"Doch bald zeigte sich, daß der Staudamm nicht nur Segen bracht. Der Nil hat sich stark verändert. Mein Vetter, Ali der Fischer, klagt darüber, daß er kaum noch Fische fängt: Er sagt, die meisten seien tot, weil es kaum noch Nährstoffe im Nil gibt. Jetzt will Ali mit seiner Familie nach Kairo ziehen und dort sein Glück versuchen. Ich habe ihm davon abgeraten. Viele aus unserem Dorf haben diesen Weg gewählt, sie dachten, sie könnten ein neues Leben beginnen, aber ein Bekannter aus Kairo hat mir erzählt, daß für solche Neuankömmlinge riesige Wellblechhütten-Viertel bereitstehen.
Aber der Staudamm hat nicht nur Alis Gewerbe zerstört, nein, auch die riesige Nilbrücke, 10 km Richtung Nachbardorf, wurde ein Opfer des Sadd al-Ali. Ich habe gehört, daß der Nil keine Ablagerungen mehr mit sich führt und deshalb die Ufer wegspült. So hat er auch das Fundament der Brücke weggeschwemmt. Doch auch wir sind nicht verschont geblieben. Unsere früher so ertragreichen Felder sind durch Versalzung bedroht. Durch die Versickerung in den Kanälen, befindet sich der Grundwasserspiegel manchmal kaum noch eine Handbreit unter dem Boden.
Aber noch viel schlimmer ergeht es meinem Bruder Said, der direkt am Ufer des Nassersees lebt. Wenn er mich besucht, erzählt er vom Massensterben der Fische im See. Das Wasser ist veralgt und giftig: Saids Frau ist schon an Malaria gestorben. Und wenn ich darüber nachdenke, sehne ich mich nach der Zeit vor dem Staudamm, als wir zwar arm waren, aber trotzdem glücklich und zufrieden leben konnten.\"
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