Nachdem Wassily Kandinsky schon die Künstlergruppe \"Phalanx\" und einige Jahre später die \"Neue Künstlervereinigung\" gegründet hatte, bildete sich um seine Person 1911 in München die Vereinigung \"Der Blaue Reiter\". Der Name leitet sich von seinem gleichnamigen Gemälde ab, auf dem ein Held auf einem weißen Pferd durch eine Herbstlandschaft reitet. Gemeinsam mit Franz Marc vereinigte der \"Blaue Reiter\" bedeutende deutsche und russische Maler. Die Künstler verband sowohl eine gemeinsame Vorliebe für mittelalterliche und primitive Kunst als auch ein starkes Interesse an den aktuellen französischen Kunstrichtungen des Fauvismus und Kubismus. Zu den engeren Mitgliedern gehörten unter anderen August Macke, Gabriele Münter, Alfred Kubin und Paul Klee; in Verbindung mit ihnen standen Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin und der Komponist Arnold Schönberg. Im Gegensatz zu den Malern der "Brücke" versuchten die Vertreter des \"Blauen Reiter\" die bestehenden Grenzen der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern. Ihr Ziel war die Verbindung von "reiner Farbe" und "reiner Form". Ihre Werke stellen einen eher romantischen Expressionismus dar. Beispielsweise verstand August Macke seine Bilder als "visuelle Poesie". Die Werke des "Blauen Reiters" lösten sich immer stärker vom Vorbild der Natur, vor allem die Bilder Kandinskys. München gilt als Geburtsort der abstrakten Malerei.
Wassily Kandinsky
Der in Moskau geborene Kandinsky suchte lange Zeit nach einem eigenen Stil, er malte besonders spätimpressionistische, jugendstilhafte Szenen aus russischen Volksmärchen. Im Laufe der Zeit wurden seine Werke nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten gestaltet und immer abstrakter. Er schrieb darüber auch Bücher wie \"Über das Geistige in der Kunst\" oder \"Punkt und Linie zur Fläche\". Kandinskys Gestaltungslehren wurden später auch in der Kunstschule "Bauhaus" wieder aufgenommen. Kandinsky betonte stark das Geistige und Theoretische in der Kunst, er gilt weniger als Expressionist sondern eher als Vertreter der abstrakten Malerei
Franz Marc
Franz Marc, in München geboren und im ersten Weltkrieg gestorben, zählt zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Er studierte an der Münchner Kunstakademie und besuchte mehrere Male Paris, wo er sich mit den Werken von Gauguin, Van Gogh und impressionistischen Künstlern beschäftigte. Marc war einer der Vorkämpfer der abstrakten Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als Idealist, der den modernen Materialismus ablehnte, wollte Marc in seinen Gemälden das Reine und Ursprüngliche zeigen. Der Materialismus ist eine philosophische Richtung, die das Materielle als Grundlage der Wirklichkeit sieht. Sein hauptsächliches Motiv waren Tiere, die er in verschiedener Gestik und auch Mimik darstellte. In seinen Werken diente die Farbe ausschließlich dem Symbolgehalt und nicht dem Zweck einer naturalistischen Darstellung. Die Formen seiner Tiere und ihrer Umgebung zerlegte Marc in fast kubistischer Weise. Farbe und Gegenstand wurden als voneinander unabhängige Bildelemente behandelt.
Dabei unterlag die Farbe einer bestimmten Gesetzmäßigkeit. So sollte Blau beispielsweise das Männliche, Herbe und Geistige versinnbildlichen, Gelb dagegen das Weibliche, Sanfte, Heitere und Sinnliche, und Rot die Materie. Zu Marcs berühmtesten Werken zählen die Ölgemälde \"Das Blaue Pferd\", \"Der Stier\" und \"Die Gelbe Kuh.
Bildbeschreibung: "Das Blaue Pferd" von Franz Marc
Das blaue Pferd dominiert das Bild. Es hat dunklere Hufe und eine glatte, dunkelblaue Mähne, während die Stirn, das Ohr und die Brust hellblau sind. Die linke Seite des Pferds ist ebenfalls dunkler. Es hat den Kopf nach links geneigt und scheint nach unten zu schauen. Das Auge besteht aus zwei dunklen Strichen. Der ganze Körper ist durch eher eckige Formen geprägt, die Farbübergänge sind aber weich. Der Boden besteht im Vordergrund aus grünen und orangen Flächen, rechts wächst eine dunkelgrüne Pflanze mit drei großen Blättern. Weiter hinten in der rechten Hälfte des Bildes befinden sich mehrere Hügel, die rot bzw. blau sind. Die Farbe der Hügel wird nach unten heller. Hinter dem Pferd ist eine gelbe Fläche, man kann auch ein eckiges, grünes Gebilde erkennen, das an eine Pflanze erinnert. Links oben befinden sich grüne und blaue längliche Flächen, der Hintergrund ist hellrosa.
Paul Klee
Der Schweizer Paul Klee schuf aus Angst vor farbigen Darstellungen anfangs nur graphische Werke. Nach einer Reise nach Tunis und Einflüssen anderer Künstler beendete er diese Phase. Klees Bilder sind präzise konstruiert, die Formen zu geometrischen Elementen verwandelt und die Farben harmonisch eingesetzt. Seine abstrakten Bilder haben eine eigene, vereinfachte Zeichensprache, er versuchte, zu den Wurzeln der Kunst zurückzugehen und experimentierte mit Punkt, Linie, Fläche und Farbe. Auf den ersten Blick ähneln manche seiner Werke Kinderzeichnungen, man entdeckt ihre Bedeutung erst beim näheren Hinsehen. Viele seiner Gemälde und Aquarelle sind durch zarte, durchscheinende Farbflächen, zusammen mit graphischen Elementen wie Zeichen und Linien, gekennzeichnet. Klee war als Dozent am Bauhaus in Weimar und Dessau tätig, im Anschluss daran als Professor an der Düsseldorfer Akademie, bis er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entlassen wurde. Auch in der Ausstellung Entartete Kunst waren mehrere seiner Werke zu sehen. Ab Mitte der dreißiger Jahre begann Klee, größeren Formate zu verwenden und einen neuen Malstil zu entwickeln, der durch dicke, an Wachsmalkreide erinnernde Linien und große Flächen in gedämpften Farben charakterisiert war. Seine Bilder dieser späten Periode spiegeln oft Düsternis und Todesahnungen wieder. Neben seinem malerischen Werk hinterließ Klee zahlreiche theoretische Schriften, in denen er sein künstlerisches Leitbild formulierte, das die Kunst nicht als Mittel zur Abbildung von Wirklichkeit, sondern als eine Art Schöpfungsakt sah.
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