Der erste Sohn des protestantischen Pfarrers Theodorus van Gogh war eine Totgeburt. Als auf den Tag genau ein Jahr später, am 30. März 1853, seine Frau Cornelia van Gogh erneut ein Kind zur Welt brachte, voller Zweifel und Angst um die Lebensfähigkeit dieses Knaben, erhielt es denselben Namen wie das erste: Vincent Willem van Gogh. Schon seine Geburt war also von dem Dilemma seines zukünftigen Lebens überschattet. Vincents grundlegende Erfahrung war und blieb die des Scheiterns. Die vielversprechende Karriere als Kunsthändler, in den Niederlanden wie auch speziell in der Familie von eineer langen Tradition begleitet, endete mit einer Entlassung. Das begonnene Studium der Theologie überfordete ihn, und er brach es nach einem Jahr wieder ab. Darauf versuchte er sich als Hilfslehrer und Laienprediger. Seit dieser Zeit war er gänzlich von der finanziellen Unterstützung seines Bruders Theo abhängig. So wurde die Kunst zu Vincents einigem Ventil. Sie entwickelte er zu einem Medium, in dem er seine Erfahrungen verarbeitete, seine Kommentare abgab, sein Scheitern und seine Hoffnungen artikulierte.
Die Anfänge in Holland 1880 - 1885
Van Goghs Entschluß, Künstler zu werden, ist um 1880 entgültig. Eine der dunkelsten Perioden seines Lebens beginnt: Armut, moralische Verzweiflung, Angst und Heimatlosigkeit. Zunächst entstehen ausschlieálich Zeichnungen, Detailskizzen und viele Bilder nach Bildern von Francois Milet: Darstellungen arbeitender Bauern, Genrebilder. 1882 zieht er in das (natürlich von Theo finanzierte Atellier) nach Den Haag, wo er von Mauve unterstützt wird.
Antwerpen und Paris 1885 - 1888
1885, nach dem Tod seines Vaters geht er nach Antwerpen, was eine totale Veränderung der Themenwelt seiner Malerei mit sich bringt: im flämischen Hafen entdeckte er das heitere Leben, in den Museen sah er die Bilder von Rubens und japanische Holzschnitte, deren helle Farbigkeit ihn entzückt.
Für drei Monate besucht Cormons Atellier, wo er Emile Bernard und Henri de Toulouse-Lautrec kennenlernt. Über seinen Bruder, der Kunsthändler geworden ist, macht er auch die Bekanntschaft Camille Pissaros, den schon 60jährigen großen Impressionisten, und Paul Gaugins, damals noch genau so unbekannt wie Van Gogh selbst. Seien Bilder stehen jetzt unter starkem Einfluß der Impressionisten Monet und Renoir. In 20 Monaten malt er über 200 Bilder. Mit der Zeit verliert der Impressionismus seinen Reiz für Vincent, was von der Pariser Zeit übrigbleibt, sind Einflüsse: die Helligkeit des Impressionismus, die dekorative Flächigkeit des Japonismus, die Auflösung von Flächen zu grafischen Strukturen des Pointillismus.
Arles 1888 - 1889
In der Provence fühlt van Gogh sich glücklich und findet genügend Motive zum Malen: \"Der blühende Pfirsichbaum\", \"12 Sonnenblumen in einer Vase\", \"Die Brücke von Langlois bei Arles\", aber auch sein eigenes Zimmer. Er findet zu seiner persönlichen für ihn so typischen Handschrift: kraftvoll, scharf und genau erfaát sein Strich die Struktur der Objekte. Seine materielle Existenz wird immer schwieriger: niemand will von ihm Bilder kaufen. Er hungert, wird von Halluzinationen und Todesahnungen geplagt. Als ob er sein nahes Ende schon vorraussehen würde, malt er wie besessen, manchmal auch nachts im Freien bei Kunstlicht, eine ihm ureigene Erfindung. Im Oktober 1888 zieht Gaugin auch nach Arles; doch da trotz einiger Gemeinsamkeiten ihre beiden Charaktere sehr verschieden sind, kommt es oft zu Streit. Am Weihnachtstag schneidet er sich das rechte Ohr ab, Gaugin flieht. Nach van Goghs Entlassung aus dem Spital entsteht \"Homme l\'oreille coupé\", das berühmte Selbstportait.
Saint-Rémy und Arles 1889 - 1890
Weil Van Gogh wieder von Zwangsvorstellungen gequält wird, liefert man ihn im Mai in die Anstalt von Saint-Rémy ein, wo er ein eigenes Atellier erhält: 35 Gemälde und über hundert Zeichnungen entstehen, darunter \"Le Champ de blau cypresses\": Landschaften, die zu delirieren scheinen, kreisende Sonnen, lodernde Zypressen und aufbrandende Gebirge. Theo bittet einen befreundeten Arzt, ihn zur Beobachtung zu sich nach Auvers zu nehmen. Vincent beginnt wieder zu malen \"Die Kirche von Auvres\", \"Schwertlilien\", \"Die Sternennacht\", \"Zypressenweg unter dem Sternenhimmel\" und sein letztes Selbstbildnis entstehen. Bald aber sollte er entgültig das Opfer seines hoffnungslosen Leidens werden, er gibt den Kampf gegen den Feind in seinem Inneren auf: er schieát sich auf dem Feld, wo er wenige Tage vorher das \"Kornfeld mit Krähen\" gemalt hat, mit einem Revolver in die Brust, verfehlt aber sein Herz. Zwei Tage später stirbt er in den Armen seines Bruders Theo.
|