1. Lagebeschreibung
Die boreale Nadelwaldzone kommt als einzige geographische Zone nur auf der Nordhalbkugel vor. Sie erstreckt sich von Skandinavien über Sibirien bis nach Nordamerika (Alaska, Kanada) und schießt südlich an die Tundra an. Ihre Verbreitung ist auch von der Art der Meeres-strömungen an den West - und Ostseiten der Kontinente abhängig. Mit knapp 20 Mio. km² nimmt sie etwa 13% der Festlandfläche der Erde ein und stellt damit das größte Waldgebiet der Erde mit einer geschätzten Holzmenge von über 110 Mrd. Festmeter dar.
2. Geofaktoren im borealen Nadelwald
Die boreale Nadelwaldzone ist durch ein kaltgemäßigtes Klima gekennzeichnet. Merkmale dafür sind mäßig warme Sommer und lange kalte trockene Winter bis -40°C. Die Tageslänge zwischen Sommer und Winter variiert sehr stark. Weiterhin sind deutlich thermische Jahreszeiten zu erkennen, d.h. die Jahreszeiten sind sehr gut durch die Temperaturverhältnisse zu unterscheiden.
In der Nadelwaldzone auf dem nordamerikanischen Kontinent sind die Klimaverhältnisse nicht so extrem wie in Eurasien.
Ein großer Teil des borealen Nadelwaldes in Eurasien sowie in Nordamerika ist durch einem Permafrostboden gekennzeichnet. Permafrost- oder auch Dauerfrostboden genannt, ist bis in große Tiefen gefroren und taut nie vollständig auf (Abb.5). Nur im Sommer schmilzt die oberste Schicht. Aber weil das Wasser nicht in den Boden versickern kann bilden sich Moraste, Moore und Sümpfe.
Der Boden ist eine Podsole (Abb.4) auf sandig-lehmigen Substraten woran sich eine Schicht Rohhumus anschließt, die aus den schwer zersetzbaren harz- und zellulosehaltigen Nadeln der Bäume entsteht. Die Podsole (Ascheboden) ist aus der Braunerde entstanden (Abb.3), ist schlecht durchlüftet und sehr sauer was das leben von Bodenlebewesen erschwert.
Insgesamt besitzt der Boden wenig Mineralstoffe. Das hat zur Folge, daß der Boden die Pflanzen schlecht mit Nährstoffen versorgen kann, wodurch sich keine vielfältige Vegetation entwickeln kann.
Der Wasserhaushalt ist humid und wird durch den Dauerfrostboden beeinflußt. Im Frühjahr und Sommer, wenn die oberste Schicht des Bodens aufgetaut ist, kommt es zu Überschwemmungen und es treten die oben genannten Folgen auf. Die Jahresniederschläge im borealen Nadelwald sind mit 300-600mm mittelhoch.
Die Vegetation in dieser geografischen Zone wird durch einschichtige immergrüne Nadelgehölze dominiert, weil sich diese Gehölze am besten den klimatischen Bedigungen angepaßt haben. Dies zeigt sich durch folgende Eigenschaften: die Kegelform der Gehölze, damit wird der Lichteinfall verbessert und schützt die Bäume vor großer Schneelast; die Blätter sind Nadeln was vor Frostverletzungen und Frosttrocknis schützt. Ab und zu sind einige kleinblättrige Laubholzarten vertreten (Abb.2).
Die Artenvielfalt ist gering und häufig ist in einer Region nur eine Art anzutreffen (Abb.1). Im Westen der Taiga dominieren die dichten Fichten- und Kiefernwälder (dunkle Taiga) im Osten dagegen die Tanne und dazwischen die Lärche (helle Taiga), weil sie die größte Kälteresistenz besitzt. Das selbe kann man auch auf dem amerikanischen Kontinent beobachten. Dort ist im Osten die Fichte am weitesten verbreitet und Richtung Westen wird der Wald immer artenvielfältiger.
Die Vegetationsperiode im gesamten borealen Nadelwald ist mit 3-4 Monaten relativ kurz, weshalb sich neben den Nadelbäumen nur eine kleine Krautschicht aus Farnen und Moosen entwickeln kann. Die kurze Vegetationsperiode ist auf die kurzen mäßig warmen Sommer im kaltgemäßigten Klima zurückzuführen.
In den großen Waldgebieten Rußlands und Kanadas leben viele verschiedene Arten von Tieren z.B. Bären, Wölfe, Luchse, Elche, Wildschweine und vor allem Pelztiere. Von dieser Gattung kommen im borealen Nadelwald über dreißig Arten vor, die vom Menschen gejagt werden. Dadurch sind einige Arten fast völlig ausgerottet.
