Weichenstellungen für den Weststaat
Im Dezember 1947, als die fünfte Außenministerkonferenz der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs abgebrochen wurde, war offenbar, daß die Großmächte sich über die deutsche Frage nicht einigen konnten.
Seit 1948 forderten die Amerikaner und Briten eine Errichtung eines Staates. In der Sechsmächte Konferenz , die am 23. Feb. war , wurden Frankreich und dessen 3 Nachbarstaaten ( Belgien, Luxemburg, Niederlande) überzeugt.
Washington und London ging es darum, die drei Westzonen in ein europäisch- atlantisches Staatensystem einzubinden.
Die Franzosen hätten einen möglichst lockeren Bund deutscher Kleinstaaten lieber gesehen als eine mit hinlänglicher Zentralgewalt ausgestattete Bundesrepublik. Dafür bekamen sie Zugeständnisse, etwa in der Frage der internationalen Kontrolle des Ruhrgebiets.
Am 7. Juni 1948, zwei Wochen vor der Währungsreform in den drei Westzonen, wurden die \"Londoner Empfehlungen\" als Kommuniqué der Konferenz veröffentlicht, sie enthielten die Umrisse des deutschen Weststaats.
Konrad Adenauer befürchtete aber, das durch die Ruhrkontrolle den Deutschen auf Dauer die Verfügung über ihre Wirtschaft und ihren Außenhandel beraubt werden würde .
General Robertson sagte aber, wenn der volle Inhalt des Londoner Konzepts erst bekannt sei, würden sich viele Bedenken als gegenstandslos erweisen
Deutsche Vorbehalte
Vom 8. bis 10. Juli 1948 berieten die Ministerpräsidenten aller Westzonen-Länder ihre Antwort an die Militärgouverneure. Der Tagungsort - das Hotel Rittersturz bei Koblenz - lag in der französischen Zone.
Das war eine Premiere, denn bis zum Sommer 1948 hatte das französische Besatzungsgebiet ein abgesondertes Eigenleben geführt, die dortige Militärregierung sah Verbindungen über die Grenzen ihres Einflußgebiets hinaus ungern, ganz im Gegensatz zu den Amerikanern und Briten, die ihre beiden Zonen ab Januar 1947 immer enger zusammenschlossen und das Territorium der \"Bizone\" allmählich zu einer Art Modellstaat entwickelten.
Vor und während der Rittersturz-Konferenz hatten sich auch die Parteispitzen mit den Frankfurter Dokumenten beschäftigt. CDU und CSU äußerten sich, bei allen Zweifeln, die intern herrschten, einstimmig positiv zu den alliierten Vorschlägen, wogegen sich die SPD zurückhaltener gab. Die Antwort der westdeutschen Ministerpräsidenten an die Alliierten bestand deshalb nach dreitägigem Ringen in Ja und Nein zugleich.
Die Vollmachten wollten sie zwar annehmen, aber nicht in der Form, wie sich die Alliierten das gedacht hatten. Der Vorrang der drei Westmächte sollte deutlich zum Ausdruck kommen, um den Vorwurf der Preisgabe der nationalen Einheit durch die westdeutschen Politiker zu verhindern.
Aus dem gleichen Grund wünschten die Westdeutschen, daß das Besatzungsstatut zuerst erlassen werden sollte. Die Ministerpräsidenten lehnten auch eine \"Nationalversammlung\" zur Beratung und Verabschiedung einer Verfassung ab, die durch Volksabstimmung in Kraft gesetzt werden sollte. Statt dessen sollten die Landtage ein Gremium wählen, das ein provisorisches \"Grundgesetz\" ausarbeiten würde. Das sollte die Entwicklung offen halten. Man wollte zu größerer Selbständigkeit kommen, ohne die Ostzone ausdrücklich preiszugeben.
Die Militärgouverneure hatten mit einer solchen Antwort und mit Gegenvorschlägen nicht gerechnet. General Clay war zornig, sein britischer Kollege Robertson nahm es gelassener und der Vertreter Frankreichs, General Koenig, war sogar ganz zufrieden, daß es mit der westdeutschen Staatsgründung nicht so schnell vorwärtsging.
Die deutschen Ministerpräsidenten mußten sich jetzt, im vollen Bewußtsein ihres begrenzten Handlungsspielraums, abermals entscheiden. Die Alliierten hatten ihnen bedeutet, daß die \"Londoner Empfehlungen\", die die Grundlage der Frankfurter Dokumente bildeten, als verpflichtende Handlungsanweisungen zu betrachten waren. Die Deutschen konnten sie annehmen oder ablehnen, aber nicht verändern oder deutschen Wünschen anpassen.
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