Neben diversen Erfindungen, z. B. einem Zirkel, mit dem man Parabeln zeichnen kann, galt Leonardos besonderes Interesse drei geometrischen Problemen, die die Gelehrten seit der Antike beschäftigten und immer wieder zu lösen versucht hatten: die Quadratur des Kreises, die Verdopplung des Würfels und die Dreiteilung eines beliebigen Winkels. Als nicht berechtigt erwies sich, Archimedes übertroffen zu haben, was die Quadratur des Kreises anbelangt. Die Lösung, die ihm 1504 einfiel, erwies sich als völlig falsch. Leonardo vertiefte sich auch in das Studium der mondsichelförmigen Sterne, einer aus drei Kreissegmenten bestehenden Figur, die oft zu komplexen und harmonischen Zeichnungen führt. Leonardo grübelte auch über das Problem eines runden Billardtisches nach, welches Alhazan bereits um das Jahr 1000 nach Christus aufgeworfen hatte und gelangte zu einer annähernd gleichen Lösung wie sein Vorgänger, indem er ein mehrschenkliges zirkelähnliches Instrument entwarf. (Wie sich später herausstellen sollte, kann das Problem nur mit Hilfe von Gleichungen vierten Grades gelöst werden.) Leonardos Beschäftigung mit mathematischen Problemen ist zum Teil nichts als reine Gedankenspielerei, eine geometrische Akrobatik. Andere Überlegungen und Studien, wie zum Beispiel die Umwandlung fester Körper "ohne Hinzufügung oder Verlust an Materie" oder der Versuch, den Schwerpunkt eines Festkörpers zu bestimmen, besitzen tatsächlich einen wissenschaftlichen Anspruch. Sein Nachweis für die Bestimmung des Schwerpunkts eines kubusförmigen Silberklumpens wurde für die Präzision der gefundenen Lösung viel gelobt.
Wie auch viele andere Physiker des Mittelalter, so untersuchte auch Leonardo jene Kräfte, die die Körper in Bewegung setzten und zwar galt sein Interesse vor allem den Antriebskräften, die beim Abschuß von Geschossen wirksam werden. Gelehrte der Pariser Universität vertraten im 14. Jahrhundert die Ansicht, die Antriebskraft, die ein fliegendes Wurfgeschoß in Bewegung hält, ist durch den "Impetus" (Lexikon: der Impetus: Antrieb, rascher Entschluß) hervorgerufen, eine Kraft innerhalb des sich bewegenden Körpers, die durch den Abschußmechanismus der ihn in Bewegung setzte, verursacht sei. Albertus Magnus führte diesen Gedanken fort und entwickelte eine zusammenhängende Theorie des "Impetus". Ein in die Höhe geworfener Stein erhält einen "Impetus", der ihn sich aufwärts bewegen läßt; andererseits wirkt hier auch die natürliche Schwerkraft, die ihn nach unten zieht. In diesem Fall ist der "Impetus" eine Eigenschaft, die auf einen sich in Bewegung befindlichen Körper gewaltsam übertragen wurde, d. h. entgegen seiner natürlichen Beschaffenheit und folglich wird sich der "Impetus" stetig abschwächen, bis er völlig verschwindet. Solange der "Impetus" größer ist als die Schwerkraft und der umgebende Luftwiderstand, fliegt der Stein aufwärts; sobald diese aber stärker sind als der dem Körper verleihende "Impetus", fällt der Stein zu Boden. Der "Impetus" ist gewaltsam, wenn er einem Körper eine Bewegungsrichtung verleiht, die nicht seiner natürlichen, vom Wesen her gegebenen Bewegung entspricht. Ein schwerer Körper wird während des Falls wegen der Anhäufung von "impetus acquisiti" eine größere Beschleunigung entwickeln: "Nehmen wir an, daß eine sehr große und schwere Schleifscheibe, wie sie zum Beispiel Schmiede benutzen, so lange gedreht wurde, bis sie sich sehr schnell bewegt. Wenn jemand nun aufhört, sie zu drehen, wird sie sich noch geraume Weile, weiterbewegen. Dies ist nur durch den "impetus acquisiti" zu erklären, der von außen her, durch die Person, die die Schleifscheibe dreht, auf ihn übertragen wurde." Bleibt sie schließlich stehen, so geschieht dies "wegen der materiellen Beschaffenheit (Form) der Schleifscheibe, die eine dem "Impetus" entgegengesetzte Tendenz aufweist." Wenn wir uns nun eine solche Schleifscheibe vorstellen, die keiner verlangsamenden Bewegung, keiner Änderung und auch keinem Widerstand unterworfen wäre, so würde dieser "Impetus" ihr eine immerwährende Bewegung übertragen. Wäre dies der Fall, so wäre es sinnlos, sich ein intellektuelles Wesen auszudenken, das die Himmelskörper auf ihrer Bahn in Bewegung hält: "Als Gott die Himmelskörper schuf, so verlieh er einem jeden von ihnen eine Bewegung, die er für angemessen hielt; sie bewegen sich auch heute noch dank des ihnen ursprünglich übertragenen "Impetus". Dieser "Impetus" ist weder einer Verfälschung noch einer Verringerung unterworfen, denn der sich bewegende Körper besitzt keine ihm widerstrebende, seinem Wesen entgegengesetzte Bewegung, so daß es nichts gibt, was eine solche Verfälschung herbeiführen könnte."
Aus dieser "Impetus- Theorie" leitete Leonardo auch eine Methode der Energiehaltung ab: " Wenn ein Rad, das eine sehr hohe Drehgeschwindigkeit erreicht hat, auch nach dem Aussetzen seiner Antriebskraft noch so viele und schnelle Umdrehungen ausführen wird, wenn die Antriebskraft das Rad sich mit unverminderter Geschwindigkeit drehen läßt, so scheint es, daß nur eine geringe Kraft vonnöten ist, um diese Weiterdrehung beizubehalten.
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