Im Bereich der Arbeit und der Bildung bedeutete das 20 Jahrhundert stets eine Kluft zwischen der Situation der Männer und der der Frauen. Doch es bestanden keines-wegs nur Ungleichheiten zwischen Mann und Frau, sondern auch - je nachdem in welchem Land man sie betrachtet - unter den Frauen. An diesem Punkt setzen die Be-strebungen der Frauenbewegungen ein, welche stets darauf ausgerichtet waren, diese Ungleichheit, sei es in der Schule oder am Arbeitsplatz, auszugleichen. Selbst das Gesetz der Veränderung, das vor allem in der Geschichte des Wahlrechts seine Wirkung zeigte, schien in der Welt der Arbeit und Bildung zu versagen. So blieben die beherrschenden Positionen in Staat und Wirtschaft stets von Männern besetzt, währenddessen die Frauen untergeordnete Positionen begleiteten. Falls es einmal zum Vorschub der Frauen in bestimmte Bereiche der Männerarbeit kam, so reagierten diese gleich mit Flucht und gaben
diesen nahezu "kampflos" auf. Ein typischer Frauenberuf hingegen wurde nie von den Männern angetastet oder gar übernommen, da er dem Idealbild eines Männerberufes und dem Mann nicht entspricht. Es existierte somit weder eine Situation der Rivalität noch ein fairer Wettbewerb zwischen den Geschlechtern, sondern vielmehr eine stillschweigende Minderwertigkeit der Frau. Trotz dieser Minderwertigkeit vollzog sich im gesamten 20. Jahrhundert ein massiver Zustrom der Frauen zur Bildung und Erwerbstätigkeit, wenngleich damit kontinuierlich eine Ungleichheit der schulischen Chancen und die Nichtgemischtheit im Beruf verbunden war.
Alles im allem läßt sich die Frauenarbeit und -bildung in drei zeitliche Phasen einteilen:
Die Zeit von 1918-1945, von 1945-1975 und von 1975-1990. Seit 1918 hatten die Männer ihre Plätze in den Fabriken geräumt und befanden sich an der Front. Die Frauen, welche die Stellung im Hinterland hielten, wurden nun, aufgrund des Arbeits-kräftemangels, in die Berufe der Männer eingeteilt. Der langwierige Wettstreit, um die Aufteilung der Arbeit, wurde dabei mangels männlicher Teilnehmer hinfällig. Von der wirtschaftlichen Seite zeigte die Zwischenkriegszeit Anzeichen diverser Kinderkrankheiten des Kapitalismus. Dazu gehörten Depressionen, Krisen, Einbrüche an der Börse uns strukturielle Arbeitslosigkeit. Geprägt durch diese konjunkturellen und strukturellen Veränderungen hatte die Frauenarbeit und -bildung besonders in den Industriestaaten beachtliche Fortschritte gemacht. Die vorkapitalistischen Arbeitsformen (Heimarbeit und
Familienarbeit) wurde von der abhängigen Beschäftigung im Betrieb abgelöst. Weiterhin kam es zur industriellen Umverteilung der weiblichen Arbeitskräfte, Vermehrung der Frauenberufe auf dem Dienstleistungssektor und ein Vordringen der Frau in intellektuellen
und freiberuflichen Tätigkeiten. Um dieses zu ermöglichen und das Fehlen einer Aussteuer auszugleichen wollten die bürgerlichen Familien ihrer Tochter eine dementsprechende Bildung mitgeben. Mittel dafür war die Schule, auch wenn sie derzeit noch nicht an den Arbeitsmarkt angepaßt war. Die technische Berufsausbildung und die allgemeine Aus-bildung waren, im Gegensatz zur Grundschule, nur für die Arbeiter und nicht für die Arbeiterinnen bestimmt. Das Ergebnis der damit erreichten Qualifikationserhöhung spürte man überwiegend in dem Wechsel der Arbeitsbereiche. Es kam nämlich zu einem langsamen Übergang von den traditionellen weiblichen Sektoren (Textil- und Bekleidungs-industrie) zu neuen Sektoren, wie der chemischen, der Metall- und Lebensmittelindustrie. Ein völlig anderes berufliches Ziel für die Frau verfolgte die Familienpolitik. Nach radikalen Versuchen, wie Zwangsentlassungen verheirateter Frauen, merkte man schnell, daß es besser wäre, die Frau dazu zu bewegen selbst aus dem Berufsstand auszutreten. Man erfand zu diesem Zweck die erziehende Mutter und rationelle Hausfrau einer neuen Hauswirtschaft, um den Frauen die Rückkehr zum "Herd" zu erleichtern. In der Folgezeit - Ende des Zweiten Weltkrieges - entwickelte sich mit zunehmenden nationalen Wieder-aufbau der Bedarf an Arbeitskräften. Sowohl Heimarbeiterinnen, Landwirtinnen als auch Familienangehörige wurden eingestellt und fanden ihren neuen Arbeitsplatz in den Fabriken. Ebenfalls sehr schnell entwickelte sich der Dienstleistungssektor (Banken und Versicherungen), welcher hauptsächlich von Frauen, als typische Arbeiterinnen dieses Arbeitsbereiches, geprägt wurde.
