Daß Tourismus und Inseln an sich so gut zusammen passen liegt daran, daß Inseln in der Regel ein großes touristisches Potential besitzen, sich aber auf der anderen Seite wegen den speziellen, aus der Insellage resultierenden Strukturmerkmalen, für andere Wirtschaftszweige zumeist weniger eignen. Exemplarisch soll erst einmal die Situation des pazifischen Inselraumes beleuchtet werden, um dann festzustellen ob und welche Merkmale sich auch auf andere Inselräume übertragen lassen.
4.1 Negative Strukturmerkmale
Problematisch ist vor allem die meist sehr geringe Größe und damit einhergehend die geringe Bevölkerungszahl, die nur einen kleinen Markt bilden kann, sowie der Mangel an Kapital und technologischem Know-How. Betrachtet man diesbezüglich einmal die Fischereiwirtschaft, ein Zweig, der ja eigentlich wie geschaffen für Inselstaaten ist, muß man feststellen, daß eben dieses Kapital und Know-How, welches nötig ist, um nennenswert an der modernen Hochseefischerei zu partizipieren, fehlt. Ohne modernste Technik ist es erst recht nicht möglich, mit den großen Fischereiflotten der USA, Japans, Taiwans und Südkoreas zu konkurrieren (vgl. KREISEL 1996, S. 16). Die einzigen Möglichkeiten scheinen also im Bereich von Lizenzvergaben und Joint Ventures zu liegen. Das Vorhandensein von Bodenschätzen ist eher die Ausnahme. Beispiele sind Papua-Neuguinea mit großen Kupfervorkommen sowie Neukaledonien mit seinen Nickellagerstätten. Allerdings dienen sie lediglich als Rohstofflieferanten, die in der Weiterverarbeitung nicht involviert sind. Die daraus resultierenden positiven Deviseneffekte relativieren sich dementsprechend, da zumeist ausländische Investoren die Spielregeln bestimmen, ein Problem, welchem auch in der Tourismusbranche große Bedeutung zukommt.
Die großen Entfernungen, die zum Teil die Insel von den Weltmärkten und den bedeutenden Handelsströmen trennen, verschärfen die ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen noch erheblich. Es gibt so gut wie keine Produkte der Inselwelt, die nicht woanders in kontinentalen Regionen in größeren Mengen und wesentlich rentabler hergestellt werden können.
Aus diesen Gründen ist festzuhalten, daß die Industrialisierung für kleine Inselstaaten
in der Regel kein geeigneter Weg ist, die Entwicklung voranzutreiben. Sie ist nur in einem, den kleinen Märkten angepassten geringem Maße sinnvoll. Ziele sollten die Konzentration auf den Binnenmarkt und die Importsubstitution zwecks Erhöhung des Nettodeviseneffektes sein (vgl. KREISEL 1996, S. 16).
4.2 Positive Strukturmerkmale
Die touristische Vermarktung von Inseln erweist sich als relativ problemlos, da Inseln \"aufgrund ihrer ausgeprägten Identität ein positives Image, das leicht erkennbar\" ist, haben (KREISEL 1996, S. 18). Weiterhin vermittelt die Kleinheit und damit Überschaubarkeit vieler Inseln dem Tourist schnell das Gefühl der Vertrautheit mit seinem Urlaubsort. Größter Anziehungspunkt aber sind die naturräumlichen Voraussetzungen. Mit Palmen, weißem Strand, glasklarem Wasser und einem häufig vergleichsweise mildem Klima verfügen viele Inseln des Pazifiks, der Karibik und des Indischen Ozeans über die Bestandteile, die man im allgemeinen mit dem klassischen Südseetraum assoziiert. Auch hinsichtlich kultureller Aspekte brauchen viele Inseln nicht zurückstehen, als bekanntestes Beispiel seien hier die Osterinseln mit ihren bis zu 25 Meter hohen Steinfiguren genannt. Die Tatsache, daß einige Insel im zweiten Weltkrieg von besonderer strategischer Bedeutung waren, gibt einigen Destinationen noch zusätzlich eine gewisse historische Relevanz jüngerer Natur. Das vorhandene touristische Potential ist also unbestritten immens.
4.3 Bedingungen für das wachsende Touristenaufkommen auf Inseln
Die Ausschöpfung dieses Potentials wurde allerdings lange Zeit durch die enormen Distanzen über hohe See behindert. Seit Beginn der siebziger Jahre allerdings stieg das touristische Aufkommen in diesen abgelegenen Regionen enorm an. Hierfür gibt es verschiedenen Gründe, die diese Entwicklung ermöglichten:
1. Der wirtschaftliche Aufschwung der westlichen Industrienationen.
Folgen:
♠ Steigerung der Kaufkraft und
♠ stetig steigender Anteil der Freizeit im Leben der Berufstätigen.
Seit Mitte der achtziger Jahre steigt auch der Touristenanteil aus den asiatischen Länder, allen voran Japan.
2. Die rasante Entwicklung auf den Gebieten der Verkehrs- und Kommunikationstechnik.
Folgen:
♠ Der Ausbau des Flugverkehrsnetzes und damit die Verkürzung der Distanzen sowie
♠ die immer an Bedeutung gewinnenden Massenmedien wie das Fernsehen, die sowohl durch Spielfilme als auch Dokumentationen und Nachrichten das Fernweh der Konsumenten wecken.
3. Die in den Zieldestinationen ausgebaute Infrastruktur.
(vgl. KREISEL 1996, S. 18)
Die bisher dargestellten Rahmenbedingungen sind nur speziell dem pazifischen Raum entnommene. Allerdings lassen sich einige Charakteristika in ähnlicher Weise, wenn auch mit bisweilen unterschiedlichen Gewichtungen, für andere Inselräume verallgemeinern. Zum Beispiel spielen Inseln von Industrienationen als Standorte von großen Produktions- oder Dienstleistungsbetrieben keine Rolle, da, so nah sie auch der Küste vorgelagert sind, immer der Transportnachteil des Seeweges gegeben ist. Leistungen, welcher Art auch immer können in der Regel immer im größeren Umfang auf dem Festland erstellt werden.
Aufgrund des speziellen maritimen Klimas, des reizvollen Küstenraumes und der sympathischen Kleinheit besitzen Inseln im allgemeinen ein beachtliches touristisches Potential, auch wenn sie aufgrund ihrer geographischen Lage nicht unbedingt in der Lage sind das Südseefeeling zu vermitteln. Gemeint sind zum Beispiel die friesischen Inseln, die Ostseeinseln aber auch die Hebriden.
Als kleinsten gemeinsamen Nenner der verschiedenen Vertreter des Typs Insel kann man also festhalten,
♠ daß Inseln, mit wenigen Ausnahmen, in wirtschaftlicher Hinsicht eher zu den strukturschwachen Räumen zählen und
♠ daß Inseln per Definition ein gewisses touristisches Potential, dessen Größe aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten variiert, besitzen.
|