Ceija besitzt die Kunst, uns die einzelnen Situationen, von denen sie berichtet, äußerst lebhaft darzustellen. Sie läßt den Lesern an ihrer Gefühlswelt teilnehmen und damit durchbricht sie die Distanz zu den Geschehnissen der Vergangenheit und ruft eine gewisse Unmittelbarkeit hervor. Die Kunst, uns die Situationen so wahrheitsgetreu darzustellen, liegt auch vermutlich darin, daß Ceijas Hauptaugenmerk nicht am literarischen Stil liegt, sondern, daß ihr wichtig ist, natürlich zu erzählen. Sie verbindet die KZ-Welt mit ihrem bisherigen Leben. Und so können wir uns die ganzen Schilderungen sehr gut vorstellen. Es ist eine Perspektive, die uns sehr ans Herz geht. Sie baut Antonyme auf, in dem sie trotz der Welt im KZ, die Schönheit der Außenwelt nicht vergißt. Es kommt so oft zu Situationen, die objektiv gesehen schrecklich sind, aber an denen Ceija doch etwas "Positives" findet:
"Aber ihr kleiner dreijähriger Junge lag auf dem Totenhaufen. Er lag auf dem Rücken. Schöne schwarze Augen hatte er und schwarzes Haar. An seinem Körper trug er einen dunkelblauen Angorrapullover. Er war ein schönes Kind gewesen, aber nun war er schon acht Tage tot."
Selbst bei einem Besuch im KZ denkt sie nicht nur an die schreckliche Zeit, die sie darin verbringen mußte, sondern läßt die Natureindrücke auf sich wirken. Sie empfindet den Regen als einen Begleiter, der ihr Schicksal kennt und mit ihr weint und sie trotzdem positiv stimmt:
"Es hat furchtbar geregnet, wir waren patschnaß, aber es war herrlich, ein Empfang für uns, eine Begrüßung. Es war ein warmer Regen."
Ceija vermittelt uns sehr stark und bildhaft ihre Gefühle, ihre enge Verbundenheit mit der Natur und den Glauben an das Leben. Von der Mutter hat sie die Stärke bekommen, die ihr Selbstvertrauen und eine Persöhnlichkeit gaben. Dieser Glaube an sich selbst rettete ihre Identität in der Zeit im KZ, wo man sie zu vernichten versuchte:
"Früher hat sie öfter zu mir gesagt: Du bist du, Ceija, du darfst keine andere sein, du mußt immer schau'n, daß du deine Art, die dir der liebe Gott gegeben hat, behältst, und daß du sagst: Ich bin ich, was willst du von mir? - Wenn man das nicht ist, wird man ein Mauerblümchen und kann aus seinem Leben nichts machen. Hätt ich mich immer verkrochen, wo wäre ich hingekommen? Wär ich wahrscheinlich in Auschwitz geblieben."
Ceija glaubt auch an ein Weiterleben der Verstorbenen nach dem Tod. Hier finden wir eine "archaische" Vorstellung , nämlich jene, daß sich die Seelen der Verstorbenen in Tiere verwandeln:
"Und in dem Moment rennen zwei Hasen vorbei, bleiben dort stehen, setzen sich auf und spielen miteinander. Ist denn so etwas möglich, hat der Karli gesagt, wenn du das jemandem erzählst, das glaubt dir kein Mensch, aber du siehst es mit deinen eigenen Augen. Mir kommt das so vor, als wären es der Kurti und unser Ossi. [...] Ja du hast recht, sie haben uns gesehen, das sind ihre Seelen. Du glaubst, sie sind in die Tiere hineingeschlüpft, um uns diese Freude zu machen. [...] Ein Bodenwind ist gegangen, ein leichter. Kein normaler Wind. Für mich war das ein Wind der Begrüßung, von den Menschen, deren Seelen dort sind. Mit dem Wind hab ich gesprochen: Ich bin eh da, wir haben es geschaft."
Die Sinneswahrnehmungen spielen eine große Rolle in ihrem Werk; die Erinnerungen werden durch Gerüche oder Geräusche hervorgerufen. Die Empfindungen, die sie dann verspürt, sind stark wie damals:
"Sonne, Wind, bei einer Mauer, gell. Und plötzlich kam durch das Feuchte, durch die Wärme... kam der Geruch aus dem Stein raus, als wäre es jetzt genau wieder so, wie es damals war. Ja, könnt ihr das verstehen?"