Mit dem Einsetzen des Wirtschaftswachstum nach 1945 wurde die Vollbeschäftigung der Frauen gefördert. Mehr und mehr kam es nun zu einer Integration der Frau in das Bildungssystem und die Arbeitswelt. Gekennzeichnet wurde die Erwerbstätigkeit dieses Zeitabschnittes durch fünf wesentliche Merkmale: Erstens die Rückkehr vieler Frauen mit selbstständiger Tätigkeit zur Lohnarbeit; Zweitens die insgesamte Zunahme der Frauen-
erwerbstätigkeit; Drittens die fast völlige Eliminierung der selbständigen Arbeit in ihrer traditionellen Form; Viertens durch die schwindende Vorbildfunktion der Hausfrau und Fünftens durch die Erfindung der Teilzeitarbeit.
Die Frauen dieser Epoche gingen jetzt zur Schule, um später arbeiten zu können. Dabei gab sich die Schule bei der Eröffnung neuer Ausbildungswege sowohl emanzipatorisch als auch konservativ, um einzelnen Klassen zu entsprechen. Das Gelernte half den Mädchen bzw. Frauen, die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit zu ermöglichen, neue verschieden Berufstätigkeiten zu eröffnen. Bei besonders gutem Hochschulabschluß war es sogar möglich einen Zugang zu den Männerberufen zu erhalten. Die Jahre nach 1975 waren eine Zeit der Umwälzungen, in der alles durcheinander geriet. Der Dienstleistungssektor ist übersättigt und es kommt zum Anstieg der Arbeitslosigkeit und Inflation. Weitere Auswirkungen findet man in der Beschränkung der Arbeitsplätze, der Anpassung an Angebot und Nachfrage. Gründe dafür waren die mangelnde Flexibilität und Mobilität. Für die Unternehmer waren die Arbeitnehmer zu teuer und unflexibel. Desweiteren zweifelte man an der spezifischen Ausbildung der Arbeitskräfte an Schulen. Aus diesem Grund kam es zu einer Zunahme der Fortbildungs- und Umschulungseinrichtungen, welche die Mißstände im Bezug auf die Qualifikation beenden sollten. Im Bildungssystem schlossen sich eine Unzahl von nationalen und internationalen Erklärungen, Berichte, Gesetze und Stellungsmaßnahmen zugunsten der schulischen Chancengleichheit an. Zunehmend ist auch die Wahl von Männernfächern, an Universitäten und Fachhochschulen, durch Studentinnen. Zu welchen ein sprunghafter Anstieg der Anzahl der Mädchen in der Sekundarstufe kommt.
Trotz alle dem ist die Beständigkeit der Frau am Arbeitsmarkt nur auf diverse Fortschritte im sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich zurückzuführen. Zu diesen gehört die Anhebung des Bildungsniveaus, die Vermehrung der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst, neue Einstellungen zu Ehe und Ehescheidung, eine frühere Ein-schulung der Kinder und die Verbreitung eines positiven Bildes der berufstätigen Frau.
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