2.1 DIE WÄHRUNGSUNION
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Die Idee einer gemeinsamen Währung für Europa ist nicht neu. Die stabile Nachkriegsordnung im Währungsbereich, das internationale Festkurssystem von Bretton Woods, ist Anfang der 70er Jahre zusammengebrochen. Die Suche Europas nach Lösungen, das Wechselkurschaos zu beenden und eine stabile Währungszone einzurichten, führte 1979 zur Schaffung des Europäischen Währungssystems (EWS).
Mit der Verwirklichung des Binnenmarktes zu Anfang der 90er Jahre, in dem der Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital durch (fast) keine Beschränkungen behindert ist, wurde ein weiterer Schritt zur europäischen Integration gesetzt. Die wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten dieses Binnenmarktes konnten jedoch durch die Vielzahl der Währungen nicht voll ausgenutzt werden. Im Vertrag von Maastricht wurde daher 1993 der Weg zur gemeinsamen Währung fixiert und mit dem Stabilitäts- und Wachstumspaket im Juni 1997 deren Zukunft abgesichert. Die Errichtung der Währungsunion ist einer der wichtigsten Bausteine für ein starkes, vereintes Europa.
Der Vertrag von Maastricht sieht vor, daß mit Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) am 1. Jänner die geldpolitische Entscheidungsgewalt auf die unabhängige Europäische Zentralbank (EZB) übergeht. Nach dem Prinzip "Ein Land - eine Stimme" wird ab 1999 der währungspolitische Kurs Europas gemeinsam bestimmt. Das heißt, daß die Oesterreichische Nationalbank im EZB-Rat gleichberechtigt mitstimmen wird.
2.2 DIE KONVERGENZKRITERIEN
An der Währungsunion dürfen nur Länder teilnehmen, die eine stabile Geld- und Budgetpolitik aufweisen. Der Erfolg der Vorbereitungen ist bereits spürbar: Die Verankerung einer europäischen Stabilitätskultur hat nicht nur zu äußerst niedrigen Inflationsraten geführt, sondern auch zu wirksamen Konsolidierungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Haushalte der EU-Mitgliedsstaaten.
Im Vertrag von Maastricht sind strenge Regeln, die sogenannten Konvergenzkriterien, festgeschrieben, die gewährleisten, daß der EURO zu einer stabilen Währung wird. "Konvergenz" bedeutet soviel wie "Angleichung". Ziel ist es, daß alle Teilnehmerstaaten ein annähernd gleiches Zinsniveau haben, die Inflation gering halten und die gemeinsame Währung nicht durch hohe Staatsschulden gefährden. Diese Konvergenzkriterien gelten nicht nur für den Zeitpunkt des Eintrittes, sie müssen von den Teilnehmerstaaten auch danach dauerhaft erfüllt werden.
Als im Dezember 1991 von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft die Konvergenzkriterien vereinbart wurden, schien es, als seien diese für die meisten europäischen Staaten ohne Schwierigkeiten zu erreichen. Doch der Konjunktureinbruch der letzten Jahre hat diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vor allem bei der Entwicklung der Staatshaushalte kam es anders als geplant, weshalb die meisten EU-Staaten gezwungen waren, eine wirksame Konsolidierungspolitik zu betreiben um die Defizite auf ein tragbares Niveau zu reduzieren.
Folgende Kriterien sind festgelegt:
Eine Inflationsrate, die maximal 1,5 Prozentpunkte über jener der drei preisstabilsten Länder liegt
Ein langfristiger Zinssatz, der maximal 2 Prozentpunkte über jenem der drei preisstabilsten Länder liegt
Ein öffentliches Defizit, das nicht mehr ausmacht als 3 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes, es sei denn, daß es entweder erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwertes von 3 Prozent erreicht hat, oder der Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und in der Nähe des Referenzwertes bleibt
Eine öffentliche Verschuldung von nicht mehr als 60 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes, es sei denn, daß es hinreichen rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert
Stabile Wechselkurse im Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems seit mindestens zwei Jahren
Bei den Konvergenzkriterien ist zwischen monetären und fiskalischen Kriterien zu unterscheiden. Monetäre Kriterien sind Inflation, Zinsen und Wechselkurse. Sie geben darüber Auskunft, ob ein Land stabile Preise und eine stabile Geldpolitik vorweisen kann. Die fiskalischen Kriterien beziehen sich auf die Finanzlage der öffentlichen Hand. Sie sollen sicherstellen, daß die stabilitätsorientierte Geldpolitik der EZB nicht durch die übermäßige Staatsverschuldung seitens eines Teilnehmerlandes zunichte gemacht wird. Damit soll vermieden werden, daß zu hohe öffentliche Schulden eines EURO-Teilnehmerlandes durch politischen Druck zu Inflation für alle Teilnehmer der Währungsunion führen.
2.3 DIE TEILNEHMERSTAATEN
Im Mai 1998 fällt die Entscheidung, welche Staaten am EURO teilnehmen (mit qualifizierter Mehrheit im Europäischen Rat). Österreich ist so gut wie sicher dabei. Gleichzeitig wird der Wechselkurs zwischen den einzelnen Teilnehmerwährungen vorangekündigt, um Spekulationen auf den Finanzmärkten frühzeitig einzudämmen.
