2.1 Zum Buch
Unterm Rad gehört der Gattung Epik an, es ist in 7 Kapitel unterteilt und in der auktorialen Erzählerhaltung (3.Person, allwissend) geschrieben.
Hermann Hesses Erzählung entsteht in der Zeit zwischen Oktober 1903 und Juni 1904 in Calw.
Unterm Rad ist sehr autobiographisch orientiert, das heißt, dass Hermann Hesse auf die Probleme in seiner eigenen Schulzeit anspielt und so seine Jugend als Grundlage und Motiv für sein Buch dient. Die Zusammenhänge gehen sowohl aus der Handlung der Erzählung, die nur geringfügige Unterschiede zu dem Leben Hesses aufweist, hervor, als auch aus der Übereinstimmung der Schauplätze.
Hermann Hesse identifiziert sich mit Hermann Heilner, dessen Charakter sich mit dem von Hans ergänzt, seine Geschichte jedoch basiert auf Hans Giebenraths Leben im Maulbronner Klosterseminar und der tragischen Entwicklung, die zu Hans\' Tod führt.
2.2 Inhaltsangabe
Hans Giebenrath gilt als ein äußerst begabtes Kind und wird so als einziger Schüler der Stadt zum "Landexamen" geschickt. Nach besonders gründlicher Vorbereitung und unter dem großem Druck seines Vaters und seiner Lehrer besteht er die Prüfung als Zweitbester. Seine Ferien werden bald durch Übungsstunden ersetzt und der Ehrgeiz von Hans wird immer größer. Bald verbringt er seine ganze Freizeit nur mit Lernen und wird anschließend von seinem Vater nach Maulbronn in ein Kloster gebracht. Hans wohnt hier gemeinsam mit ein paar anderen Schülern in der Stube "Hellas". Es bilden sich Freundschaften und Antipathien. Nur Hans bleibt lange alleine, lernt jedoch dann Hermann Heilner kennen. Dieser gibt Hans zu verstehen, dass er das Kloster als Gefängnis und wirklichkeitsfremd betrachtet. Diese Freundschaft zwischen dem Leichtsinnigen und Gewissenhaften erschöpft Hans sehr. Bald kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung und Heilner wird handgreiflich. Dieser Wutausbruch wird von den Lehrern mit 8 Stunden Karzer bestraft. Nach diesem Vorfall wird Heilner von seinen Mitbewohnern und auch von Hans als Außenseiter behandelt. Erst durch den Tod eines Zimmerkameraden kommen sie sich wieder näher und schließen erneut Freundschaft. Hans erkennt die Sinnlosigkeit dieses Schulsystems und seine Leistungen sinken. Seine Lehrer sehen die Ursache des Abfalls der Leistungen jedoch in Hans Umgang mit Heilner und verbieten ihm daher diesen. Mit dem Absinken seines Erfolgs verliert Hans auch den Respekt der Kameraden. Die Lehrer beschließen, Hans wieder nach Hause zu schicken. Zuhause versucht er sich durch Erinnerungen wieder selbst zu finden. Er scheitert und muss erkennen, dass die Zeit seiner Jugend vorbei ist. Er beginnt eine Mechanikerlehre, um auf neue Gedanken zu kommen, dabei lernt er Konrad kennen, der ihn auf eine Feier einlädt. Die anderen Gäste verstehen es, Feste mit Alkohol zu feiern, und Hans versucht sich ein letztes Mal krampfhaft anzupassen. Am nächsten Tag wird Hans tot in einem Bach aufgefunden. Viele Leute kommen zu seinem Begräbnis, um den intelligenten Jungen zu betrauern. Lediglich der Schuhmeister Flaig, einer seiner Kindheitsfreunde, erkennt die Lehrer als wahren Grund für Hans Tod.
2.3 Problematik
Für Hermann Hesse ist der Mensch, wie ihn die Natur erschafft, etwas Unberechenbares, ein Urwald ohne Weg und Ordnung.
Hermann Heilner hat intuitiv erkannt, daß Maulbronn auf ihn wie ein Gefängnis wirkt, in dem es nur geringen Freiraum und keine Möglichkeit sich zu entfalten gibt. Er läßt seine angestauten Aggressionen an seinem Mitschüler Lucius aus, indem er ihn einen Fußtritt verpaßt. Er flüchtet aus dem Klosterseminar Maulbronn und wird deswegen letztendlich von der Schule verwiesen, wo man offensichtlich mit seinem \"Freigeist\" nicht viel anfangen kann: \"Ein Schulmeister hat lieber einen Esel als ein Genie in seiner Klasse ...\".
Hans Giebenrath dagegen ist introvertiert und richtet seine Aggressionen gegen sich selbst ( Selbstmord? ). Er ist scheinbar angepaßt, da er im Sinne der Gesellschaft funktioniert und es nicht wagt, sich zur Wehr zu setzen, als er in den wohlverdienten Ferien gezwungen wird, sich auf Maulbronn vorzubereiten. Jedoch lernt er nicht für sich, sondern um seinen Vater zufriedenzustellen. Damit entfremdet er sich selbst. Was bleibt ihm? Der Druck, der seinen Lebensfunken auslöscht.
Auch heutzutage wird Druck auf Kinder ausgeübt - sowohl von Lehrern, als auch von Eltern. Väter und Mütter projizieren oft eigene Wünsche und Vorstellungen auf das Kind, was schnell zur Überforderung führen kann. Psychosomatische Beschwerden können die Folge des ständigen Leistungsdruckes sein - bei Hans Giebenrath machen sich zum Beispiel im Laufe der Handlung immer wieder Kopfschmerzen bemerkbar.
Bereits in dieser frühen Erzählung Hermann Hesses wird also das Hauptmotiv seines Werkes deutlich: der Kampf des Einzelnen um die Entfaltung seiner Individualität gegenüber einer gleichmachenden Masse. Viele kommen bei diesem Kampf \"unters Rad\".
"So ist's gut, so ist's recht, mein Lieber. Nur nicht matt werden, sonst kommt man unters Rad."(1)
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