Marc Faber, ein schweizer Investmentberater, der schon seit 22 Jahren in Hong Kong lebt und arbeitet, sowie Oskar Weggel, ein Ostasienexperte des Instituts für Asienkunde in Hamburg, haben ein Prognose über die Entwicklung der Wirtschaft nach 1997 abgegeben.
Nach Fabers Vorhersage ist Hong Kong bereits verloren. Der Hauptgrund für den zukünftigen Untergang sei die Auflösung des Handelsmonopols mit China. Dank der \"Politik der offenen Tür\" seien mittlerweile viele Geschäftsleute dazu übergegangen, direkt in China zu investieren und auch ihre Handelsgeschäfte direkt vor Ort ohne den Umweg Hong Kong zu tätigen. Der gleiche Trend sei auch beim Tourismusaufkommen zu verzeichnen. Vor 20 Jahren mußte fast der gesamte Einreiseverkehr nach China durch die Kolonie, heute könnten viele Flughäfen in China direkt angesteuert werden. Ein weiterer Punkt, der für den Niedergang Hong Kongs stünde, sei die Entspannung zwischen China und Taiwan. Zur Zeit liefen zwar die meisten taiwanesischen Geschäfte in China über Hong Kong, doch trotz der Drohgebärden Chinas nähere sich Taiwan an China an. So bestünden schon wieder direkte Schiffsverbindungen zwischen Taiwan und dem Festland und Flugverbindungen würden bald folgen. Nach 10 Jahren sei der Wirtschaftsstandort Hong Kong vollständig demontiert.
Während Faber den wirtschaftlichen Untergang der Kolonie schon besiegelt sieht, macht Oskar Weggel die Zukunft Hong Kongs vom Verhalten Chinas abhängig. Wenn China wirklich die in der Joint Declaration und in der Basic Law gemachte Versprechung hält und den status quo für 50 Jahre weitgehend unangetastet läßt, werde sich die Kolonie weiterhin positiv entwickeln. Die Chancen, daß diese Entwicklung eintritt, seien sehr groß. Dafür spreche die Vernetzung der Wirtschaft der südchinesischen Provinzen mit Hong Kong. Wenn China die Kolonie zu Grunde richte, bedeute dies gleichzeitig den Untergang Südchinas. Obwohl China aufgrund des Tiananmen-Massakers einen großen Vertrauensverlust zu beklagen hatte, habe es dennoch bislang nie einen völkerrechtlichen Vertrag gebrochen. Wenn sich China allerdings in die Belange der Kolonie einmische, sei der Niedergang des Wirtschaftsstandorts nur noch eine Frage der Zeit, denn Hong Kong sei nur deswegen so erfolgreich, weil es während fast aller Krisen in der Region Ruhe und Ordnung aufrechterhalten konnte. Investoren hätten sich in der Vergangenheit deswegen für die Kolonie entschieden, da hier politische Stabilität gewährleistet war. Wenn das kommunistische China nun diese Stabilität durch Eingriffe gefährde, würde schnell ein Kapitalabzug erfolgen.
Weggel sieht Hong Kong als Teil des Aufschwungs in Südostasien. Faber ist der Ansicht, daß sich die Wirtschaftskraft der Noch-Kolonie in die neuen chinesischen Wirtschaftszentren verlagern wird. Indiz dafür wären großen Investitionen der Zentralregierung in Shanghai und Tianjin.
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