985 wiederbelebten Friedensgebete wurden hauptsächlich von
oppositionellen Gruppen organisiert, an denen sogar Nichtchristen
teilnahmen, und die daraus entstandenen Montagsdemonstrationen
und die genannten Friedensgebeten waren dann die Initialzündung
für die sogenannte Herbstrevolution. Die Mitglieder dieser Friedensgebete
waren hauptsächlich Leute die einen Antrag auf Ausreise gestellt
hatten und mit diesen Gebeten öffentlich für Reisefreiheit demonstrierten.
Mehrfach versuchte die DDR-Spitze diese Versammlung zu beenden,
jedoch ohne Erfolg.
Wie schon erwähnt fand dann am 4.September die erste Montagsdemonstration
statt ( "Montag." deswegen, weil sich die Bürger an jedem Montag
zu den Friedensgebeten getroffen hatten), an der sich schätzungsweise
ca. 1200 Leute beteiligten. Da sich an den folgenden Montagen
immer mehr Menschen zusammen fanden, wurden die Friedengebete
auf weitere Kirchen in Leipzig ausgedehnt. Die Sicherheitskräfte
versuchten mehr oder weniger gewaltsam diese Proteste zu beenden,
doch in ihnen, in denen anfangs die Themen "Wahlbetrug" und "Reform
des politischen Lebens in der DDR" im Vordergrund standen, offenbarte
sich ein von der Regierung unterschätztes Protestpotenzial. Als
es dann zur nächsten Versammlung am 11.September kam, drohte die
Situation zwischen der immer größer werdenden Demonstrantenmenge
und den Sicher- heitskräften zu eskalieren, als schon beim Verlassen
der Nikolaikirche etwa 70 Teilnehmer verhaftet wurden. Auch am
18.September kommt es wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen,
wobei weitere "Oppositionelle" verhaftet werden. Noch am selben
Tag wieder die Gruppe "das Neue Forum" gegründet, was sich als
Plattform für alle Bürger der DDR verstand, so dass diese sich
an den Diskussionen zum gesellschaftlichen Leben beteiligen können.
Trotz dieser Abschreckungsmaßnahmen wuchs die Menge der Demonstranten
weiter an und war schon am 25.September bei ca.8000 Teilnehmer
angelangt. Zwar versuchten die Sicherheitskräfte weiterhin die
Menschen gewaltsam aufzuhalten, jedoch waren sie mit den großen
Massen bereits überfordert. Auch die kundgegebenen Parolen bezogen
sich nicht mehr auf Reisefreiheit sondern weiteten sich auf Forderungen
nach einer grundlegenden Reform der DDR aus. Am 2.Oktober entwickelte
sich die Lage weiter wie anfangs: Die Demonstrantenmasse wuchs
weiter an (inzwischen waren es an die 20.000) und der Widerstand
der Staatsgewalt nahm ab. Außerdem wurde in der Nacht auf den
03.10. in der Berliner Gethsemanekirche eine Mahnwache für alle
politischen Gefangenen der DDR abgehalten.
Doch am darauffolgenden Montag (dem 9.Oktober) startete die Staatsmacht
einen letzten Versuch die Proteste zu beenden. Schon im Vorfeld
der Demonstrationen zog sie Einheiten der Stasi, der Vopo und
der NVA in Leipzig zusammen, um notfalls mit Gewalt dem Treiben
ein Ende zu machen. Jedoch gab es vor dem 9.Oktober öffentliche
Aufrufe von beiden Seiten, die Proteste gewaltfrei ablaufen zu
lassen. So riefen beispielsweise drei Sekretäre der SED-Bezirksleitung
und auch die Kirche zur Gewaltfreiheit auf. Diese öffentlichen
Aufrufe und auch die un- erwartete Zurückhaltung der Sowjetunion,
die weder aktiv eingriff, noch ein Kommentar dazu abgab, trugen
dazu bei, dass die Proteste friedlich abliefen. An diesem 9.Oktober
versammelten sich ca. 70.000 Menschen in der Leipziger Innenstadt
und verkündeten erstmals Parolen wie "Wir sind das Volk!", welche
schnell zum Motto des friedlichen Umsturzes in der DDR wurden.
Trotz des immer noch immensen Polizei- aufkommens und den scheinbaren
Vorbereitungen für einen massiven Eingriff, wagten die Sicherheitskräfte
sich nicht die Massen aufzuhalten. An den darauffolgenden Montagen
strömten immer mehr Menschen aus der ganzen DDR nach Leipzig um
sich den Demonstranten anzuschließen. An den beiden größten Montagsdemonstrationen
wurden 300.000, bzw. 250.000 Demonstranten gezählt, wobei sich
auf die ganze DDR Proteste ausweiteten. Diese Situation führte
unter anderem dazu, dass Erich Honecker am 18.Oktober von seinem
Amt als Regierungschef zurücktrat (offiziell aus gesundheit-ichen
Gründen.), wobei man sagen kann, dass die Demonstra- tionen auch
einen entscheidenden Anteil an der Wiederverein- igung hatten.
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