5.1 Die Teilung Berlins
Die Aufteilung Berlins in vier Sektoren gab der S-Bahn einen besonderen Status, zum Beispiel sind 1945 die Betriebsrechte von den Westmächten der Deutschen Reichsbahn überlassen worden, die dem Verkehrsministerium der Deutschen Demokratischen Republik unterstand.
Der Betrieb der Berliner S-Bahn wurde der Ostberliner Reichsbahndirektion überantwortet inklusive den Westsektoren, aber die Untergrundbahn (U-Bahn) kam unter Regie der Westberliner Verkehrsgesellschaft BVG. 1952 wurden plötzlich die Straßenbahnen und Omnibusse nicht mehr über die Grenze nach Ostberlin gelassen, aber U- und S-Bahn fuhren weiter hin zwischen den beiden Ost- und Westsektoren.
Eine Besonderheit des Berliner S-Bahn-Verkehrs der 50er Jahre waren die sogenannten "Durchläufer\", Züge, die nur im Berufsverkehr zwischen Ostberliner und in der DDR gelegenen Bahnhöfen verkehrten, und die die Westberliner S-Bahnhöfe ohne Halt passierten. Die "Durchläufer\" waren an den Richtungsschildern an der Zugspitze, die mit einem Diagonalstrich von links unten nach rechts oben versehen waren, zu erkennen.
Aber in den 50er Jahren wurde die Situation immer gespannter : die Berliner-S-Bahn wurde exterritorial in Westberlin. Dies überwachte eine sogenannte ostdeutsche Bahnpolizei. Noch dazu unternahm die oststädtische Stadtverwaltung Symbole ihres Staates auf Stadtbahnhöfen auszuhängen. Die Berliner S-Bahn fuhr sogar nur mit Ostberliner Strom und es war um die Hälfte billiger mit der S-Bahn in Westberlin zu fahren als mit der dortigen Verkehrsgesellchaft.
Ende 1957 hatte das elektrifizierte Streckennetz eine Ausdehnung von 344,7 Kilometern. Für den Betrieb standen 733 Viertelzüge zur Verfügung , dabei handelte es sich ausschließlich um unbeschädigt gebliebene Fahrzeuge und wiederhergestellte, im Krieg beschädigte Trieb-, Steur- und Beiwagen.
5.2 Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961
Die politischen Ereignisse führten im August 1961 auch zu einer Trennung des S-Bahn Netzes. Im Westteil der Stadt entstand ein vom restlichen Netz vollkommen isolierter Inselbetrieb, sämtliche über die Grenzen der Westsektoren führenden Strecken wurden bis auf eine Überführungsmöglichkeit für S-Bahn-Fahrzeuge am Bahnhof Friedrichstraße unterbrochen. Noch wurde der elektrische Betrieb bis auf zwei Ausnahmen (Velten - Hennigsdorf und Oranienburg - Hohen Neuendorf) auf allen an West-Berlin anstoßenden Vorortstrecken eingestellt und die über die Grenzen führenden Gleise zum Teil abgebaut.
In den ersten Tagen nach der Absperrung begannen die Fahrgastzahlen zu sinken, aber die einzige Strecke nach Ostberlin war ungewöhnlich voll, solange die Bürger Westberlins die andere Stadt noch betreten durften.
Der Bahnhof Friedrichstraße wurde zum östlichen Endpunkt des westlichen Teiles und westlicher Endpunkt des östlichen Abschnittes der Stadtbahn ; die S-Bahn-Gleise endeten an verschiedenen Bahnsteigen und hatten keine Berührung miteinander, sie waren auch mit Sichtblenden getrennt. Das war auch der Bahnhof, wo die Fahrgäste der Nord-Südstrecke umsteigen mußten um wieder nach Westberlin zu kommen.
Auf der Nord-Süd-S-Bahn wurden die Bahnhöfe Potsdamer Platz, Unter den Linden, Oranienburger Straße, Nordbahnhof (Stettiner Bahnhof) und der Bahnhof Bornholmer Straße geschlossen, die Züge fuhren ohne Halt durch.
5.3 Boykott der Berliner Stadtbahn
Am 17. August rief der westdeutsche Gewerkschaftsbund in Berlin (DGB) auf zum Boykott der Stadtbahn und nahm dabei Bezug auf die Mauer. Und sofort wurde der Fahrpreis für Westberliner von der Ostberliner Reichsbahndirektion in Westgeld erhoben, wenn sie im Osten einstiegen.
Am 19. August boykottierten schon 100.000 Fahrgäste der 500.000 die S-Bahn, weil sie einfach empört waren der kommunistischen Regierung mit Westgeld zu helfen.
Es wurden auch Leute am Bahnhof Zoo angegriffen und als "Kommunistenschweine\" beschimpft, wenn sie zum Fahrkartenschalter traten. Das Motto war einfach : "Keinen Pfennig für Ulbricht !\", "Die S-Bahn unter Westkontrolle !\", "Jeder Westberliner S-Bahn-Fahrer bezahlt den Stacheldraht am Brandenburger Tor !\".
Der DGB erklärte am 20. August, er wollte nicht zu Gewalt gegen Einzelgänger geraten haben. Am 21. standen Plakatträger vor 46 Stadtbahnhöfen. Am 24. August
betraten nur noch 100.000 Fahrgäste die Stadtbahn. Die SPD rief am 17. Oktober 1961 zur Fortsetzung des Boykotts.. Trotz der Erpressungen blieb die Zahl von etwa 100.000 Fahrgästen am Tag bis 1963 beständig.
Die Einnahmen der Berliner-S-Bahn in Westberlin nahmen kräftig zurück, von 2 Millionen Westmark auf 600.000 Westmark nach der Sperrung. "Eine Rolle Stacheldraht zu zwölf Metern kostet, bei Abnahme größerer Posten, 4 Mark\".
Wegen des Boykotts kamen Rund 400.000 Fahrgäste zur BVG und die mußte sogar private Omnibusse mieten. Es wurden sogar vorher unrentable Buslinien, die parallel zu S-Bahn Strecken waren, eingesetzt.
Aber die Berliner Stadtbahn gehörte nicht mal dem ostdeutschen Staat, sondern sie war ein Bestandteil der Reichsbahn, wie in Hamburg. Das gesamte Vermögen der Reichsbahn wurde nach der deutschen Kapitulation von den alliierten Siegermächten beschlagnahmt. Das Betriebsvermögen der Stadtbahn wurde der Reichsdirektion in Ostberlin übergeben, da sie mit dem Betrieb und Verkehr der Stadtbahn beauftragt war. Das Eigentum der Stadtbahn hatten die Stadtkommandanten Westberlins. Dann gab es also keinen Grund einen Boykott zur machen.
Die Berliner-S-Bahn wurde immer mehr von den Westberlinern verlassen und schließlich wurde der westliche Teil des Netzes von der DDR verlassen. Der Zustand der Anlagen wurde von Jahr zu Jahr schlimmer. Die Bahnhöfe wurden Ruinen, die Gleise lagen nicht mehr richtig und Pflanzen fingen an zwischen den Schienen zu wachsen...
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