Im Oktober 1848 sahen sich die Behörden, wegen neuerlicher Unruhen in Wien, dazu gedrängt, die Regierungsgeschäfte nach Kremsier zu verlegen, wohin auch der REICHSTAG am 22. November einberufen wurde. Dort beriet er weiter über die neue Verfassung auf beinahe idealistische Art und Weise alle liberalen Einflüsse der voran¬gegangenen Revolution berücksichtigend. Doch zu dieser Zeit konnten die konservativen Kräfte bereits wieder auf das Heer als Stütze zählen, da alle Aufstände in den Provinzen niedergeschmettert worden waren. In Budapest eilten sogar russische Truppen den Österreichern zur Hilfe, um der Situation Herr zu werden.
Als Kaiser FRANZ JOSEPH I. am 2. Dezember 1848 den Thron bestieg, nur wenige Tage nach dem Amtsantritt SCHWARZENBERGs als Ministerpräsidenten, hatte sich die politische Lage derart zugunsten der konservativen Kräfte geändert, daß das Ergebnis der Beratungen, der KREMSIERER ENTWURF, nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entsprach und gar zur Auflösung des REICHSTAGES durch den Monarchen führte.
Dieser Entwurf bestand aus zwei Teilen:
Entwurf der Grundrechte des österreichischen Volkes
Entwurf der Konstitutionsurkunde für die österreichischen Staaten
Der erste Teil wurde vom Reichstag nach langen Debatten angenommen. Hiermit kam das Bemühen zum Ausdruck, die liberalen Grundrechte weitgehend zu verwirklichen, das zum Teil viel weiter ging als die heutige Verfassung.
Der zweite Teil konnte nicht mehr angenommen werden, weil die Auflösung des Reichstages der geplanten Sitzung zuvorkam. Die Konstitutionsurkunde erklärte Österreich als "Kaisertum" und als "unteilbare konstitutionelle Erbmonarchie". Dieser Entwurf, der jedoch keine Gültigkeit für die transleithanischen Länder gehabt hätte, sicherte den anderen Gleichberechtigung und Autonomie unter Berücksichtigung der Nationalitäten zu.
Die Regierungsgewalten waren in Zentral- und Landesregierungsgewalten geteilt. Die Reichs-Zentralgewalt bestand aus dem Kaiser, der zwar nicht verantwortlich war, dessen Befugnisse aber durch das Parlament eingeschränkt werden sollten, den Ministern, sowie dem Reichstag.
Dem Reichstag, der aus zwei Kammern bestand, oblag die Reichsgesetzgebung. Zum Zustandekommen eines Gesetzes war die Zustimmung beider Kammern sowie des Kaisers von Nöten.
Damals wurden Landtage und Gemeinden eingerichtet beziehungsweise reorganisiert..
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