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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die sowjetischen rüstungsausgaben



Bis zum 30. Mai 1989, als Generalsekretär Gorbatschow die Höhe des sowjetischen Verteidigungshaushaltes mit 77,3 Mrd. Rubel bezifferte, gab es von sowjetischer Seite keine ernstzunehmenden Daten über die Aufwendungen für die Rüstungs- und Sicherheitspolitik. Dieses führte dazu, daß von westlicher Seite eine Reihe von Institutionen Schätzungen vornahmen, die sich jedoch erheblich voneinander unterschieden.
Sowohl die sowjetischen Angaben als auch die westlichen Schätzungen, die ebenso wie die sowjetischen Daten nicht befriedigen können, werden in der nachfolgenden Grafik dargestellt.

Abb. 2-2: Sowjetische Militärausgaben 1985 - 1991 (Mrd. Rbl., lfd. Preise)
Jahr: Offiziell, vor Preisreform 1991 Offiziell, nach Preisreform 1991 Deputierten-

gruppe des Ob.
Sowjets NATO-

Schätzungen
1985 --- --- --- ---

1986 --- --- --- ---
1987 --- --- --- (ca. 130,00)

1988 82,50 --- --- ---
1989 77,30 --- --- (ca. 145,00)
1990 70,10 (ca. 105,60) (ca. 200,00) ---
1991 (ca. 64,50) 96,56 --- ---

Quelle: Hans-Henning Schröder, "Konflikt um Konversion: Rüstungssektor versus Wirtschaftsreform"

"Den offiziellen Angaben zufolge sanken die Militärausgaben 1988-90 von 82,5 auf 70,1 Mrd. Rubel. Real sollten sie im Staatshaushalt für 1991 um weitere 8,5% gekürzt werden. Da jedoch die Waffenpreise um 25-65% angehoben wurden, stiegen die Militärausgaben nominal um 36% an. Eine Gruppe Deputierter des Obersten Sowjet kam Anfang 1990 aufgrund eigener Berechnungen zu dem Ergebnis, daß die Militärausgaben über 200 Mrd. Rubel ausmachten. Westliche Schätzungen dagegen bewegen sich in der Höhe von 130 - 145 Mrd. Rubel. Dabei gehen westliche Regierungsstellen davon aus, daß die sowjetischen Militärausgaben 1989 und 1990 zurückgegangen sind."
Welche der o.g. Angaben der Wahrheit am nächsten kommen, ist schwer auszumachen. Man kann wohl davon ausgehen, daß die offiziellen Angaben bisher zu niedrig lagen. Gleichgültig welche der Angaben letztlich zutrifft, bezogen auf das BSP ist die Rüstungslast auf jeden Fall beträchtlich: nach offiziellen Angaben macht sie etwa 9,4% des BSP aus.
Greift man auf westliche Schätzungen zurück, macht sie ca. 15% aus, nach denen der Deputiertengruppe beläuft sie sich auf über 20%.

Abb. 2-3: Haushalt der UdSSR 1950-1989 in Mrd. Rbl. (lfd. Preise)


Abb. 2-4: Offzielles Wehrbudget der UdSSR
Anteil am Gesamthaushalt in Prozent



Quelle: Hans-Henning Schröder, "Versorgungskrise, Rüstungsabbau und Konversion in der UdSSR", Heft II, in Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Nr. 57-1989, Seite 21

Hier kann man sehen, daß die sowjetischen Angaben doch sehr unrealistisch sind. Wenigstens bis zur ersten Hälfte der 60er Jahre scheint es so, daß die offiziellen Angaben einen gewissen Zusammengang mit der realen Entwicklung der Rüstungsausgaben haben.
"Das relative Absinken des Wehrbudgets im Laufe der 50er Jahre ließe sich dann mit der Truppenreduzierung jener Jahre erklären. Spätestens ab Mitte der 60er Jahre haben die offiziellen Angaben jedoch offentsichtlich keinen Realitätsbezug mehr. Die Vorstellung, daß die Verteidigungsausgaben über 25 Jahre hinweg im wesentlichen stagnierten, während sich der Gesamthaushalt verzehnfachte, und dies in einer Phase, in der die UdSSR nuklear aufrüstete mit dem Ziel, die Parität mit den USA zu erreichen, entbehrt nicht der Lächerlichkeit." Dennoch fanden sich in der Sowjetunion Autoren, die die Stirn hatten zu behaupten die offiziell genannte Zahl decke tatsächlich die gesamten Verteidigungsaufwendungen der UdSSR ab.
Etwa seit 1987 zeichnete sich jedoch eine Wende ab. Sprecher des sowjetischen Außenministeriums gestanden ein, daß die Rüstungsausgaben der UdSSR über den bisher veröffentlichten Zahlen lagen. Genaue Angaben wurden aber nicht gemacht. Anfang 1989 begann die Führung Teildaten zu veröffentlichen: Gorbatschow bezifferte dabei, wie bereits genannt, den Umfang der sowjetischen Verteidigungsausgaben auf 77,3 Mrd. Rubel und gab folgende Aufgliederung:


Abb. 2-5: Aufgliederung der sowjetischen Verteidigungsausgaben 1989
nach sowjetischen Angaben

Betriebsausgaben:

Personal, Materialerhaltung, Betrieb
Rente für ehemalige Militärangehörige

20,2 Mrd. Rbl

2,3 Mrd. Rbl.

Investive Ausgaben:
Militärische Anlagen

Beschaffung von Waffen und
militärischem Gerät

Forschung, Entwicklung, Erprobung

4,6 Mrd. Rbl.

32,6 Mrd. Rbl.

15,3 Mrd. Rbl:
Sonstige Ausgaben 2,3 Mrd. Rbl.
Militärausgaben insgesamt 77,3 Mrd. Rbl.

Abb. 2-6: Aufgliederung der sowjetischen Verteidigungsausgaben 1989
nach NATO Angaben

Personal

Renten für ehemalige Militärangehörige
Materialerhaltung, Betrieb,

militärische Anlagen
Beschaffung von Waffen

und militärischem Gerät

Forschung, Entwicklung, Erprobung ca. 20 Mrd. Rbl.

? Mrd. Rbl.


50 Mrd. Rbl.


60 Mrd. Rbl.

? Mrd. Rbl.
Militärausgaben insgesamt 130 Mrd. Rbl.

Quelle: Hans-Henning Schröder, "Versorgungskrise, Rüstungsabbau und Konversion in der UdSSR", Heft II, in Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Nr. 57-1989, Seite 31

Eine Besonderheit der Aufgliederung ist, daß das Konzept von Militärausgaben formal schon in etwa international üblichen Vorstellungen entsprach.
Für 1989 bezifferte die NATO die sowjetischen Militärausgaben (nominal) auf insgesamt 135-145 Mrd. Rubel.
Insgesamt gesehen haben sowjetische Angaben also keinen besonders hohen Aussagewert, so daß man auf westliche Schätzungen zurück greifen muß - so unzulänglich diese Angaben auch sind.
Bei aller Kritik muß man jedoch die politische Bedeutung der Angaben beachten. Erstmals seit den frühen 50er Jahren hat die UdSSR Teildaten veröffentlicht, die wenigstens die Grundlage von öffentlichen Diskussionen sein können

 
 

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