Die deutschsprachigen Südtiroler, die \"Ur-Südtiroler\" sind es, um die sich der Konflikt dreht. Seit dem Inkrafttreten des Südtirolpaketes 1969 herrschen in Südtirol Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage und vielerlei verschiedene Meinungen darüber.
Es wäre falsch, zu sagen, daß die gesamte deutschsprachige Südtiroler Bevölkerung danach strebte, das Selbstbestimmungsrecht auszuüben, jedoch ist ein großer Teil der Bevölkerung daran gelegen. Doch die, die statt der Autonomie im italienischen Staatsverband die Selbstbestimmung wünschen, teilen sich noch einmal deutlich in zwei Gruppen. Die einen wollen die Rückkehr Südtirols zu Österreich, die anderen wollen Südtirol als eigenen Staat. Prozentual sah das Ergebnis einer Umfrage im Jahre 1984 so aus:
Südtirol zu Österreich: 37%
Eigener Staat Südtirol: 48%
Keine Nennung : 15%
Der Wunsch nach einem eigenen Staat Südtirol dominiert also über der Rückkehr zu Österreich, wenn auch beide Meinungen nicht sehr weit auseinanderliegen.
Doch der Konflikt liegt nicht in dieser Meinungsverschiedenheit. Er liegt vielmehr an der verhinderten Selbstbestimmung.
Denn es besteht ein Unterschied zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und der Ausübung dieses Rechtes. Wie Felix Ermacora das Selbstbestimmungsrecht in seinem Buch über Südtirol beschreibt ist an dieser Stelle vielleicht angebracht zu zitieren:
\"Selten ist ein Recht so papieren geblieben wie das Selbstbestimmungsrecht, weil seine Ausübung in kritischer Lage schwieriger ist, als sich zu ihm zu bekennen.\" (Felix Ermacora in \"Südtirol - Die verhinderte Selbstbestimmung\", S. 78)
Die Südtiroler, die das Selbstbestimmungsrecht seit ihrer Trennung von Österreich 1919 haben, sind nie dazu gekommen es auszuüben. Italien, dessen Wunsch es war, Südtirol innerhalb der italienischen Grenzen zu behalten, hat nie etwas dafür getan, das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler zu fördern und auch Österreich hat die südtiroler Bevölkerung nie dazu ermutigt. Auch den Südtirolern ist ein Teil der Schuld an der verhinderten Selbstbestimmung zuzuschreiben. Sie haben nicht gekämpft um ihr Recht oder auf ihren Stimmzetteln ihren Wunsch nach Selbstbestimmung deutlich gemacht. Die Selbstbestimmung in Südtirol gab es also noch nie, sie wird aber gefordert von den südtiroler Bürgern.
Eine Lösung des Konflikes zwischen Südtirol, Italien und Österreich ist heute noch nicht abzusehen.
5. Zusammenfassung und Stellungnahme
Südtirol hat sich seit der Trennung von Österreich 1919 ständig gewandelt und verändert. Immer wurde um das kleine, unscheinbare Stück Land gekämpft. Der ständige Wechsel der Fronten und die Uneinigkeit innerhalb der Bevölkerung führten dazu, daß sich der Konflikt über so lange Zeit hinzog und immer noch hinzieht.
Ein Ende ist bis heute nicht gefunden, obwohl sich die drei betroffenen Länder offiziell geinigt haben. Trotz des Südtirolpakets, welches von allen drei Parteien angenommen wurde, ist keine Einigung erzielt worden. Den Südtirolern geht es um die Selbstbestimmung, die sie nicht bekommen konnten und die auch jetzt nicht in Aussicht ist.
Am Beispiel Südtirol ist zu sehen, was aus einer Region werden kann, wenn sich Großmächte uneinig sind, was mit ihr passieren soll. Es wird wenig Rücksicht genommen und oft vergessen, daß in dem Landstück, das in Zahlen und Prozenten auf dem Papier festgehalten wird Menschen leben. In erster Linie sollte auf die Menschen und ihre Wünsche eingegangen werden. Es ist falsch nicht darüber nachzudenken, ob es den Bewohnern der Region recht ist, hin- und her geschoben zu werden, wenn einfach über die Köpfe der Einwohner hinweg Verträge von Supermächten oder Kriegsgewinnern gemacht werden. Wenn die Südtiroler die Selbstbestimmung wollen, dann sollten die verwickelten Parteien und Länder dem nicht länger im Wege stehen.
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