Die Erzählung "Eine blaßblaue Frauenschrift" von Franz Werfel ist eine zweischneidige Liebes- und Ehegeschichte und spielt an einem Tag im Oktober 1936 in Wien.
Leonidas stammt aus einfachen Verhältnissen und ist jetzt ein Mann der oberen Wiener Gesellschaft. Er arbeitet als Sektionschef im Ministerium für Unterricht und Kultur und ist verheiratet mit Amelie Paradiuis, der reichsten Erbin von Wien. Leonidas hatte einen jüdischen Freund, der sich das Leben nahm und ihm somit seinen Frack vererbte. Dieser stellte den Passierschein in die gute Gesellschaft dar. Durch seine Tanzkünste, die er jetzt zur Schau stellen konnte, beeindruckte Leonidas seine zukünftige Frau.
Am Morgen des Jahres 1936 findet er mit der anderen Post einen Brief mit einer auffallenden "blaßblauen Frauenschrift" vor. Dieser Brief ist von seiner ehemaligen in Deutschland lebenden Geliebten, Vera, einer Jüdin. Er versteckt den Brief vor seiner Frau Amelie.15 Jahren zuvor hatte er schon einmal einen Brief von Vera bekommen, den er aber aufgrund der Eifersucht seiner Frau ungelesen zerrissen hatte.
Nach dem ersten Ehejahr wurde Amelies Großmutter in England krank und sie musste für unbestimmte Zeit zu ihr fahren. Um ihr in Wien mit seinen von ihm so erfolgreich beherrschten Bällen allen Grund zur Eifersucht zu nehmen, ließ er sich auf eine längere Geschäftsreise nach Deutschland schicken, um die dortigen Universitätsverhältnisse zu studieren. So kam er zufällig nach Heidelberg, wo er in seiner Pension Vera, die Schwester eines früheren Schülers von ihm wiedertraf. Er war schon damals in sie verliebt gewesen, sie hatte aber zu der Zeit keine Notiz von ihm genommen. Nun erlebten Vera und Leonidas in Heidelberg ihre "große Liebe". Nachdem seine Zeit um war, verschwand er betrügerisch, indem er Vera versprach, sie in wenigen Wochen zu sich zu holen, da sie nicht wusste, dass er verheiratet war.
Auf einer Bank im Park liest er den unglaublichen Brief seiner ehemaligen Geliebten Vera Worms und fühlt sich direkt erleichtert, denn er enthält eine förmliche Bitte um seine Hilfe. Ein junger Mann kann aus bekannten Gründen in Deutschland sein Gymnasialstudium nicht fortsetzen und möchte es daher in Wien beenden. Er vermutet in diesem jungen Mann seinen eigenen Sohn und möchte ihm daher helfen. Mit Amelie hat er keine Kinder und gerät so aus seinem Gleichgewicht. Er fühlt sich jetzt zum ersten Mal damit konfrontiert, dass er nun die persönliche Verantwortung für ein anderes Leben hat.
Nach einigem Zögern trifft er sich mit Vera in ihrem Hotel und verspricht ihr, sich um den jungen Mann zu kümmern. Beiläufig erfährt er, dass der junge, begabte Mann nicht ihr gemeinsamer Sohn ist, sondern der Sohn ihrer besten Freundin, die die Ermordung ihres Mannes durch die Nazis nur einige Monate überlebt hat. Vera und Leonidas hatten zwar auch zusammen einen Jungen, der aber in jungen Jahren verstarb, was in ihrem ersten Brief stand, den er nicht gelesen hatte.
Nachdem das mit Leonidas geklärt ist, will Vera allein ins Exil nach Montevideo und er kehrt in seinen Alltag zurück.
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