Die EU hat für die Aufnahme der Kandidatenstaaten ein kompliziertes Verfaren aufgestellt, das aus einer Mischung Dialog, Überprüfung und Unterstützung besteht. Zunächst wurde der gemeinsame Besitzstand der EU (Acquis Communautaire) analysiert und hieraus ein Katalog mit 31 Bereichen (sogenannten ,,Kapitel\'\') gebildet. In all diesen Bereichen müssen die Beitrittskandiaten theoretisch am Tag des Beitritts den EU-Standard aufweisen:
1. Freier Güterverkehr
2. Freizügigkeit
3. Freier Dienstleistungsverkehr
4. Freier Kapitalverkehr
5. Unternehmensrecht
6. Kartellrecht
7. Landwirtschaft
8. Fischerei
9. Verkehrspolitik
10. Steuern
11. Wirtschafts- und Währungsunion
12. Statistik
13. Sozialpolitik und Beschäftigung
14. Energie
15. Industriepolitik
16. Kleine und mittlere Unternehmen
17. Wissenschaft und Forschung
18. Aus- und Weiterbildung
19. Telekommunikation und Informationstechnologien
20. Kultur und audiovisuelle Medien
21. Regional- und Strukturpolitik
22. Umwelt
23. Verbraucherpolitik und Gesundheitsschutz
24. Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres
25. Zollunion
26. Außenbeziehungen
27. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
28. Finanzkontrolle
29. Finanz- und Haushaltsregelungen
30. Institutionen
31. Sonstiges
2.2 Fortschrittsbericht
Nachdem die Türkei als Beitrittskandidat anerkannt wurde, wird sie von der EU wie jeder andere Beitrittskandidat behandelt: Sie muss sich an den gleichen Kriterien messen lassen, und es wird für sie eine Heranführungsstrategie vorgesehen. Beitrittsverhandlungen mit der Türkei werden erst aufgenommen, wenn sie die politischen Kriterien des Europäischen Rats von Kopenhagen erfüllt.
Die Europäische Kommission prüft und bewertet - wie bei allen anderen Kandidatenländern - in jährlichen Berichten die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt. In ihrem Fortschrittsbericht 2000 hatte die Kommission eine Reihe von positiven Schritten der Türkei benannt und insbesondere den Beginn einer breiten Diskussion über die notwendigen Reformen in der Türkei hervorgehoben. Jedoch hat sie auch auf die weiter nicht befriedigende Situation vor allem im Bereich von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten hingewiesen und festgestellt, dass die Türkei die für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen erforderlichen politischen Kriterien von Kopenhagen noch nicht erfüllt. Der nächste Fortschrittsbericht wird im November 2001 vorgelegt werden.
Die türkische Regierung hat am 19.03.2001 ihr Nationales Programm zur Umsetzung der Beitrittspartnerschaft verabschiedet. Mit diesem umfangreichen Dokument gibt sich die Türkei einen Katalog von Einzelmassnahmen vor, die zur Übernahme der europäischen Rechtsvorschriften (acquis communautaire) notwendig sind. Die Beitrittspartnerschaft war am 08.03.2001 förmlich vom Ministerrat der Europäischen Union angenommen worden. Sie bestimmt Ziele und Prioritäten für die Erfüllung der Beitrittskriterien, die die Türkei kurz- und mittelfristig im Rahmen der Heranführung an die Europäische Union verwirklichen muss.
Zur Unterstützung des Heranführungsprozesses und der notwendigen Reformmassnahmen erhält die Türkei seit dem Jahr 2000 Vorbeitrittshilfen der Europäischen Union. Für den Dreijahreszeitraum 2000-2002 werden jährlich 177 Mio. € allein an Zuschüssen u.a. zur Vertiefung der Zollunion mit der EU sowie zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Türkei zur Verfügung gestellt. Ferner kann die Türkei auf Darlehen aus Mitteln der Europäischen Investitionsbank zugreifen.
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