Auf dem Weg zur ersten Untersuchung erinnert K. sich an einen Ausspruch eines Wärters: \"Unsere Behörde (...) sucht doch nicht etwa die Schuld in der Bevölkerung, sondern wird, wie es im Gesetz heißt, von der Schuld angezogen und muß uns Wächter ausschicken\" und schlußfolgert daraus, \"daß das Untersuchungszimmer an der Treppe liegen mußte, die K. zufällig wählte.\"
Gegenüber dem Untersuchungsrichter wird die Konsequenz dieses Gedankens noch deutlicher: \"Es ist ja nur ein Verfahren, wenn ich es als solches anerkenne.\" Das Gericht kann von sich aus nicht in Tätigkeit treten und verfügt über keine Machtmittel, die mit denen der staatl. Gerichtsbarkeit vergleichbar wären. Sobald es aber \"von der Schuld angezogen\" wird, also von einem Schuldbewußtsein anerkannt wird, ist es allmächtig.
Nicht ein boshafter Dritter, sondern K. muß es demnach gewesen sein, der sich selbst einem Verdacht unterstellt hat, dem das Gericht nachgehen muß. Es sind also nicht die kleinen Bosheiten im Umgang mit verschiedenen Personen oder seine provozierenden Unsittlichkeiten sind also Grund für K.s Exekution, sondern die auf ihn selbst zurückgehende Anschuldigung grundsätzlicher Schuld, sein Leben als Verfehlung des Sinns zu begreifen.
Josef K. läßt sich in sein von ihm selbst inszeniertes Verfahren so weit ein, daß es ihm immer mehr unmöglich wird, seinen Alltag zu leben. Die Antwort auf die Frage, warum K. das Verfahren, das er für das \"Sinnloseste\" hält, \"das es gibt\", nicht einfach ver"äßt: er ist der Regisseur.
K. sehnt sich die Vollstreckung des Urteils so sehr herbei, daß er sogar eine mögliche Störung in Gestalt eines Polizisten meidet. Eine letzte Regung des Lebenswillens hindert ihn daran, sich selbst zu exekutieren: \"K. wußte jetzt genau, daß es seine Pflicht gewesen wäre, das Messer (..) selbst zu fassen und sich einzubohren.\" Die Verantwortung für diesen letzten Fehler schreibt er demjenigen zu, \"der ihm den Rest der dazu nötigen Kraft versagt hat.\" Sein letzter Gedanke gilt dem schlechten Gewissen, diese Arbeit den Behörden nicht abgenommen zu haben. Mit dieser Opferung sieht er sich vor der Welt entschuldigt.
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