Vier Staaten werden aller Voraussicht nach nicht von Beginn an am EURO teilnehmen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich:
Griechenland wird nicht am EURO teilnehmen, weil es derzeit die Konvergenzkriterien nicht erfüllt. Nicht nur Staatsverschuldung und Defizit sind zu hoch, auch die griechische Inflation (und damit das Zinsniveau) wäre für die Teilnehmerstaaten ein zu hohes Risiko
Schweden wird zwar die Bedingungen erfüllen, will aber abwarten. Die Regierung in Stockholm hat entschieden, vorerst nicht am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems teilzunehmen. Eine zweijährige Teilnahme ist aber Voraussetzung für die Einführung des EURO. Obwohl die Schwedische Krone alle Bedingungen zur Teilnahme erfüllt, bleibt Schweden mit der Nichtteilnahme am Wechselkursmechanismus ein rechtlicher Grund, um den Zeitpunkt des Eintritts in die Währungsunion selbst zu bestimmen.
Großbritannien hat bereits bei den Verhandlungen des Maastrichtvertrages darauf bestanden, erst später über die Teilnahme an einer gemeinsamen Währung zu entscheiden. Die britische Labour-Regierung ist einer EURO-Teilnahme aber nicht abgeneigt. Sollte sich Großbritannien für eine Teilnahme entscheiden, ist zu erwarten, daß auch Schweden und Dänemark folgen.
Dänemark hat wie Großbritannien dem Maastricht-Vertrag nur mit Vorbehalt zugestimmt. Die dänische Bevölkerung hatte 1992 den neuen EU-Vertrag abgelehnt. Erst das Versprechen, Dänemark müsse nicht an einer gemeinsamen Sicherheitspolitik und an einer gemeinsamen Währung teilnehmen, führte zu einem Ja bei einer zweiten Volksabstimmung. Will das Land nun zum EURO, ist eine weitere Volksabstimmung nötig.
Für Österreich, das zur Kerngruppe der Hartwährungsländer in Europa zählt, kam eine derartige Ausnahmeregelung nie in Frage, da durch die Koppelung des Schillings an die D-Mark ein Alleingang unmöglich wäre.
2.4 DER ZEITPLAN
Mai 1998
Anfang Mai 1998 entscheidet der Europäische Rat( d. h. die Versammlung der Regierungschefs), welche Staaten bereits ab 1.1. 1999 am EURO teilnehmen werden (siehe auch "Die Teilnehmerstaaten"). Gleichzeitig werden auch die Wechselkurse zwischen den teilnehmenden Währungen festgelegt. Österreich wird die Voraussetzungen erfüllen und sofort dabei sein.
1. Jänner 1999
Zu Jahreswechsel 1998/99 werden von den Finanzministern die Umrechnungskurse der Landeswährungen in EURO festgelegt.
Ab diesem Tag gilt der EURO offiziell als Währung. Allerdings existiert er in den nächsten drei Jahren nur als sogenanntes Buchgeld, d. h. Überweisungen, Pensionen- oder Gehaltszahlungen sowie die Bezahlung von Steuern und Abgaben können wahlweise in bereits in EURO oder noch in Schilling erfolgen. Als Banknoten und Münzen kommt der EURO erst in drei Jahren.
1. Jänner 2002
Ab 1. Jänner 2002 wird der Schilling gegen die neuen Banknoten und Münzen getauscht. Auch sämtliche Sparbücher und andere Veranlagungen werden in dieser Zeit endgültig auf EURO umgestellt.
2.5 VOLKSABSTIMMUNG ÜBER DEN EURO?
Wenn der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs im Mai 1998 Österreich als Mitglied der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion bestätigt, dann ist die Einführung des EURO in Österreich fixiert. Österreich ist aufgrund einer Zustimmung von 66 Prozent bei der Volksabstimmung 1994 der Europäischen Union und damit dem Vertrag von Maastricht beigetreten. In diesem Vertrag ist die gemeinsame Währung vorgeschrieben. Der Beschluß des Europäischen Rates wirkt unmittelbar und geht nationalem Recht vor.
Doch es stellt sich die Frage, ob nicht vielleicht im Vorfeld der Volksabstimmung von 1994 auf das Thema "einheitliche Währung in Europa" ein wenig vergessen wurde. Aber die Bundesregierung hat nie Zweifel daran gelassen, daß ein Beitritt zur EU mittelfristig auch einen Beitritt zu einer einheitlichen europäischen Währung bedeuten würde. Auch die heutigen Gegner der Einführung des EURO wiesen vor der Volksabstimmung 1994 darauf hin, daß ein Ja zur EU auch ein Ja zur gemeinsamen Währung bedeutet. Deshalb verwundert mich auch, daß eine Aussage wie "Kein EURO ohne Volksabstimmung" von einer Partei kommt, die ernstgenommen werden will und sich darüber hinaus nach solchen Aussagen auch noch für regierungsfähig hält.
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