Im Relief dieser geographischen Zone ist vom Hochgebirge über die Mittelgebirge bis zum Tiefland alles vertreten. In Eurasien ist das von Westen Richtung Osten betrachtet das Osteuropäische Tiefland, das Uralgebirge, das Westsibirische Tiefland, das Mittelsibirische Bergland und das Ostsibirische Gebirgsland. In Nordamerika von Westen nach Osten die Rocky Mountains und der kanadische Schild mit seinen Mittelgebirgen und Tiefländern.
Rohstoffe und Bodenschätze
Der am weitesten verbreitete Rohstoff im borealen Nadelwald ist Holz, denn fast 10 Millionen Quadratkilometer sind bewaldet. Weitere Rohstofflieferanten sind wie oben angedeutet die Pelztiere.
Da die geographische Zone ein breites Spekrum an reliefmerkmalen besitzt kann man auch mehrere Arten von Bodenschätzen finden, wie Erdöl und Erdgas im Mittelsibirischen Tiefland und am westlichen Rand der Rocky Mountains, Edelmetalle wie Gold und Platin, wietere Buntmetalle und Kohle.
Wirkungsgefüge
Sonnenenergie: sehr starker jahreszeitlicher Wechsel des Einstrahlungswinkels
starker Wechsel der Tageslänge zwischen Sommer und Winter
Klima: kaltgemäßigtes Klima mit: mäßig warmen Sommern (10-20°C)
langen kalten trockenen Wintern (Permafrost)
Verdunstung Nährstoffeintrag aus der Luft Niederschlag Eintrag von
Wasserdampf aus
der Atmosphäre
kurze Borealer Nadelwald
Vegetations- geringe Artenanzahl bestandsbildend: Eisschluß der
periode -immergrüne Nadelgehölze Flüße im Frühjahr/
Fichte, Kiefer, Tanne Frühsommer
geringer -über Permafreostboden laubabwerfend Überschwemmungen
Laubabwurf Lärche, Flachwurzler
Abfluß im
Sommer
langsame oberflächennahes Sümpfe
Mineralisierung Wurzelgeflecht mit Frühjahr/Frühsommer:
Wurzelbakterien als Schlammperiode Staunässe
"Nährstoff-Fallen"
Podsol: Rohhumus Gehalt an Durchwurzelungs- Verlagerung
Fulvosäuren Pflanzennährelementen raum gering von Stoffen:
gering Permafrostboden Fulvosäuren
0,5-mehrere Meter Oxide
Auftauboden Infiltration
3.+ 4. Nutzung und Probleme durch anthropogene Einflüsse
Die borealen Nadelwälder haben dem Menschen lange Zeit zur Gewinnung von Brenn- und Bauholz, Nahrung und Heilpflanzen gedient. Früher erfolgte die Holzernte überwiegend durch Kahlschlag (Abb.6). Das Fällen aller Bäume einer Fläche ist jedoch ein schwerwiegender Eingriff in den Naturhaushalt. Dieser zerstört Wälder - nachfolgend entwickelt sich meist nur eine artenärmere Sekundärvegetation. Er verursacht Erosion und Degradierung des Bodens (in Gebirgsregionen durch die steilen Hänge und stärkeren Niederschlag sogar Hangabrutschungen und Lawinen), eine Destabilisierung des Wasserhaushaltes (Überschwemmungen, Dürren), eine Minderung der biologischen Vielfalt und der Vielfalt an Lebensräumen. Weiterhin trägt die Entwaldung zu regionalen und globalen Klimaverschie -bungen bei, deren tatsächliches Ausmaß jedoch noch unklar ist. Die zugänglichsten und wertvollsten Holzbestände wurden in der Sowjetzeit durch die Kahlschlagwirtschaft stark ausgebeutet; verblieben sind Wälder in weniger zugänglichen Bereichen Sibiriens und im Norden des europäischen Teiles. Diese Wälder, besonders jene in Sibirien, enthalten einen hohen Anteil an Lärchen. Die groß angelegte Ausbeutung dieser schwer zugänglichen Lärchenwälder hat sich als sehr kostenextensiv erwiesen, da das Fällen, der Transport und die Verarbeitung der Lärchenstämme schwierig waren. Vor diesem Problem steht auch die Holzwirtschaft Kanadas, da auch hier Kahlschlagwirtschaft ohne planmäßige Wiederaufforstung betrieben wurde. Ein Überschuß an sofort nutzbaren Beständen liegt in den schwer zugänglichen entfernten Räumen des Nordens Kanadas vor.
