Offensichtlich war Thomas von Celano den Brüdern bezüglich der Wunderberichte in seiner Vita II etwas zu zurückhaltend und so gab der neue Generalminister Johannes von Parma Celano den Auftrag, auch eine neue Wundersammlung zusammenzustellen. Da man aber nicht alle Vorkommnisse, von denen berichtet wird, als eigentliche Wunder bezeichnen kann, wurde für das Werk der umfassendere Titel Mirakelbuch gewählt.
Das Traktat ist in 19 Kapitel eingeteilt und umfasst Wunder und wunderbare Begebenheiten, die zu Lebzeiten des heiligen Franziskus oder nach seinem Tod auf seine Fürbitte hin geschehen sind. Bemerkenswert ist, vielleicht auf Grund einer gewissen Aversion des Verfassers gegen den erteilten Auftrag, dass Celano als das Wunder im Leben des heiligen Franziskus die Entstehung des Ordens und dessen erstaunlich schnelle Entfaltung an die Spitze des Mirakelbuch[es] stellte. Danach folgt ein Bericht über die Stigmatisation, der das Wunder "auch in Beziehung zum Mysterium des Kreuzes setzt, welches das innerste Geheimnis dieses Heiligenlebens ist" . Erst nach ausführlicher Betrachtung dieser beiden Wunder, die die heilsgeschichtliche Bedeutung des heiligen Franziskus, wie auch die seines Ordens unterstreichen, werden all die anderen Mirakel, die Franziskus in seinem Leben und nach seinem Tod gewirkt hat, geschildert.
Eine Menge dieser Mirakel sind eine Wiederholung der schon in der Vita I und II erzählten Wunder, wobei diese nicht ins Legendenhafte fortgebildet, sondern oft wortgetreu von dem Verzeichnis der Wunder, das am Grab des heiligen Franziskus geführt wurde, in das Traktat übernommen wurden. In Bezug auf die Stigmatisation hält sich der Autor an Zeugenberichte der engsten Gefährten, die wie schon in der Dreigefährtenlegende beteuern, dass sie alles "gesehen, mit den Händen [...] betastet, [...] aus tränenden Augen [...] benetzt, [...] und [...] nach ehrfürchtiger Berührung einmal beschworen" haben.
Nicht zu unterschätzen ist der Wert des Mirakelbuches für die Geschichte der damaligen Brüder. So erfährt der Leser unter anderem auch einiges über die Verehrung des Heiligen, über die Gelübte, die man ihm gemacht, über die Feier seines Festes, über Bilder von ihm und seinen Legenden.
|