Nächst den ägyptischen Pyramiden sind es wohl die legendären Gärten der Semiramis, die sich dem Gedächtnis der Menschen am besten eingeprägt haben.
Die Hängenden Gärten der Semiramis sind als das drittälteste Weltwunder des Altertums, als zweite Weltsehenswürdigkeit Babylons verzeichnet. Entstanden sind sie zwischen 600 und 400 v. Chr. Über legt man, wie vergänglich die Schönheit von Gärten ist, wie sehr sie der Pflege bedürfen, wie rasch Pflanzen dahinwelken können, wie kurzlebig und hinfällig selbst starke Bäume sind, wenn sie nicht hinreichend bewässert werden.
Warum ist der Turm von Babel, der biblische Geschichte als ein Sinnbild menschlicher entgangen? Es mag das, auf den ersten Blick hin, verwunderlich scheinen, doch läßt es sich leicht erklären.
Die älteste uns bekannte Liste der Weltwunder ist erst nach Alexander des Großen Tods entstanden.
Der Turm von Babel war zu dieser Zeit bereits vom Erdboden verschwunden. Alexander hat den Turm, den Herodot 200 Jahre vor ihm noch gesehen hat, schon als Trümmerhaufen vorgefunden. Die Perser hatten ihn kurz zuvor niedergelegt. Der junge König befahl die Wiederherstellung. Koldewey entdeckte ein Kellergwölbe, wenn dieses tatsächlich die Hängenden Gärten getragen hat, dann war es ein etwas enttäuschender Tatbestand. Der Dachgarten der Semiramis hätte dann als ein Trapez mit Seitenlängen zwischen 35 und 23 Metern recht bescheidene Ausmaße gehabt. Sehr seltsamerweise sind die Hängenden Gärten der Semiramis bei dem doch recht zuverlässigen Herodot überhaupt nicht erwähnt.
Sollten sie (450 v. Chr.) seiner Aufmerksamkeit entgangen sein?
Sollte er sie gegenüber den großartigen Stadtmauern, die ihn so sehr beeindruckten, nicht für erwähnenswert gehalten haben?
Gab es sie vielleicht gar nicht mehr?
Oder gab es sie noch nicht?
Jene Semiramis ist übrigens eine halbe Sagenfigur, die um 800 v. Chr. gelebt hat.
Die Hängenden Gärten werden aber erst vier Jahrhunderte später erwähnt. Ausdrücklich ist vermerkt, dieser Garten sei nicht von Semiramis, vielmehr erst von einem späteren König angelegt worden.
Nebukadnezar II. könnte es sehr wohl gewesen sein, wie Flavius Josephus später berichtet hat, jedoch wurde keine Inschrift gefunden, die ihm das nachrühmt.
Wie ist der Ort der Hängenden Gärten beschrieben?
Die älteste Quelle, das Werk \"Persica\".
Man habe das Wasser dafür, aus dem Fluß geschöpft.
Strabon schreibt \"über dem Strom gelegen\", das Wasser sei \"aus dem Euphrat hochgeschöpft\" worden.
Josephus und andere sprechen vom \"Königspalast\" bzw. von \"oben auf der Burg\".
Das stimmt überein, auch die Größenangaben der Klassiker sind sich einig. Ein Viereck 120 auf 120 Meter. Koldeweys Kellergewölbe ist einmal dafür zu klein und liegt zum andern nicht am oder über dem Euphrat, vielmehr in der Nähe des Ischtar-Tors.
Im Norden der einstigen Weltstadt hat sich der Babil-Hügel erhalten, der die Ebene um ca. 25 Meter überragt.
Dort war die Sommerresidenz des Königs, wo auch der Euphrat vorbeifließt. Die Hängenden Gärten könnte man sich also da denken, doch haben die Ausgrabungen an dieser Stelle keine Übereinstimmung mit den alten Schilderungen erbracht. Also bleibt eigentlich nur die Südburg Nebukadnezars, die unmittelbar am, das heißt über dem Strom erbaut war.
Tatsächlich deuten zahlreiche Indizien darauf hin, daß die Weltwunder-Gärten hier angelegt waren. Der Westabschluß der Königsburg bildet eine Plattform über dem Euphrat und eben diese Stelle paßt vorzüglich zu den Berichten, über die Hängenden Gärten. Und was den Grundriß der Königsburg anlangt, den die Archäologen recht genau festlegen konnten, so macht er die Hängenden Gärten an dieser Stelle wirklich glaubhaft.
Die Gemächer der Königin führten nämlich auf eine Gartenterrasse hinaus. Das könnte ein Übergang zu den Hängenden Gärten gewesen sein.
Danach wären sie also ein stufenförmiger Terrassenbau am Hang gewesen, eine blühende Riesentreppe, jede Treppenstufe ein zurückgesetztes Stockwerk, gedeckt mit Blei, abgedichtet mit Pech, und darüber Humus geschüttet. Ein Aufzug also, eine Art Paternoster, schöpfte aus dem Fluß und bewässerte die Dachgarten-Treppe, ein künstliches Paradies, eine vielbewunderte Oase, über die Steinwüste der Weltstadt, dem von der Sonne bebrüteten Babylon, hinausgehoben.
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