Außerdem sorgt man sich vielerorts um die Zukunft der Altwälder, etwa diejenigen in Skandina -vien, im Nordwesten der Vereinigten Staaten und in Kanada. In der ganzen Welt werden immer noch natürliche und seminatürliche Altwälder gerodet und durch Jungwuchs oder - in wachsen-dem Maß - Plantagen ersetzt, die sich insbesondere nach dem Nutzholzbedarf der Zukunft richten. Baumplantagen, wie Fichtenmonokulturen, dienen lediglich der Holzproduktion, sie er-füllen kaum ökologische und soziale Funktionen (Erholungswert), die von natürlichen Wäldern geleistet werden. Zum Beispiel sind nur wenige Tier- und Pflanzenarten fähig, in Monokulturen aus standortfremden Arten zu existieren. Durch den Verlust der ursprünglichen einheimischen Wälder werden Tierarten gefährdet, etwa der Fleckenkauz in Nordamerika und der Weißrücken-specht in Skandinavien.
Seit etwa der Mitte des 20. Jahrhundert wird zumindest die selektive Holzentnahme (die Ent -nahme von wenigen oder Einzelbäumen) sowie die Naturverjüngung auf abgegrenzten Par -zellen zunehmend angewandt; Doch auch selektives Holzfällen kann Wald - Ökosysteme in entscheidender Weise verändern. Die Aufsplitterung eines einst zusammenhängenden Ökosystems kann dazu führen, dass die verbleibenden Reste zu klein sind, um für sich existieren zu können.
Seit 1987 sind die Rodungsgesellschaften in den borealen Nadelwäldern per Gesetz gezwun-gen, das gerodete Land innerhalb von 5 Jahren neu aufzuforsten. Dabei wird versucht, zumin-dest die ursprüngliche Vielfalt an Baumarten wieder herzustellen. Da die Wiederaufforstung dort jedoch erst seit Mitte der sechziger Jahre in größerem Maßstab durchgeführt wird, fordert die Provinzregierung, dass die Abholzung des altgewachsenen Waldes noch mindestens 50 Jahre fortgeführt werden müsse, bis die Bäume aus den Neupflanzungen alt genug sind, um genutzt zu werden und damit den Altbestand zu ersetzen. Durch diese Situation, die auch in weiten Teilen Nordamerikas und Europas herrscht, bleibt der Bestand an Waldgebieten zwar im Großen und Ganzen stabil, doch nimmt der Anteil relativ ungestörten, natürlichen Waldes stetig ab.
Für die Wälder der nördlichen Breiten gibt es noch verschiedene andere Gefahren. Luftverschmutzung und saurer Regen, von Schwefel- und Stickstoffoxiden erzeugt, werden mit dem Waldsterben in Europa, Nordamerika und Teilen von Asien in Zusammenhang gebracht. Die Vergiftung geht mit anderen Wirkfaktoren einher - dem Klima, Bewirtschaftungsmethoden sowie Schädlings- und Krankheitsbefall. Sie zusammen verursachen die Schwächung und manchmal den Tod von Bäumen.
Ein weiteres Problem ist das Feuer. Durch die zunehmende Erschließung und Nutzung der Waldgebiete tritt der Mensch als Verursacher immer häufiger auf. Die Brände greifen entscheidend in die Bestandsentwicklung der Wälder und den Stoffhaushalt des Ökosystems Nadelwald ein und führen zur Zerstörung empfindlicher Lebensräume. Auf der anderen Seite ist in Nordamerika die Bekämpfung von Waldbränden mittlerweile so erfolgreich, dass sich die ökologische Struktur ganzer Gebiete wandelt, die von Natur aus auf eine Vielzahl von Bränden eingerichtet sind.
Die reichhaltigen Vorkommen an fossilen Energieträgern Erdöl und Erdgas in Kanada werden zur Energieversorgung genutzt. Daneben spielt die Energieerzeugung durch Wasserkraftwerke eine wichtige Rolle. Entlang der Flüsse im Bereich des Kanadischen Schildes hat sich ein verzweigtes Netz von Wasserkraftwerken entwickelt. Die Stauseen stellen aber einen gewaltigen Eingriff in den Naturhaushalt dar. Auch in Westsibirien gibt es wichtige Ölfelder und Erdgasquellen. Über ein umfangreiches Netz an Rohrleitungen werden die Fördergebiete mit den Verbrauchsgebieten im europäischen Russland verbunden und mit Brennstoffen versorgt. Wichtige Wasserkraftwerke in Sibirien befinden sich an Jenissej und Angara.
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