Was nun? Kästner wußte nur das eine, er wollte nicht mehr Lehrer werden. Dem Zwang erliegt nur, wer sich zwingen läßt. Das hatte er dazugelernt. Er wollte studieren, aber die Mutter war schon fünfzig Jahre alt und konnte ihn finanziell auch nicht mehr so unterstützen.
Und so bekam er vom Kultusministerium, in der Hoffnung, daß Kästner später ein höheres Lehramt bekleiden werde, ein Stipendium. Er belegte die Fächer Germanistik, Geschichte, Philosophie und Theatergeschichte. Auf der Universität lernt er neue Freunde kennen und unter anderem den außergewöhnlich gescheiten Ralph Zucker, welcher später infolge eines dummen Kommilitonen-Witzes Selbstmord beging. Die Sache war so: nach der letzten Prüfung teilte ein Student Zucker mit, er sei in einem Fach durchgefallen, worauf Zucker in seine Studentenbude ging und sich erschoß. Kästner setzte diesem Studenten ein Denkmal mit einem Roman und der Titel dieses Buches lautete "Fabian".
Seit 1919, noch als Schüler des König-Georg-Gymnasiums, begann Kästner zu schreiben. Er wurde Mitarbeiter der Schülerzeitung und druckte in der Theaterzeitschrift "Der Zwinger" Gedichte. Das Theater war eigentlich immer schon die große Liebe Kästners.
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Wollte er Schauspieler werden? Nein. Drammatiker? Vielleicht. Regisseur? Ja. Aus diesem Grund wählte er auch das Fach Germanistik und Theatergeschichte aus. Das Abitur bestand er mit Glanz und bekam dafür das Goldene Stipendium der Stadt Dresden.
Im Jahre 1920 erschienen in einem Heft "Dichtungen Leipziger Studenten" drei Arbeiten von Erich Kästner und wurden von der lokalen Presse besonders hervorgehoben.
Der Traum, Regisseur zu werden, war damit freilich noch nicht zu Ende geträumt. Das fünfte Semester verbrachte Kästner in Berlin, es gab zu dieser Zeit Kohlennot, Streiks und Inflation. Trotzdem ließ sich Kästner nicht unterkriegen und er arbeitete an seiner Doktorarbeit über "Lessings Hamburgische Dramaturgie".
Die Geldnot zwang ihn jedoch früher als gewollt arbeiten zu gehen und er nahm eine Stellung als Famulus bei Geheimrat Köster, welcher an der Universität "Metho-disches Arbeiten" unterrichtete, an. Diese Doktorarbeit jedoch schrieb er nie.
Als die Zeiten immer härter wurden, bot man vielen Werkstudenten an, bei Familien in Leipzig mitzuessen. Und so kam Kästner zu einem Stadtbaumeister.
Dieser bot ihm sofort eine Stelle als Buchhalter an. Damit ein wenig Geld zur Verfügung stand, verfaßte Kästner auch noch Theaterkritiken über Erstaufführungen für das Zeitungswissenschaftliche Institut. Trotz aller Arbeit schrieb er auch für sich, nämlich eine satirische Glosse über die Geldentwertung. "Max und sein Frack" hieß dieses Stück, er schickte es zum Spaß an das Leipziger Tageblatt und es erschien zwei Tage später als Lokalspitze. Der Verlagsdirektor engagierte ihn vom Fleck weg als Redakteur.
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