Ein wichtiger Punkt in Ceijas Werk sind ihre Träume. Meistens sind es Alpträume, die sie seit der Kindheit plagen, aber auch Visionen oder Voraußdeutungen die in wichtigen Situationen kommen. Durch ihre Träume erlöst sie sich vielleicht von den Ereignissen aus dem KZ und wandelt sie in etwas Erwünschtes und Gerechtes um:
"In dieser Nacht träumte ich. Ich erwachte und lachte über meinen Traum. [...] Ich sah das Lager Bergen-Belsen von damals und darin ein großes Grabmal. Ich sah, wie sich das größte Grab mit seinen Toten in die Luft hob. Es sah aus, als hätte es keine Kraft, ziemlich wackelig schwebte es in der Luft. Plötzlich schlossen sich die kleineren Gräber dem Rumpf an, und alle Gräber von Bergen-Belsen bildeten einen Riesenvogel. Er formte sich aus der Erde der Gräber, die unzähligen Leichen bildeten seine Federn, die Totenköpfe schauten überall aus dem Gefieder hervor. Der jetzt kraftvolle Vogel schwebte über Bergen-Belsen. Doch er sah nicht traurig aus. Er flog zu jenen, die am Tod der vielen Menschen schuldig waren."
Ceija verspürt keinen Haß gegen die Menschen, die ihr die Qualen im KZ angetan haben. Sie hat Mitleid mit ihnen und versucht sie auch zu verstehen:
"Wenn dieser junge Mann, der gerade eine Frau geheiratet hat und ein Baby kriegt und verliebt ist und der muß nach Auschwitz rein und den Wahnsinn dort miterleben muß, dann ist es ja ganz klar, daß er sagt: "Diese Kreatur, wenn die nicht da wäre, dann wäre ich zu Hause." Und so war es. Und es ist so. Es waren nicht alle böse. Es hat Ausnahmen auch damals gegeben. Ein Nazi ist auch nur ein Mensch. "Nazi" ist nur die Bezeichnung für das, was er tut in seinem Leben, wo er sich hinwendet, aber in Wirklichkeit ist er ein Mensch!"
Die Genugtuung für Ceija ist die, daß die Nazis die selbe Luft wie die Gefangenen einatmen mußten. Nach dem Leben im KZ versucht sie eine Erklärung für die Menschen mit Vorurteilen zu finden. In ihrem Buch "Reisende auf dieser Welt" beschreibt sie eine Situation, wo sie sich den Identitätsausweis holen mußt. Sie stößt auf einen Beamten, der sie erniedrigt. Kritisch, die Scheinmoral entdeckend, und doch voll Gefühl, erzählt sie uns diesen Vorfall:
[...] "Aber höre jetzt gut zu, du Zigeunerin. Daß du dir ja nich erlaubst, irgendwann einmal bei unserer Gemeinde zu betteln. Hast du mich verstanden? Ich will dich hier bei uns nie wieder sehen!" Dann fügte er noch hinzu: "Mia san ka Bett'lamt und schon gor net für euch." Mein Blick erreichte eine Zimmerecke, von wo mich der Gekreuzigte barmherzig ansah. Dann sah ich das Lächeln eines Mannes auf einem Bild: Der damalige österreichische Bundespräsident.
Meine Beine versteiften sich. Nein, nicht aus Haß oder Angst, sondern aus reinem Stolz. Es lag überhaupt nicht in meinen Gedanken, von dieser Gemeinde etwas zu erbetteln. Ich dachte so vor mich hin: "Mein Gott, ist dieser Mensch arm, arm an seinem eigenen verbissenen Leben." Ich war auch damals als Reisende zufrieden und glücklich, während dieser Bedienstete am Joiser Amt Angst hatte, daß ihn die Roma anbetteln könnten."
Sie beschreibt, wie es im KZ unter den Gefangenen keine Diskriminierung gibt:
"Wir waren alle zusammen an einem Platz. Aber für uns ist es ja nicht um die Grenzen gegangen. Für uns hat der Mensch gezählt."
Ceija stellt sich nicht als eine leidende Heroin ins Bild, sie schildert ihr Leben nicht als eine riesige Heldentat, sondern erzählt über sich im Hinblick auf das Schicksal anderer Menschen.
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